Danger - Das Gebot der Rache
Schlag stand symbolisch für den tiefen Graben, der sich seither zwischen ihnen auftat. James hatte versucht, die Verbindung zu Rick aufrechtzuerhalten, die Rolle des Onkels für sein eigenes Kind zu übernehmen, aber Rick hatte dem nur zähneknirschend zugestimmt, vermutlich aus dem einzigen Grund, die schmerzvolle Wahrheit so unter Verschluss zu halten und Kristi zu schützen.
»Ja, natürlich. Du kannst darauf vertrauen, dass das Gespräch unter uns bleibt.«
Wieder verzog Bentz die Mundwinkel, aber er verkniff sich eine Bemerkung über das Vertrauen zu seinem Halbbruder. »Der Mörder hat, soweit wir wissen, drei Frauen auf dem Gewissen, vielleicht mehr. Es gibt einige Verbindungspunkte, doch der wohl wichtigste ist, dass sie meines Erachtens alle an einem Heiligengedenktag umgebracht wurden.«
»Was?« James glaubte, nicht richtig gehört zu haben.
»Es scheint so, als hätte er die Frauen absichtlich an den Gedenktagen von Heiligen getötet. Es gibt einige Hinweise, die diese Vermutung untermauern.«
»Du lieber Gott«, flüsterte James und bekreuzigte sich rasch. »Aber wenn das der Fall ist, könnte es Dutzende von Opfern geben … wenn nicht Hunderte!« Er deutete auf den Kalender, der über seinem Schreibtisch hing. »Heute zum Beispiel. Heute ist der Gedenktag der heiligen Katharina von Alexandrien, der Schutzpatronin der Jungfrauen und Philosophen, der Studenten und Theologen.«
»Verdammt.« Bentz starrte auf den Kalender, dann fragte er: »Wie ist sie ums Leben gekommen?«
»Auf grauenhafte Art und Weise, genau wie alle anderen Märtyrerinnen. Hier …« James drehte sich mit seinem Stuhl herum und blickte auf das Bücherregal. Schließlich fand er das Buch, das er suchte: einen schweren Wälzer, der sich ausschließlich mit Heiligen befasste. Bentz’ Vermutung war unerhört; wenn er recht hatte, war das Ganze ein Verbrechen nicht allein an den Opfern, sondern an der Kirche selbst. Unvorstellbar, dass jemand die Verehrung dieser heilig gesprochenen Märtyrerinnen für seine eigenen, mörderischen Zwecke missbrauchte. Pervers und böse.
James schob sich die Lesebrille auf den Nasenrücken und schlug das Buch auf, überflog die Kapitel, bis er fand, was er gesucht hatte. »Da haben wir’s.« Er schob den offenen Wälzer über den Schreibtisch zu Bentz.
Sein Halbbruder wurde blass. »Gerädert auf einem Folterinstrument mit eisernen Sägen und spitzen Nägeln.«
»Das hatten sie vor, ja.«
»Mein Gott«, flüsterte Bentz, während er die Seite überflog. »Ihre Fesseln wurden jedoch auf wundersame Weise gelöst, und die Sägen und Nägel sprangen ab und töteten die gottlosen Zuschauer.«
»Weil das also nicht funktionierte, wurde sie enthauptet.«
Bentz nickte langsam, die Augen auf den Text geheftet.
»Man sagt, ihr Blut sei weiß geflossen. Wie Milch.« James kratzte sich unter seinem Priesterkragen den Nacken. »Und das alles nur, weil sie die Sünde begangen hat, Menschen zum Christentum zu bekehren.« Er faltete die Hände und beugte sich über den Schreibtisch. »Wenn tatsächlich ein Killer umgeht, der die Martyrien der Heiligen nachstellt, wirst du sehr viel zu tun haben, fürchte ich. Er wird sich nicht damit zufriedengeben, nur Frauen umzubringen, auch Männer und Kinder werden vor ihm nicht sicher sein. Es gibt Hunderte von Heiligen, Tausende …« James erschauderte innerlich. Er bedachte seinen Halbbruder mit einem durchdringenden Blick. »Das ist unvorstellbar.«
»Es sind schon viele unvorstellbare Dinge im Namen Gottes geschehen.«
»Ich weiß.«
Bentz blätterte weiter durch das dicke Buch, und die sorgenvollen Falten in seinem Gesicht wurden immer tiefer. »Macht es dir etwas aus, wenn ich das Buch mitnehme? Ich gebe es dir bald zurück.«
»Wenn es dir hilft, gern.«
»Danke. Nun, da wäre noch eine andere Sache, bei der du mir hoffentlich weiterhelfen kannst.«
»Ich werde es versuchen.«
Bentz griff in seine Tasche und zog die Kopien der Zeichnungen heraus, die sich Olivia nach ihren Alpträumen oder »Visionen« von der Frau, die in einer Krypta oder Gruft angekettet war, gemacht hatte. »Sagt dir das etwas?«, fragte er. »Könnte es vielleicht etwas mit einer dieser Heiligen zu tun haben?« Er tippte mit zwei Fingern auf das Buch.
James rückte seine Lesebrille zurecht. Zunächst sagten ihm die Buchstaben und Symbole gar nichts. »Kannst du mir irgendeinen Anhaltspunkt geben?«, fragte er und betrachtete die Symbole.
»Ja … wenn es tatsächlich mit
Weitere Kostenlose Bücher