Daniel Briester - Friedemann, A: Daniel Briester
Kanälen, als auch die Hamburger Fleete befuhren. Privater Motorschiffsverkehr war auf der Binnenalster nicht zugelassen.
Das Wetter war herrlich. Eine Weile schaute er den Menschen zu. Familien schlenderten, Kinder rannten hin und her, verliebte Pärchen flanierten, ältere Menschen spazierten bedächtiger, schauten zu den Schwänen. Menschen mit Einkaufstüten hasteten vorbei. Eine wunder- schöne schwarzhaarige, junge, sehr junge Frau erregte seine Aufmerk- samkeit. Sie war eine besondere Schönheit, fand er und dazu hatte sie eine exzellente Figur mit aufregend langen schlanken Beinen. Sie lehnte sich gegen das Geländer, stellte einen Fuß auf die unterste Sprosse und schaute zu den Schwänen und er hatte Zeit sie zu betrachteten. Die geknotete Bluse gab ein Stück ihrer nackten Taille frei, die sehr schmal war. Der Busen nicht zu groß oder zu klein. Die taillenlangen Haare wehten in der Brise. Gebannt beobachtete er, wie sie diese aus dem Gesicht strich. Selbst das sah anmutig aus. Er hatte noch nie so eine aufregende Frau gesehen. Sie wirkte so feminin, aber irgendwie sinnlich. Irgendetwas in seinem Inneren meldete sich und er fühlte Wärme in sich aufsteigen, während er sie weiter betrachtete. Er wollte sich gerade erheben, um sie anzusprechen, da drehte sie sich um, lächelte. Ein Mann trat eilig auf sie zu, redete auf sie ein. Bedauernd sah er dem Paar nach, das anscheinend streitend wegspazierte.
Eine leichte Luftströmung wehte ihm Gerüche von einem Restaurant herüber und er bekam Hunger, lenkte ihn von der schönen Unbekannten ab. Langsam schlenderte er zu einem der Restaurants, bestellte Grööner Hein, ein Bier und rote Grütze aus schwarzen Johannisbeeren, mit Sahne. Eintopf hatte er lange nicht gegessen und er freute sich darauf, als wenn es ein ausgefeiltes Menü wäre. Die Hauptbestandteile waren Birnen, Bohnen und durchwachsen, geräucherter Speck. Serviert wurde auf dem Teller ein bis zwei Birnen, eine große Portion Speck und Bohnen, Kartoffeln und Kochbrühe. Er genoss das Essen richtig, ebenso wie das Bier. So entspannt hatte er seit Monaten kein Essen mehr genossen. Er fühlte sich aufgekratzt und ein wenig beflügelt. Er dachte an diese bezaubernde Schönheit und ihm fiel auf, dass es das erste Mal seit Jahren war, das er an einer Frau Interesse zeigte. Womöglich war er auf dem Weg der Genesung und sein Leben würde sich langsam norma- lisieren.
Er fuhr in sein Büro, beschäftigte sich mit den Schriftstücken, die am Freitag und heute Vormittag auf seinen Schreibtisch gelegt worden waren.
Es gab eine neue Leiche, die man aus der Elbe gefischt hatte, wo sie wohl längere Zeit lag. Oberkommissar Resser und Kommissar Hoffmann waren deshalb unterwegs, da sie Bereitschaftsdienst hatten.
Er las die Aussage von Ingrid Larsen, aber sie sagte nichts weiter aus. Sie gab der Tochter die Schuld, dass das Volker zugestoßen sei. Ansonsten wenig, sehr wenig, beteuerte aber stets, und zwar sehr vehement die Unschuld ihres Sohnes. Sie sagte nur Positives über Mia Gallert aus, dass es etwas Ernstes zwischen den beiden gewesen wäre. Auch dass sie die junge Frau sehr mochte. Sie wollte mit Mia und Volker wegziehen, um „Abstand von ihr zu bekommen.“ Wahrscheinlich meinte sie die Tochter damit, grübelte er. Volker wollte dementsprechend das Hausboot nicht mehr. Ingrid Larsen wollte sogar ihr Haus verkaufen, um Geld für den Neubeginn zu haben. En passant hatte Volker einen Rechtsanwalt beauf- tragt, der Schwester jeglichen Umgang mit Mia, der Mutter und ihm zu verbieten, notfalls gerichtlich.
Als nächstes las er nochmals die Aussage des Ex-Freundes. Nur Nettes über die Tote und man hatte sich im guten Einvernehmen getrennt. Der Mann hatte ein wasserdichtes Alibi und kein Motiv, da er neu liiert war.
Ihr Bruder, Kai Gallert, beschuldige ebenfalls Frau Larsen. Er beschrieb ausführlich die Beschimpfungen, denen seine Schwester vereinzelt ausgesetzt war, berichtete von den Attacken in den Nächten, wo die Larsen die Frau nicht schlafen ließ. Informierte von der Misshandlung und seinem Gespräch am Freitagnachmittag mit Volker. Er sagte, dass es niemals Volker war. Er hätte seine Schwester geliebt. Kai hatte ein Alibi, da er im Krankenhaus Notdienst gehabt hatte, kein Motiv.
Die Aussagen der Eheleute Gallert, die ein Kollege vor Ort aufgenom- men hatte, lautete fast gleich. Es war keinesfalls Volker Larsen.
Irgendwie trat man auf der Stelle. Es gab bergeweise Aussagen, die alle dasselbe sagten:
Weitere Kostenlose Bücher