Danielle Steel
dass er Kate vernachlässigen m usste. Um W eihnachten herum begann sie, sich trotz ihrer Begeisterung für seine Arbeit darüber zu beklagen. In drei Monaten hatte sie ihn nur zwei Mal gesehen, und ohne ihn fühlte sie sich in Boston sehr einsam. Joe hatte große Schuldgefühle, doch er sah sich auß erstande, etwas an der Situation zu ändern.
Kate glaubte allmählich, dass ihre Mutte r doch Recht h atte. Vielleicht sollten sie endlich heiraten, dann könnten sie wenigstens in derselben Stadt wohnen.
Als Joe über Weihnachten in Boston war, sprach sie ihn darauf an.
Joe war überrascht. »Jetzt? Ich bin doch pro Nacht nicht m ehr als fünf Stunden zu Hause. Das wäre bestimmt nicht besonders interessant für dich. Und ich kann noch nicht nach New York ziehen.« In dieser Situation schien ihm eine Heirat nicht gerade sinnvoll zu sein.
»Dann leben wir eben in New Jersey. Hauptsache wir sind zusammen!«
Das war ein gutes Argument. Kate war es leid, bei ih ren Eltern zu leben, und eine eigene Wohnung in Boston zu suchen lohnte sich nicht, wenn sie sowieso bald heiraten würde. Kate hatte das Gefühl, schon ewig darauf zu warten, dass Joe sicher im Sattel saß, damit sie ihr gemeinsames Leben beginnen könnten. Natürlich hatte Joe eine schwier ige Aufgabe vor sich. Er h atte die Verantwortung für ein gigantisches Projekt übernommen und erkannte erst jetzt, wie viel Zeit und Kraft es kostete, dieser
22 0
Verantwortung gerecht zu werden. In den vergangenen drei Monaten hatte er noch nicht einmal das Wichtigste erledigt, obwohl er hundert oder mehr Stunden pro Woche gearbeitet hatte.
»Ich halte es für eine Dummheit, wenn wir jetzt heiraten würden«, erklärte er schließlich an Heiligab end, nachdem er in Kates Zimmer geschlüpft war.
Mit der Zeit kam Kate je doch immer mehr zu der Überzeugung, dass diese Art Leben für sie zutiefst frustrierend war. Jetzt war sie längst eine junge Frau und lebte immer noch bei ihren Eltern. Fast alle ihre Freundinnen waren mittlerweile verheiratet. Diejenigen, die nicht schon vor oder während des Krieges geheiratet hatten, holten das jetzt nach. Viele bekam en bereits Kinder. Plötzlich war auch Kate erpicht darauf, eine eigene Familie zu haben. Das Minde ste, was sie verlangte, war, mit Joe zusammenzuleben.
»Gib mir noch ein bisschen Zeit, damit ich alles ordnen kann. Dann suchen wir uns eine Wohnung in New York und heiraten. Ehrenwort!«, versprach Joe.
Ein Jahr zuvor war er noch in einem deutschen Gefängnis gewesen. Und plötzlich war er für ein riesiges Unterneh men verantwortlich. Das verlangte große Opfer. Er wollte nicht heiraten, solange er keine Zeit für Kate hatte. Das wäre ihr gegenüber nicht fair gewesen. Allerdings war die gegenwärtige Situation für sie ebenfalls eine Zumutung.
Joe verbrachte ein wunderschönes Weihnachtsfest mit Kates Familie. Drei Tage konnte er in Boston bleiben. Er hatte so gar Zeit für einen kurzen Flug mit Kate, und einen ganzen Tag verbrachten sie in einem Hotel.
Als Joe wieder fort musste, fühlte Kate sich bereits besser. Er hatte Recht. Es war doch sinnvoller, mit der Hochzeit noch so lange zu warten, bis er die Firma im Griff hatte.
Beim Roten Kreuz wurde es allm ählich ruhiger, und Kate
22 1
beschloss, sich eine andere Stelle zu suchen. Silvester hatte sie mit Joe in New Jersey verbracht und ein weiteres Mal festgestellt, wie viel Glück sie beide gehabt hatten. Erst ein Jahr zuvor hatte sie noch um ihn geweint und geglaubt, dass er sie für immer verlassen hatte. Damals hätte sie alles für das Leben gegeben, das sie jetzt führte. Immerhin lag eine rosige Zukunft vor ihnen, wenn sie erst einmal verheiratet wären.
Der Januar war für beide ein schwieriger Monat. Kate arbeite te sich in ihren neuen Job in einer Kunstgalerie ein, und Joe hatte heftige Auseinandersetzungen mit den Gewerkschaften. Der Februar verlief noch schlimmer, Joe musste selbst am Valentinstag arbeiten und vergaß ihn rundweg, denn das Flugfeld hatte keine Betriebserlaubnis erhalten. Diese war jedoch entscheidend, und so verbrachte Joe drei Tage mit dem Versuch, Politiker und Beamte umzustimmen. Der Valentinstag fiel ihm erst wieder ein, als Ka te ihn zwei Tage später weinend anrief. Zu diesem Zeitpunkt hatt en sie sich bereits seit sechs Wochen nicht mehr gesehen, und Joe schlug vor, dass Kate ihn in New Jersey besuchte.
Sie verbrachten ein paar wunderschöne Tage. Kate half Joe, sein Büro aufzuräumen, und er führte sie zum Dinner
Weitere Kostenlose Bücher