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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Versöhnung reichen.«
    Tuppy blickte nachdenklich vor sich hin.
    »Ich soll also mein Abendessen nicht anrühren, ja?«
    »Ja.«
    »Ein Abendessen, das Anatole zubereitet hat?«
    »Ja.«
    »Einfach nicht anrühren?«
    »Ja.«
    »Also, damit wir uns richtig verstehen: Du meinst, wenn der Butler mir heute abend bei Tisch ein Ris de veau à la financière oder so was serviert, ofenfrisch aus Anatoles Küche, dann soll ich es einfach nicht anrühren?«
    »Ja.«
    Er nagte an seiner Unterlippe. Man sah, wie er mit sich kämpfte. Und dann ging plötzlich ein Leuchten über sein Gesicht. So müssen früher die Märtyrer ausgesehen haben.
    »Na schön.«
    »Du machst also mit?«
    »Ja.«
    »Prima.«
    »So was tut natürlich weh.«
    Ich wies auf den Silberstreif am Horizont hin.
    »Aber nur vorübergehend. Du kannst dich ja heute nacht, wenn alle schlafen, hinunterschleichen und die Vorratskammer plündern.«
    Er strahlte.
    »Stimmt, das könnte ich.«
    »Es wird sicher etwas Kaltes da sein.«
    »Ich weiß sogar, daß etwas Kaltes da ist«, sagte Tuppy, der immer vergnügter wurde. »Der Rest vom Braten, den es heute mittag gab. Eine Anatolesche Meisterleistung. Was ich an dem Mann so bewundere«, sagte Tuppy andächtig, »was ich an Anatole so unendlich bewundere, ist die Tatsache, daß er sich nicht wie die meisten anderen französischen Küchenchefs ausschließlich auf französische Gerichte beschränkt, sondern ab und zu durchaus bereit ist, auch mal etwas einfaches Englisches zuzubereiten wie zum Beispiel diesen Braten, von dem ich gerade sprach. Es war ein köstlicher Braten, Bertie, und es ist noch fast die Hälfte davon übrig. Das wird mir reichen.«
    »Und bei Tisch wirst du nichts anrühren, wie verabredet?«
    »Absolut gar nichts.«
    »Sehr gut.«
    »Die Idee ist wirklich großartig. Eine von Jeeves’ besten. Du kannst ihm von mir bestellen, daß ich ihm sehr verbunden bin.«
    Mir fiel die Zigarette aus den entnervten Fingern. Mir war, als hätte man Bertram Wooster ein nasses Handtuch um die Ohren gehauen.
    »Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, daß der Plan, den ich dir gerade entworfen habe, von Jeeves stammt?«
    »Von wem denn sonst? Versuch nicht, mir was vorzumachen, Bertie. Auf so eine Bombenidee wärst du doch nie im Leben gekommen.«
    Es entstand eine Pause. Ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf; aber dann merkte ich, daß er gar nicht hinsah, und ließ mich wieder zusammensinken.
    »Komm, Glossop«, sagte ich frostig, »wir müssen jetzt gehen. Es wird Zeit, daß wir uns fürs Abendessen umziehen.«

9
    Tuppys dummes Gerede ging mir auf dem Weg zu meinem Zimmer dauernd im Kopf herum. Es ging mir auch noch im Kopf herum, als ich den Maßgeschneiderten ausgezogen hatte, und es hatte noch immer nicht aufgehört, mir im Kopf herumzugehen, als ich, in meinen Bademantel gehüllt, den Korridor hinunter zum Badezimmer schlappte.
    Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, daß ich auf hundert war.
    Ich meine, man will ja gar nicht andauernd bejubelt werden. Die Gunst der Masse gilt einem nicht viel. Aber trotzdem – wenn man sich schon die Mühe macht, einen erstklassigen Plan auszuhecken, wie man einem Freund aus dem Schlamassel helfen kann, dann kommt einem doch die Galle hoch, wenn man zusehen muß, wie ein Domestik dafür das Lob einheimst – und ganz besonders dann, wenn dieser Domestik einer ist, der es unterläßt, weiße Samtblazer einzupacken.
    Aber als ich ein Weilchen in der Wanne geplanscht hatte, faßte ich mich wieder. Es geht doch nichts über ein schönes heißes Bad, wenn einem eine Laus über die Leber gelaufen ist. So was ist wahrlich Balsam fürs zerrißne Herz. Ich habe zwar nicht direkt in der Badewanne gesungen, aber ein paarmal war ich nahe daran.
    Der Koller, den diese taktlosen Worte ausgelöst hatten, war fast vergessen.
    Diese Rückkehr einer gehobeneren Stimmung wurde nicht unwesentlich durch die Entdeckung einer Spielzeugente gefördert, die vermutlich ein jugendlicher Gast des Hauses in der Seifenablage zurückgelassen hatte. Seit Jahren hatte ich schon nicht mehr mit einer Spielzeugente in der Badewanne gespielt, und ich fand die Erneuerung dieser Erfahrung höchst erquickend. Für diejenigen Leser, die sich für so was interessieren, darf ich erklärend anmerken, daß man das Ding mit dem Schwamm unter Wasser drückt und es dann losläßt, woraufhin es wieder hochgeschossen kommt, was auch den deprimiertesten Menschen heiter und vergnügt stimmt. Nach zehn Minuten

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