... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
Begierde gesabbert wie ein Säugling beim Zahnen. Ich hatte Angst um dich, weil du beinahe auf deiner Spucke ausgerutscht wärst.“
„Wie rührend von dir.“
„Mmmpf, vergiss es! Ich habe darauf gewartet, dass du dir ein Bein brichst und dich vor versammelter Mannschaft bis auf die Knochen blamierst.“
Grinsend wedelte Fearghais seine Worte beiseite. „Und behaupte nicht, dass der Wein an deinem verwirrten Zustand Schuld hatte. Oder das Fruchtbarkeitsfeuer. Warum könnt ihr euren verfluchten Stolz nicht für einen Moment vergessen und …“
Eine Spur zu hastig sprang Matthias Clausing aus seinem Sessel, denn er torkelte gegen ein Regal und stieß mit der Hüfte an den schweren Schreibtisch. Er fluchte gotteslästerlich und rieb sich die Seite.
„Mat, muss ich dir tatsächlich einen Spiegel vorhalten? Du führst dich auf wie ein Narr. Wie ein liebeskranker, dummer Junge. Sie hat dich völlig durcheinander gebracht.“
„Das liegt an unerfülltem Begehren. Es dürfte dir nicht entgangen sein, dass ich gerade so etwas wie eine Dürreperiode durchmache. Eine ziemlich lange. Und Suse ist nun mal da. Mehr will ich von ihr nicht.“
„ Warst du schon immer ein so mieser Lügner?“
„Das ist genau das Problem mit euch Iren“, ätzte Matthias gering schätzig. „Ihr seid derart sentimental, was Frauen betrifft, dass ihr sogar pure Lust mit tieferen Gefühlen verwechselt.“
Ich könnte ihm ein wenig auf die Sprünge helfen, überlegte Fearghais , dem es widerstrebte, seinen Freund leiden zu sehen. Aber dann entschied er sich dagegen, da er nach wie vor nicht wusste, was Ean vorhatte, und er dem Kleinen nicht den Spaß verderben wollte.
Und überhaupt war dem jungen Herrn in den letzten Jahren alles ein wenig zu leicht zugeflogen – beruflicher Erfolg, Vermögen, Frauen. Er hatte mehr erreicht als andere in ihrem ganzen Leben, dennoch wusste er sein Glück kaum zu schätzen. Mat bekam nie genug, wollte alles, was er sah, besitzen, ganz gleich, wen er damit verletzte oder was es ihn kostete. Nicht, dass er ihm sein Glück nicht gönnte, allerdings schadete es sicherlich nicht, wenn er zur Abwechslung mal um etwas kämpfen musste.
„Ich weiß wirklich nicht, wo dein Problem liegt , Mat.“
„ Aber ich“, fiel der ihm seidig weich ins Wort. „Es ist die unentwegte Einmischung in meine Angelegenheiten. Da gibt es etwas, das nennt sich Privatsphäre. Weißt du, wie man das buchstabiert? Ich kann es nicht mehr ertragen, wie ihr euch zu meinen Ratgebern aufschwingt. Es steht mir bis oben, ständig diese klugscheißerischen Reden von dir und deiner neugierigen, nervtötenden Sippschaft anhören zu müssen. Das ist mein Problem. Und ich werde es lösen und zwar jetzt. Verschwinde!“
„Verzeih mir, Mat. “ Fearghais schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Sein Freund war betrunken und wusste nicht, was er sagte. Und doch hatte er irgendwo Recht.
„Nenn mir einen einzigen Grund, weshalb ich dich nicht auf der Stelle erw ürgen sollte“, presste Clausing zwischen den Zähnen hervor und überging die Entschuldigung seines Freundes.
Blind vor Wut stapfte er auf und ab, wobei er um Haaresbreite die völlig schuldlose Topfpflanze umgerannt hätte. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie Fearghais schnell den Kopf abwendete und mit dem Fenster sprach: „Du kannst es dir nicht erlauben, mich zu verlieren, weil ich dein einziger Schachpartner auf Sean Garraí bin.“
Abrupt blieb Matthias stehen und verzog geringschätzig das Gesicht. „Du? Du bist der lausigste Schachspieler, der mir je begegnet ist. Ha! Was für ein Verlust wäre das!“
„Das höre ich heute zum ersten Mal. Wenn du dieser Meinung bist, solltest du dir in der Tat einen besseren Gegner suchen. Má tú ag lorg cara gan locht, béidh tú gan cara go deo. “
Die leichthin geäußerten Worte hatten eine seltsame Wirkung auf den Hausherrn, mit der Fearghais nicht im Entferntesten gerechnet ha tte. Nie zuvor hatte er solch unendlichen Schmerz im Gesicht eines Mannes gesehen. Ein Schmerz, der die strahlend blauen Augen des Grafen erst in Eis verwandelte, dann in Asche, um sie schließlich vollkommen ausgebrannt und leer zurückzulassen. Totenbleich sank Matthias in seinen Sessel, als sich die Wände um ihn zu drehen begannen.
„Ich hatte einen.“ Seine Stimme war leise und ausdruckslos. „Ich hatte den besten Freund, den sich ein Mensch nur wünschen kann. Ich weiß zwar bis heute nicht, womit ich ihn verdient habe,
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