Danielle Steel
Ewigkeit vorkommt«, erklärte C larke mit einem Grinsen. Joe lachte. Er wusste, dass Clarke s eine Frau sehr liebte. »Ich bin mit dem Bruder ihres Ehem anns zur Schule gegangen. So habe ich John kennen gelernt, und wir wurden Freunde. Er war ein guter Mann, liebevoll, fürsorglich, stammte aus einer angesehenen Familie. Bei dem Börsenkrach 1929 hat er alles verloren, nicht nur sein eigenes Vermögen und das seiner Familie, sondern auch das Geld all jener Menschen, das er verwaltete. Auch einiges von Elizabeths Geld war weg. Glücklicherweise hatte aber ihre Familie den größten Teil des Kapitals verwaltet und keinerlei Einbußen zu verzeichnen. Nach dem Crash war Elizabeth noch immer wohlhabend. Doch John war finanziell am Ende.« Es fiel Clarke offensichtlich schwer, diese Geschichte zu erzählen, und Joe schwan te nichts Gutes. »Er ist damals daran zugrunde gegangen. Er war ein durch und durch seriöser Mann und wurde einfach nicht damit fertig. Zwei Jahre lang schloss er sich in seinem dunklen Zimmer ein. Er hat getrunken … 1931 hat er sich dann erschossen. Kate war damals acht Jahre alt.«
»War sie etwa dabei? Hat sie es beobachtet?« Das Entsetzen angesichts einer solchen Szene stan d Joe deutlich ins Gesicht geschrieben.
Clarke schüttelte den Kopf. »Nein, glücklicherweise nicht. Liz hat ihn gefunden. Ich glaube, Kate war gerade in der Schule. Es war schon alles vorbei, als sie nach Hause kam. Doch sie wusste, wie er gestorben war. Ich kannte Liz und John schon viele Jahre, Kate kenne ich ihr ganzes Leben lang. Nach dem schrecklichen Ereignis habe ich für die beiden getan, was ich konnte … ohne Hintergedanken, sollte ich vielleicht hinzufügen.
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Ich wollte einfach nur helfen. Liz hatte einen Schock erlitten. Ich selbst hatte meine eigene Frau ein paar Jahre zuvor verloren … Irgendwann entwickelten sich dann die Dinge zwischen mir und Liz, doch ich glaube, zuerst war ich eigentlich in Kate verliebt. Nach dem frühen Tod ihres Vaters war sie ein verstörtes kleines Mädchen mit einem gebrochenen Herzen. Ich konnte mir damals nicht vorstellen, wie sie sich davon erholen sollte. Sie war schließlich erst ach t Jahre alt! Ein Jahr später heirateten Liz und ich. Ich adoptierte Kate, als sie zehn war. Zwei weitere Jahre brauchte ich, um sie aus ihrer H öhle hervorzulocken, in der sie sich seit dem Selbstmord ihr es Vaters verkrochen hatte. Ich glaube, sie vertraute viele Jahre lang weder mir noch irgendeinem anderen Menschen. Liz betet ihre Tochter an, doch ich bin mir nicht sicher, ob sie jemals wirklich einen Zugang zu ihr gefunden hat. Liz war durch Johns Tod ebenfalls zutiefst verstört. Am Schlimm sten war es, als sie unmittelbar nach unserer Heirat k rank wurde. Es war nur eine schwere Grippe, doch Kate geriet regelrecht in Panik. Sie fürchtete, sie würde nun auch noch ihre Mutter verlieren. Ich weiß nicht, ob Liz das damals überhaupt begriffen hat. Kate hat ihr ganzes Leben lang hart daran gearbeitet, so stark und selbstbewusst zu werden, wie sie jetzt ist. Die Frau, die Sie lieben, war für sehr lange Zeit ein ängstliches, unglückliches Mädchen. Ich denke, sie hatte jahrelang Angst, dass auch ich sie verlassen würde, genau wie ihr Vater. Armer John! Er fand einfach keinen Weg aus seiner Depression. Er hatte nicht das Durchhaltevermögen, das er gebraucht hätte, um die Katastrophe zu überstehen. Der Crash hatte seine Selbstach tung, seinen Stolz gänzlich gebrochen. Doch als er sich umbrachte, zerstörte er auch einen Teil von Kate. Na ja, sie hat sich ja wieder erholt.«
»Warum erzählen Sie m ir das alles?«, fragte Joe. Er war sichtlich schockiert.
»Weil es ein wichtiges Kapitel au s Kates Leben ist. Sie lieb te
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ihren Vater, und er vergötterte sie. Dann ließ sie sich auf mich ein. Und nun liebt sie Sie. Sie mussten in den Krieg, und beinahe zwei Jahre lang hat Kate Sie f ür tot gehalten. Für jedes normale Mädchen wäre dies eine Tragödie gewesen, doch für Kate war es noch viel schlimmer. Ihre seelischen Wunden wurden dadurch wieder aufgerissen. Jeden Tag konnte ich es in ihren Augen lesen. Wenn sie nicht so stark wäre, hätte sie den Verlust nicht so gut gemeistert. Dann kehrten Sie wie durch ein Wunder zurück. Das Schicksal war barmherzig mit Kate. Doch sie ist sehr sensibel, das sollten Sie wissen, wenn Sie sie wirklich lieben. Jedes Mal, wenn Sie sie verlassen oder sie zurückweisen, wird Kate an all das erinnert, was sie einst mitgemacht hat. Sie
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