Danger - Das Gebot der Rache
einer Heiligen zu tun hat, liegt deren Gedenktag vermutlich im Sommer. Im August. Vielleicht im Juli.«
» Philomena «, sagte James, als die Buchstaben für ihn langsam einen Sinn ergaben. Er nahm sich wieder das Buch vor, aber schon bevor er die entsprechende Seite aufgeschlagen hatte, wusste er, was er finden würde. » LUMENA , PAXTE , CUMFI . Es ist Latein, aber die Reihenfolge ist durcheinander. Angeblich fand man diese Wörter als rote Inschrift auf drei Ziegelplatten beim Grab der heiligen Philomena. Richtig nebeneinandergelegt, ergibt sich daraus: PAX TECUM FILUMENA , ›Friede sei mit dir, Philomena‹.«
»Was ist mit den Symbolen?«, fragte Bentz.
»Sie sind ebenfalls auf den Ziegelplatten beim Grab abgebildet.« James blickte in den Text. »Ich glaube, sie wurden als Palmzweig, Pfeile, Anker, Lilien und eine Geißel gedeutet, aber ihre Interpretation ist nach wie vor offen. Das Grab dieser jungen Römerin wurde 1802 entdeckt. Sieh mal hier« – er deutete auf die groben Zeichnungen –, »die Lilie bedeutet, dass sie eine Jungfrau war. Der Palmzweig steht symbolisch für ihr Märtyrertum, und die Pfeile beschreiben die Qualen, die sie durchlitten hat.« Er deutete auf die nächste Abbildung. »Diese schnörkeligen Linien stellen vermutlich Feuer dar, aber das ist natürlich Spekulation. Im Grab neben ihrem Kopf fand man ein gläsernes Salbengefäß, dessen Inhalt man für getrocknete Blutreste hielt, vermutlich ihr eigenes Blut.«
»Ihr eigenes Blut? Warum?«
James zuckte die Schultern. »Das ist das Geheimnis der Philomena. Es ist nur sehr wenig über sie bekannt. Obwohl sie eine getreue Gefolgschaft hat, stellte die Kirche ihre Verehrung in Frage und strich 1961 sogar ihren Gedenktag. Trotzdem hat sie einigen ihrer Anhänger ihre Gnade erwiesen, die ihren Namen mit allen möglichen Bedürfnissen anriefen.«
»Sie bewirkt Wunder?«, fragte Bentz mit offenkundiger Skepsis.
»Ja.« James reichte ihm die entsprechende Seite. »Sie war als Heilige allein durch ihre wirksamen Fürbitten bekannt.«
»Du meinst, sie gibt den Bitten der Gläubigen statt?«
»Genau.«
»Hat sie auch dir schon mal einen Wunsch erfüllt?« Bentz stand auf, faltete das abgegriffene Blatt mit den Symbolen zusammen und steckte es in seine Tasche.
»Ich habe sie bisher noch nicht darum gebeten. Kann ich sonst noch etwas für dich tun?«
»Ja«, sagte Bentz, der schon auf dem Weg zur Tür war, ironisch. »Beten.«
»Das tue ich immer.«
James’ Bemerkung ließ Bentz kalt. Er blickte über die Schulter und warf seinem Halbbruder einen unwirschen Blick zu. »Es geht mir gut, James. Ich brauche deine Gebete nicht, es sei denn in diesem speziellen Fall.«
»Alte Gewohnheiten legt man nur schwer ab.« James kam um den Schreibtisch herum. »Lass mich wissen, wenn ich dir helfen kann.«
»Klar.« Bentz legte die Hand auf den Türknauf.
»Und würdest du Kristi bitte ausrichten, dass … ich ihr alles Gute wünsche?«
James bemerkte, wie sich sein Halbbruder verkrampfte. Dann drehte er sich um. »Wozu sollte das gut sein? Sie kennt die Wahrheit, hat kapiert, dass du nicht ihr Onkel bist. Lass sie erst mal damit klarkommen.« Ein gequälter Ausdruck trat in Bentz’ zornige Augen. »Es ist schwer genug für ein Kind zu erfahren, dass der Mann, der es aufgezogen hat, nicht der richtige Vater ist. Bei Kristi kommt noch dazu, dass sich der bisherige Onkel als echter Vater entpuppt, der zufällig auch noch ein Priester ist. Das ist ein ganz schöner Brocken, findest du nicht?«
»Ja, ich weiß. Ich meine …« Der alte Schmerz zerrte wieder an James’ Seele. »Ich habe oft gesagt, dass es mir leidtut. Ich habe mit Gott gesprochen. Wenn ich noch einmal neu anfangen könnte …«
»Was dann? Hättest du dann kein Verhältnis mit meiner Frau begonnen? Sie nicht geschwängert? Wäre Kristi dann nicht auf der Welt?«, sagte Bentz laut, dann hielt er plötzlich inne. »Vergiss es, James. Und beim nächsten Mal überlass mir das Beten. Was hältst du davon? Ich werde für dich beten. Ich denke, du hast es weitaus nötiger als ich.«
Damit drückte er die Tür auf und hätte beinahe Wanda umgestoßen, die sich ganz zufällig in der Nähe herumdrückte. James stieß die Luft aus, bekreuzigte sich und schickte eine weitere Bitte um Vergebung gen Himmel … so wie er es in den vergangenen achtzehn Jahren jeden einzelnen Tag gemacht hatte.
Aber sein Halbbruder hatte recht. Hätte er sich nicht von Jennifer verführen lassen,
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