... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
die Tür gestarrt, die er in der Eile nicht einmal hinter sich geschlossen hatte, bis ihr die morgendliche Frische Eisbeine bescherte. Wie die Unruh einer Standuhr drehte sich ihr Kopf im Sekundentakt nach links, dann nach rechts, immer wieder, hin und her. Es war nicht zu fassen!
Erst, als es aus der Küche verdächtig brenzlig zu riechen begann, war sie wieder zu sich gekommen, bloß um festzustellen, dass dieser Flegel ohne zu frühstücken getürmt war. Einen Augenblick lang hatte sie mit dem verlockenden Gedanken gespielt, das Herrenhaus einfach abfackeln zu lassen und damit ihrem erzwungenen Aufenthalt in diesen Gemäuern ein blutiges Ende zu bereiten. Dann jedoch überlegte sie es sich anders, machte sich mit Appetit über die knusprigen Brötchen her und trank voll Genuss und Schadenfreude seinen meisterhaft gebrühten Kaffee. Denn das konnte Clausing wirklich, gestand sie zu seiner Ehrenrettung ein. So ein hirnloser Wurm aber auch!
Seit diesem missratenen Versuch eines gemeinsamen Frühstücks mit dem Hausherrn nahm sie ihre Morgenmahlzeit gleich in der Küche und im Beisein von Máire, Áine und Seánín ein. Die Frauen kochten sich mindestens ebenso guten Kaffee und gaben unter großem Gelächter den neuesten Dorfklatsch zum Besten. Oder Máire erzählte irgendwelche alten Geschichten von ihrer Familie, zu der sie wie selbstverständlich ihren „kleinen“ Matty zählte.
Selbstverständlich.
„Und was hast du heute vor?“
„Ich lass’ mich überraschen, was dieser Tag für mich bereithält. Irgendwas wird dem schon einfallen“, erwiderte Suse lustlos und schenkte sich eine weitere Tasse Kaffee ein. „Bin nicht der Typ, der alles genau planen muss. Das habe ich nicht mal gemacht, als es um derart weitreichende Entscheidungen wie’s Kinderkriegen ging. Werd’ mal da gucken, mal dort rumschlappen. Gestern habe ich Máirtín Callaghan und die beiden Ó Donndubháins getroffen. Sie meinten, heute gäbe es eine seisiún in der Bar von Peadar Ó hIcidhe. Aber möglicherweise fahren Máirtín und Liam auch nach Tralee ins … in dieses Theater mit dem unmöglichen Namen, du weißt schon.“
„ Siamsa tíre .“
„Ah, genau dahin. Und vorher wollen sie noch zu Kerry the Kingdom – was immer das auch sein mag. Máirtín sagte lediglich, das müsste jeder gesehen haben, der was auf sich hält, und dass es mir ganz bestimmt gefallen würde.“
„Das wird Matty nicht gefallen.“
„Was? Kerry the Kingdom ?“, fragte Suse, Ahnungslosigkeit vortäuschend, und machte es sich auf ihrem Hocker bequem. „Macht nix. Hauptsache, mir gefällt ’s. War die Halbinsel Kerry eigentlich jemals ein Königreich?“
„Es ist der Name eines Museums. Und Matty wird es nicht gefallen, wenn du mit irgendwelchen anderen …“
„Was heißt hier mit ir-gend-wel-chen? Máirtín und Liam sind zwei ausgesprochen nette und unterhaltsame Jungs“, fiel Suse Máire ins Wort. „Es ist ja sonst keiner da, der sich dazu herablässt, mich zu begleiten. Und außerdem, wenn Seine Lordschaft was zu meckern hat, soll er gefälligst den Arsch in der Hose haben, es mir persönlich ins Gesicht zu sagen. Wo steckt er denn heute?“
Máire seufzte abgrundtief, was Suse Antwort genug war. Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Lass gut sein. Ich hatte bestimmt nichts anderes erwartet.“
„Er hat einen wichtigen Termin mit der Bauaufsicht und An Bord Pleanála . So nennt sich unsere Planungsbehörde.“
„Um Gottes Willen , es interessiert mich gar nicht.“
„Wie du meinst.“ Es klang einigermaßen enttäuscht.
Suse versuchte , in Máires Gesicht zu lesen. Sie konnte doch nicht allen Ernstes erwartet haben, dass sie jammerte und wehklagte, weil der bedauernswerte Herr Graf dermaßen beschäftigt war? Oder sollte sie Interesse heucheln an seinen Bauplänen? An ihm?
„ Nun, wenn du noch nichts Bestimmtes vorhast, dann macht es dir sicher nichts aus, mir etwas zu helfen. Wie steht es um deine Backkünste?“
„ Meine … was?! Oh.“ Suse lachte unsicher und trat einen Schritt zurück, wobei sie in Richtung Küchentür schielte. „Die! Ja, die … die sind mindestens so legendär wie meine Fähigkeiten beim Nähen oder Kochen.“ Sie hielt beide Hände mit den Daumen nach links in die Höhe.
„Bäckst du denn nie für deine Männer?“
„Nie, bei allem, was mir heilig ist! Das hat Adrian … Weißt du, er war viel zu perfekt, als dass ich ihm mit meiner Neigung zu Küchenkatastrophen ins Handwerk
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