... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
„Morgen? Irgendwann. Dia dhuit ar maidin, a Mháire .“
S ie ließ sich auf ihrem Stammplatz unterm Fenster nieder und sandte auch dem Zauberhügel einen stillen Guten-Morgen-Gruß. Ihr Schicksalshügel. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Während Matt’n in der Nacht so vor ihr gestanden hatte in seinem Gehrock und der ledernen Hose, hatte sie sich tatsächlich gestattet, ihren Blick ein wenig unscharf werden zu lassen – um ihn sich mit federgeschmücktem Helm und der Lanze unter dem Arm vorzustellen, wie er gekommen war, um ihren Drachen zu töten.
Dabei gab es hier nicht einmal Schlangen!
„Ich dachte mir … Er ist nicht zufällig schon hier gewesen?“
Máires Augenbrauen schossen in die Höhe, hundert besorgte Fragen auf dem Gesicht.
„Es ist … W as soll ich sagen? Nach dem Tohuwabohu des gestrigen Abends ist unsere Planung ziemlich durcheinander geraten. Höhere Gewalt quasi.“ Susanne hob mit einer bedauernden Geste die Hände und fügte zur Erklärung an: „Vermutlich geht es ihm an diesem wunderschönen Morgen nicht sonderlich gut.“
„W illst du mir verraten, was eigentlich los war? Ich habe ihn überhaupt nicht wiedererkannt, so unaufmerksam und durcheinander schien er mir bereits während des Essens. Er war regelrecht erleichtert, als sich seine Gäste endlich verabschiedeten. Und dann ist er aus dem Haus gestürmt, ohne ein Wort zu sagen. Und genauso schweigsam kam er zurück, bis er anfing, sich in der Bibliothek wie ein Rasender zu gebärden. Spielt Matty mal wieder die Rolle des charmanten Idioten?“
„Um Gottes willen, nein! Nein, wirklich nicht. Dieses eine Mal nehme ich alle Schuld an seinem Dilemma auf mich. Es hat genauso wenig mit dem Gemälde zu tun, das Fearghais in die Bibliothek gestellt hat. Das war wohl lediglich das Tüpfelchen auf dem i.“
Máire wischte sich die Hände an der Schürze ab und schenkte Suse und sich selbst ei ne große Tasse voll Kaffee ein. „Möchtest du Toast zum Frühstück?“
„Danke, ic h bin nicht sonderlich hungrig.“
„… sagte die Bohnenstange und zerbrach im Sturm. Selbst die Spatzen im Garten vertilgen mehr als du“, schimpfte Máire leise vor sich hin, dabei versuchte sie mit zusammengekniffenen Augen in Suses Miene zu lesen. „Wenn sogar du Matty in Schutz nimmst, muss in der Tat etwas Schlimmes passiert sein.“
„Ich habe ihm von unserem Besuch bei Fíona erzählt.“
„Ach, du meine Güte! Schlimmer geht es kaum.“
„ Genau. Nur ist seine Reaktion noch ein Quäntchen heftiger ausgefallen“, spöttelte Suse bitter. „Er trinkt ziemlich exzessiv, wenn er einen passenden Grund gefunden hat.“
„ Ich finde, es wurde höchste Zeit, dass ihm jemand den Kopf zurechtrückt. Unsere Kommentare, was sein hartherziges Benehmen seinem Vater gegenüber angeht, hat er immer wegen Befangenheit abgelehnt.“
„Ich bin nicht sicher, ob es gerade mir zusteht , Kritik an eurem werten Lord Mathew zu üben.“
„Wenn er auf jemanden hört, dann bist du das. Ob es dir passt oder nicht, du musst der Tatsache ins Auge schauen, dass du für Matty an die Stelle von Adrian getreten bist. Dir vertraut er. Er braucht dich. Und er wird dir sein Herz ausschütten, wenn es an der Zeit ist.“
Sie hatte es geahnt. Sie hatte es befürchtet und es gefiel ihr nicht. Absolut nicht.
„Mag sein. Viel mehr als meine Kritik hat ihn jedoch getroffen, erst jetzt zu erfahren, dass Adrian sein Bruder war. Er macht sich Vorwürfe, weil Adrian an seiner Stelle auf dem Thron des Grafen sitzen und über seine Besitztümer und Untertanen herrschen sollte.“
Sie trank ihre Tasse leer und warf einen Blick in die kleine Schüssel, in die Máire gerade zwei Teelöffel schwarzen Sirup laufen ließ und mit etwas Wasser verrührte. Anschließend zerkrümelte sie mit flinken Fingern einen Brocken Hefe darin.
„Braunes Brot? Ich muss mir endlich mal merken, wie du das machst. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass irische Küche gar nicht so übel ist wie ihr Ruf. Außerdem weiß man nie, ob man eines Tages mit seinem Können vor jemandem angeben muss.“
Máire ließ sich ihr Erstaunen nicht anmerken, sondern trat zur Seite und drückte Suse vier Backformen von der Fläche eines Schulheftes in die Hand, während sie selber die Schüssel in die Sonne auf das Fens terbrett stellte.
„ Und was ist mit euch beiden?“
„Was soll schon sein? Nichts.“
„Zumindest redet ihr wieder miteinander.“
„Reden? Er hat mordsmäßig gebrüllt und getobt
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