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Danielle Steel

Danielle Steel

Titel: Danielle Steel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Traumvogel
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erfüllte sie ra sende Wut: auf den Krieg, auf das Schicksal, auf den Mann, der Joe abgeschossen hatte, auf J oe, weil er es zugelassen hatte, und schließlich auf sich selbst, weil sie ihn so sehr liebte. Sie hätte sich gern davon befreit, doch sie wusste, dass Joe ihr Herz erobert hatte. Es war zu spät. Andy traf Kate kurz nach den Weihnachtsferien. Zunächst hatte er g roßes Mitleid mit ihr, doch seine Geduld war irgendwann erschöpft. Sie drohte in Selbstmitleid zu versinken. Er hielt ihr vor Augen, dass sie doch gewusst habe, wie gefährlich Joes Aufgabe war. Überall und zu jeder Zeit hätte es geschehen können, denn er hatte mit seinen wagemutigen Flügen während der Flugwettbewerbe schon immer den Tod herausgefordert. Kate war in der gleiche n Situation wie Tausende andere Frauen auch. Immerhin war sie nicht mit Joe verheiratet, und sie hatten keine Kinder. Sie war ja nicht einmal mit ihm verlobt.
    Doch Kate reagierte zornig. »Und deshalb soll ich mich besser fühlen? Du klingst wie m eine Mutter. Glaubst du wirklich, dass ein Ring an meinem Finger etwas ändern w ürde? So etwas bedeutet mir nicht das Geringste, Andy Scott! Warum sind nur alle so besessen vo n diesen gesellschaftlichen Regeln? Wahrscheinlich ist er in irgendeinem verdam mten Gefangenenlager und wird gefoltert, weil er irgendetwas weiß. Er hat mich geliebt und ich ihn!« Sie begann zu schluchzen. »Ich will nur, dass er nach Hause kommt!« Dann klappte sie wie
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eine Puppe zusammen, und Andy fing sie auf.
    »Er wird nicht zurückkehren, Kate, und du weißt es. Die Chance, dass er nach Hause kommt, steht eins zu einer Million.« Wenn überhaupt, fügte Andy im Stillen h inzu.
    »Aber vielleicht kann er ja entkommen!« Kate weigerte sich beharrlich, auch die letzte Hoffnung sterben zu lassen.
    »Vielleicht ist er aber auch längst tot«, gab Andy zu bedenken. Er wollte sie zwingen, de r Wahrheit ins Auge zu sehen. Kate wusste, dass er Recht hatte, doch sie wollte es nicht hören. Noch konnte sie Joes Schicksal nicht akzeptieren. »Kate, ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst, aber du musst darüber hinwegkommen. Du darfst nicht zulassen, dass du daran zugrunde gehst!«
    Doch Kate fand keinen Ausweg. Sie tat ja schon ihr Bestes, doch sie ertrank in ihrer Trauer um J oe. Sie hatte keine Ahnung, wie sie weiter leben sollte, wenn er tatsächlich nicht zurückkäme. Und doch, selbst in ihrer bittersten Verzweiflung, sagte ihr eine innere Stimme, dass er noch lebte. Sie konnte nicht loslassen. Sie fragte sich, ob sie jemals dazu imstande wäre.
    Kate und Andy aßen in der Cafeteria gemeinsam zu Abend. Kate brachte kaum einen Bi ssen hinunter, doch Andy drängte sie, etwas zu sich zu nehmen. Er brachte sie auch dazu, ihn einige Tage später zu einem Schwimmwettbewerb gegen eine College-Mannschaft aus Massachusetts zu begleiten. Zu Kates eigener Überraschung fühlte sie sich an diesem Tag tatsächlich besser, und für eine kurze Zeit konnte sie ihr Elend sogar vergessen. Alle freuten sich, als Harvard den Wettkampf gewann.
    Anschließend gingen Kate und Andy gemeinsam zum Dinner. Nach dem Essen brachte Andy Kate nach Hause. Sie sah schon wieder viel besser aus als noch vor einigen Tagen. Andy hörte aufmerksam zu, als sie ihm erzählte, dass s ie von Joe geträumt
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hatte. Sie war noch immer davon überzeugt, dass er lebte, und Andy vermied es, abermals mit ihr zu streiten. Kate brauchte wohl einfach noch Zeit.
    Manchmal kam das heikle Them a auch im Fam ilien- oder Freundeskreis zur Sprache. Jedes Mal beteuerte Kate, dass Joe irgendwo in einem deutsche n Kriegsgefangenenlager festgehalten werde. Mit der Zeit verlor niem and mehr ein Wort darüber.
    Der Sommer stand vor der Tür, und Joe war seit sieben Monaten verschollen. Seine letzten Briefe waren einen Monat nach dem Abschuss eingetroffen, und imm er noch las Kate jede Nacht darin. Sie wollte sich einfach nicht von ihm lösen. Sie hielt ihn tief in ih rem Herzen f est. Dorthin würde nie ein anderer vordringen. Ihr war klar, dass sie sich das Leben selbst schwer machte, aber sie hatte keine Ahnung, wie sie etwas daran ändern sollte. Joe hatte ihr nun einmal alles bedeutet.
    Ihre Eltern drängten sie, im Somm er eine Reise zu unternehmen, und schließlich willigte Kate ein. Sie nutzte die Gelegenheit, ihre Patentante in Chicago zu besuchen, und von dort aus reiste sie nac h Kalif ornien, um eine alte Freundin wieder zu s ehen, die bald nach Stanford gehen würde. Es war eine

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