Danielle Steel
Kate eines Tages abstürzen und umkommen würde. Sie war völlig außer sich, als sie entdeckte, dass Joe Kate sogar Flugstunden gab. Kate hatte sich unglücklicherweise verplappert. Joe hingegen hatte blindes Vertrauen in Kates Fähigkeiten. Sie war eine gute Schülerin und hatte bisher nur noch nicht die Zeit gefunden, ihren Flugschein
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zu machen. Auch sie arbeitete inzwischen viel zu viel. Clarke war beeindruckt von Joes neuem Flugzeug. Auf de m Heimweg vom Flugplatz hielten di e Männer an einer Raststätte, um ein Bier zu trinken. Es wa r ein heißer Sommertag, und Joe war sehr zufrieden mit seinem Werk. Clarke jedoch war nachdenklich. Zu viel ging ihm i m Kopf he rum: das Glück seiner Tochter, das Wohlergehen seiner Frau … Er wollte J oe einen väterlichen Rat geben, denn er hatte ihn vor allem begleitet, weil er in Ruhe m it ihm sprechen wollte .
»Sie arbeiten zu viel, Joe«, begann er. »Es fehlt nicht mehr viel, und Sie verpassen das Leben. Bei der Geschwindigkeit, mit der Sie nach vorn stürmen, könnten Ihnen gravierende F ehler unterlaufen, die Sie später teuer zu stehen kommen.«
Joe begriff im selben Augenblick, dass Clarke von Kate sprach. Dabei war doch im Grunde alles in Ordnung. Nur Elizabeth geriet ständig in Raserei über die Situation.
»Die Lage wird sich schon bald beruhigen, Clarke. Die Firm a ist eben noch ganz neu«, entgegnete Joe vertrauensvoll. »So wie Sie, aber so wird es nicht mehr lange sein. Sie sollten das, was Sie erreicht haben, jetzt genießen.«
»Ich genieße es doch. Ich liebe meine Arbeit.« Das war nicht zu übersehen. Doch was war mit Kate? Vor Jahren hatte er seiner Frau versprochen, niemals über den Selbstmord ihres ersten Ehemanns zu sprechen, niemandem zu erzählen, dass er gar nicht Kates leiblicher Vater war. Elizabeth wollte verhindern, dass John Barretts Tat wie eine schwarze Wolke über Kates Leben hing. Doch Clarke wusste besser als seine Frau, dass es ohnehin so war. Nun würde er sein Versprechen brechen, denn er war der Meinung, dass Joe davon wissen sollte. Dieses einschneidende Ereignis gehörte zu Kate und erklärte einige ihrer Charakterzüge. Man durfte es nicht ignorieren. Vielleicht würden Joe auf diese Weise die Augen geöffnet. »Es gibt da etwas, das Sie wissen sollten, etwas, was Kate
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erlebt hat«, sagte Cla rke leise, nachdem sie das zweite Bier getrunken hatten und zu Gin übergegangen waren. Er wusste, dass es Elizabeth nicht gefallen würde, wenn sie betrunken nach Hause kämen, doch im Augenblick war ihm das gleichgültig. Er hatte sich entschlossen, Joe alles zu erzählen, und er musste sich für das Gespräch rüsten. Da kam ein wenig Alkohol sehr gelegen.
»Das klingt ja rich tig g eheimnisvoll«, grinste J oe. Er mochte Clarke. Schon immer hatte er sich in der Gesellschaft von Männern wohler gefühlt. Kate war die einzige Frau, bei der er sich unbefangen verhielt, doch selbst sie schüchterte ihn manchmal ein, besonders dann, wenn sie sich aufregte. Doch zum Glück geschah das nur selten. Er hatte ihr seine eigenen Ängste noch nie gestanden. Während seiner Kindheit hatten seine Verwandten ihm oft sein e Nutzlosigkeit vorgeworfen, und seitdem ergriff er bei dem klei nsten Konflikt die Flucht. Kates Mutter legte es ständig auf ein Streitgespräch an, und es war klar, dass ihr Joes Reaktion nicht gefiel.
»Es ist ein Geheimnis«, bestätigte Clarke. »Und ein dunkles dazu. Ich möchte nicht, dass Liz oder Kate erfahren, dass ich mit Ihnen darüber gesprochen habe. Das meine ich ernst, Joe!«, fügte er hinzu und nippte an seinem Gin. Clarke fühlte sich zunehmend angespannt. Joe schien den Ernst der Angelegenheit gar nicht zu begreifen. Wenn er trank, wurde er oft übermütig und glänzte nicht eben durch Sensibilität.
»Was ist das denn nun für ein dunkles Geheimnis?«, fragte Joe mit einem jungenhaften Lächel n. Clarke wurde ihm imm er vertrauter, er war wirklich ein feiner Kerl. Sein erster Eindruck hatte ihn nicht getrogen.
»Ich bin nicht Kates Vater, Joe«, sagte Clarke ruhig, plötzlich wieder absolut nüchtern. In de n vergangenen dreizehn Jahren hatte er diese Worte nicht ein einziges Mal ausgesprochen. Das Lächeln verschwand aus Joes Gesich t. »Was soll das
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heißen?« Joe blickte Clarke best ürzt an. Er spürte, dass nun eine ernste Geschichte folgen würde.
»Liz war vorher schon einmal verheiratet. Wir beide sind erst seit vierzehn Jahren zusammen, obwohl es mir manchmal wie eine
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