Daniel Briester - Friedemann, A: Daniel Briester
beweisen.
Daniel Briester hatte ihr nachgesehen. Diese Frau entwickelte sich zum Ärgernis. Das war es, das er gerade im Moment nicht benötigte. Ihre Ausdrucksweise, ihre höhnische Art erinnerte ihn an die letzten Auftritte seiner Frau.
Sein Adrenalinspiegel machte ihn überlaunig, aber nur kurzfristig, dann schien es in Leere überzugehen. Er fühlte, wie die Depression ihn überfiel, der dumpfe Schmerz der Beklemmung in sein Inneres zog. Ein schaler Geschmack trat in seinen Mund, bevor er ihm wie ausgetrocknet vorkam. Hastig griff er zu der Flasche Mineralwasser und trank wie verdurstet, schluckte eine Tablette, wusch die schweißnassen Hände, kühlte sein Gesicht mit dem Leitungswasser, wartete auf die Wirkung der Tablette.
Zögernd fühlte er nach Minuten, wie der Druck in seinem Brustkorb nachließ. Er las die restlichen Aussagen, den Bericht der Spuren- sicherung, der gekommen war. Fingerabdrücke von Mia, Volker Larsen und sechs Unbekannten. Fingerabdrücke an dem Glas, der Tatwaffe, an einer Flasche Rotwein von Volker Larsen. Nur dessen Fingerabdrücke hatten sie überall gefunden, logischerweise.
In der Wohnung von Mia Gallert nichts Besonderes. Ein wenig Geld, wenig Geld auf der Bank.
Keine verwertbare DNA an der Leiche des Mädchens.
Der nächste Bericht: In der Wohnung von dem Tatverdächtigen ebenfalls Fingerabdrücke von neun verschiedenen Personen, davon drei die ebenfalls in der Wohnung von Mia Gallert gefunden wurden.
Das bedeutet, dass zwei Personen sich sowohl bei dem Opfer, als bei dem Tatverdächtigen aufgehalten hatten, da die einen Volker Larsen zugeordnet werden konnten. Wer war das, überlegte er.
Die Abdrücke der Sohlen in der Wohnung Gallert stammte von den Schuhen von Volker Larsen. Es wurde keine blutverschmierte Kleidung bei Volker Larsen gefunden. 2 000,- DM, ein Sparbuch mit 11 600,- DM, ein Girokonto mit einem Guthaben von 2 945,- DM, ein Festgeldkonto mit 387 9700,- DM. Nicht schlecht für einen jungen Mann. Er pfiff vor sich hin, lehnte sich zurück, sah aus dem Fenster hinaus, fasste zusammen:
Volker Larsen wird angesichts Heroinbesitzes, aufgrund eines anonymen Anrufs, festgenommen. Wird entlassen, verbringt ein Wochenende mit der Freundin. Sie arbeiten Pläne für eine gemeinsame Zukunft aus. Er fährt diese morgens zur Uni, er zum Hausboot, dass er völlig durchwühlt vorgefunden hatte. Hatte Volker Larsen dort etwas gesucht? Wenn ja, was? Drogen? Eher unwahrscheinlich. Also hat das jemand anderes ver- anstaltet. Mittags gehen sie essen. Er erzählt ihr, dass von dem Hausboot. Abends telefonieren sie und sie entschuldigt sich mit Kopfschmerzen. Was, wenn sie wusste, wer das Zeug geholt hat, sich mit der betref- fenden Person treffen wollte? Diese Person kommt abends zu der Frau, klingelt oder schließt auf, sticht einmal zu, sie versucht zu flüchten, aber der Täter ist schneller, sticht wie im Rausch auf die am Boden liegende Frau ein, schneidet ihr erst circa eine Stunde später die Kehle durch. Er lässt das Messer fallen, geht, lässt die Tür offen.
Daniel griff zum Telefonhörer, sprach eine Weile. Er benötigte die Bänder von dem anonymen Anrufer.
Er sah auf die Uhr und erhob sich.
„Ich gehe essen“, teilte er kurz mit und verließ wenig später das Gebäude. Zu Fuß spazierte er zu einem italienischen Restaurant, das er in der Nähe entdeckt hatte, gedanklich war er bei Volker Larsen und dem Opfer. Er glaubte dem Mann, aber wer konnte es sonst gewesen sein? Es fehlte dazu bisher jegliches Tatmotiv.
Nachmittags hörte er sich von Peter Sinner und Benno Hoffmann an, was sie herausgefunden hatten. Aber irgendwie brachte ihn dass nicht voran. Volker Larsen schien ein netter Kerl zu sein. Alle berichteten nur Gutes. Freundlicher, ruhiger, hilfsbereiter, netter, umgänglicher Mensch, sehr sympathisch und beliebt.
Erst am späten Nachmittag erinnerte er sich an die Schwester. Er grinste vor sich hin. Inzwischen hatte sie sich bestimmt abreagiert, ihr Tempe- rament abgekühlt. Vermutlich konnte man zukünftig, nach diesem für sie gewiss einmaligen Erlebnis, besser mit ihr umgehen.
Sie wusste nicht, wie lange sie so gesessen hatte, als sie seine Stimme hörte. „Kommen Sie bitte mit, Frau Larsen.“
Er wartete an der Tür auf sie, blickte sie an, nickte der Beamtin zu. Er fasste sie am Arm an, führte sie hinaus. „Wieder besser?“
„Danke! Es tut mir Leid. Es war dumm von mir.“
„Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Ich fahre Sie nach Hause. Morgen
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