Danielle Steel
Wochenende? «, fragte Joe während des Essens.
Kate war seit drei Jahren nicht mehr selbst geflogen, und sie war sofort angetan von seinem Vorschlag. Joe erzählte, dass a m Tag zuvor ein schönes kleines Modell geliefert worden sei. »Es wird dir gefallen, Kate«, sagte er grinsend und konnte es offenbar kaum abwarten.
»Einverstanden.«
Kate hatte ohnehin keine anderen Pläne. Sie wusste, dass die nächsten dreieinh alb Monate Joe gehören würden. Es hatte keinen Sinn, dagegen anzukämpfen. Sie würde ihren Gefühlen nachgeben müssen.
Lange blieben sie am Tisch si tzen und achteten darauf, sich nicht durch Gesten oder Blicke zu verraten. Anschließend kehrte Joe ins Büro zurück, und Kate fuhr nach Hause. Sie hatte vor, mit Reed noch einen Spaziergang im Park zu m achen. Zu Hause erwartete sie ein Brief von Andy. Er schrieb liebevoll und voller Humor. Andy vermisste sie sehr, und Kate war einen Moment lang zutiefst verstört. Sie setzte sich m it dem Brief in der H and aufs Sofa und brach in heftiges Schluchzen aus. Nie in ihrem Leben hatte sie sich so elend g efühlt. Sie wusste, dass sie s ich
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falsch verhielt, doch sie konnte einfach nichts dagegen tun. Was auch immer Andy ihr bedeutete, sie musste Joe wieder sehen. Als Joe abends kam, wa r Kate sehr schweigsam. Er hatte einen arbeitsreichen Tag hinter sich und war m üde. Sie reichte ihm einen Scotch mit Wasser und goss sich selbst ein Glas W ein ein. Reed schlief bereits.
»Andy hat mir geschrieben. Ich fühle mich schrecklich, Joe. Wenn er jemals etwas erfährt, bricht es ihm das Herz. Er wird sich bestimmt von m ir scheiden lassen«, berichtete Kate niedergeschlagen.
»Umso besser. Dann werde ich dich heiraten.« Den ganzen Tag schon hatte Joe darüber gebrütet und war beinahe fest entschlossen. Gern hätte er noch ein e W eile alles bedacht, doch anscheinend konnte er nicht länger warten.
»Das sagst du nur, weil ich mit einem anderen verheiratet bin. Wenn ich frei wäre, würdest du die Beine in die Hand nehmen«, sagte Kate und lächelte unwillkürlich.
»Stell mich doch auf die Probe!«
»Das kann ich nicht.«
»Dann lass uns einfach nicht mehr darüber sprechen und die Zeit genießen, die uns bleibt«, schlug Joe vor.
Und so geschah es.
In den nächsten Monaten trafen sich Kate und Joe mehrmals in der Woche zum Lunc h und aßen jeden Abend gemeinsam, entweder zu Hause oder in einem Restaurant. An den Wochenenden flogen sie in einem von Joes Flugzeugen, gingen ins Kino, führten anregende Gespräche und lachten miteinander. Meist übernachtete Joe bei Kate. Sie zogen sich vollkommen in ihre eigene kleine Welt zurück. Jeden Abend, wenn Joe Kates Wohnung betrat, spielte er zuerst mit Reed. Er geriet beinahe außer sich, als er den ersten Zahn des Kleinen entdeckte. Sie waren eine vollkommene kleine Familie, und Andy existierte für
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Kate gar nicht mehr. Nur seine Mutter erinnerte sie an ihn. Einmal pro Woche besuchte sie ihren Enkel, immer Dienstagnachmittags, u nd Kate achtete pe inlich genau d arauf, dass nirgendwo in der Wohnung irgendetwas auf Joes Anwesenheit hindeutete. Wenn sie gemeinsam ausgingen, w aren beide auf der Hut, dass niemand sie für ein Liebespaar hielt. Sie waren unzertrennlich in diesen Tagen.
Kate schrieb fast jeden Tag an Andy, doch ihre Briefe waren äußerst bemüht. Sie hoffte, dass Andy es nicht bemerkte. Meistens erzählte sie von Reed und nur selten von sich selbst. Es schien so das Beste zu sein. Andys Berichte über die Prozesse waren faszinierend. Außerdem schrieb er im mer wieder, wie sehr er Kate vermisse, wie sehr er sie liebe und d ass er es kaum erwarten könne, Ka te und Reed wieder zu sehen. Jeder seiner Brief e schnitt Kate ins Herz. Sie hatte k eine Ahnung, was sie tun sollte. Joe und sie hatten beschlossen, die Angelegenheit bis zum He rbst ruhen zu lassen.
Kate hatte ihren Eltern versprochen, mit ihnen im August für eine Woche nach Cape Cod zu fa hren, doch es gefiel ihr gar nicht, sich von Joe trennen zu m üssen. Sie hatten ohnehin so wenig Zeit. Die Hälfte der Zeit, die Andy in Deutschland verbringen sollte, war schon vorbei. Doch Elizabeth und Clarke würden misstrauisch werden, wenn sie den Besuch abs agte. Vielleicht kämen sie sogar nach New York und entdeckten auf diese Weise, dass Joe praktisch bei ihr wohnte. Er hatte mittlerweile seine wichtigsten Sachen bei ihr deponiert. Kate fuhr also nach Cape Cod. Joe hatte ohnehin viel zu tun, und sie versprach ihm, sich so oft
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