... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
klar, dass Ihr die Einzige für ihn sein werdet. Wir haben dabei zugesehen, wie bei dem Aufprall eure Herzen miteinander verschmolzen.“
Der Cluricaun presste beide Hände auf die Brust, verdrehte träumerisch die Augen und wiegte sich im Takt zu einer Melodie in seinem Kopf. „Auf immer und ewig miteinander verbunden. So etwas kann keine Macht der Welt trennen.“
„ Nicht trennen?“ Ihr Kopf ruckte in die Höhe und sie schaute ihn an, als zweifelte sie an seinem Verstand. Ihr Blick verschwamm von den unaufhaltsam ins Freie drängenden Tränen, die ungewollt aus den tiefsten Tiefen ihres Herzens kamen. Sie keuchte vor Qual auf, die Arme um die Leere in ihrem Inneren geschlungen, und schrie ihm ins Gesicht: „Und was ist mit … mit dem Tod? Wieso hatte ausgerechnet der alle Macht, uns für immer zu trennen?!“
Lurgadhan de Búrca reichte ihr sein Taschentuch, da Suses Nase aufs Neue wie ein Wasserhahn tropfte. Am liebsten hätte er ihr etwas Tröstliches gesagt. Aber er wusste nicht, was er sagen sollte, das der Wahrheit nahe kam und sie ihm trotzdem glauben würde.
Er machte zwei Schritte zur Seite und stemmte die Fäuste in die Hüfte. Voller Hingabe betrachtete er die vor unzähligen Generationen aufgerichteten Steinkreuze. Sein rechter Zeigefinger fuhr die in den Stein geritzten Formen nach. „Seht Euch diese kunstvoll behauenen Kreuze und ihre Verzierungen an, die Spiralen, Kreise und Ornamente, die sich scheinbar ungeordnet, plan- und ziellos ineinander winden und verschlingen wie Nattern. Diese Muster symbolisieren den ewigen Kreislauf von Leben und Tod. Sie wiederholen sich, ändern ihre Form, gehen ineinander über ohne einen erkennbaren Anfang oder ein Ende.“
Er drehte sich langsam um und sein Gesicht sah in diesem Moment wie aus Stein gemeißelt aus. „Mit dem Tod ist das Leben nicht zu Ende. Nichts und niemand kann euch die Liebe nehmen und euch trennen.“
Suse blieb ein leidenschaftlicher Protest wie eine Gräte im Hals stecken, als sie den Kopf hob und Lurgadhan de Búrca so plötzlich verschwunden war, wie er zuvor aufgetaucht war.
Dieser Schwätzer! Ein Leben nach dem Tod. Und nichts kann uns trennen. Aber sicher , ätzte sie, da hätte ich längst selbst darauf kommen können! Schließlich glaubte sie mittlerweile sogar an irische Gespenster oder Cluricaune oder wie auch immer dieses kleine Wurzelmännchen heißen mochte.
Und doch war es eine verlockende Vorstellung. Ein Leben nach dem Tod. Weshalb eigentlich nicht? Schließlich hatte sie eben mit Lurgadhan de Búrca geredet, obwohl er ein Elf war!
Und sie hatte Adrian gesehen.
Sie wünschte sich so sehr, daran glauben zu können.
Mit dem Handrücken wischte sie sich übers Gesicht und zwinkerte ein paar Mal heftig, um in die Wirklichkeit zurückzufinden. Aber auch dann schwirrte ihr diese Frage unablässig durch den Kopf.
Wer sollte sie daran hindern, an etwas zu glauben, das ihr Adrian zurückbrachte?
23 . Kapitel
Plötzlich hatte sie es eilig fortzukommen. Sie peste den Hügel hinab auf das Herrenhaus zu, als wären ihr Flügel gewachsen. Just in dem Moment, als sie in rekordverdächtigem Sprint auf den Kiesweg einbog, trat Ean aus dem Geräteschuppen, einen Eimer und Gummistiefel in der Hand. Strahlend kam er ihr entgegen, musterte sie dann jedoch mit einem besorgten Blick.
„Du rennst, als sei der Leibhaftige hinter dir her, mo stór . Ist irgendetwas passiert?“
Sie wirbelte herum. War ihr Lurgadhan de Búrca etwa gefolgt? Aber da war niemand. Ups, ertappt! Sie stieß einen hektischen Lacher aus und grinste den jüngsten Ó Briain schief an.
„ Dia dhuit, an t-Ean. Conas atá tú ?“
„ Tá mé go breá, go raibh maith agat . Bin gerade auf den Weg zu den Ställen. Der kleine Gallagher hat was gut bei mir. Hast du Lust?“ Er wackelte mit den Augenbrauen. „Lust, mich zu begleiten?“
„In den Stall?“
„Ins Heu, auf die Wiese, jeder deiner Wünsche ist für mich wie ein Befehl.“
„Ein anderes Mal, Ean. Ganz bestimmt.“
Hä? Was war denn das schon wieder? Der Cluricaun hatte ihr vollkommen den Verstand verwirrt!
Andererseits: Warum nicht? War das Leben nicht viel zu kurz, um auf irgendetwas zu verzichten, das Spaß machte? Und das Zusammensein mit Ean versprach eine ganze Menge Spaß.
„Wann nimmst du mich eigentlich mal mit zum Angeln? Du hast es mir versprochen.“
„Nicht vergessen. Am Wochenende vielleicht. Was hältst du von Samstag? Fraglich indes, ob wir dann irgendwo ein lauschiges
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