Dann eben nicht, Jeeves

Ich werde nie mehr etwas sagen.«
    »Das wäre zu schön, um wahr zu sein.«
    Ich sah, daß es keinen Zweck hatte, diese Diskussion weiterzuführen. Deshalb zuckte ich die Achseln und machte eine müde Handbewegung.
    »Bitte sehr, Tante Dahlia«, sagte ich würdevoll, »wenn du nicht willst, daß ich den Fall im Frühstadium behandle, dann ist das deine Sache. Aber du läßt dir einen intellektuellen Genuß entgehen. Und außerdem: selbst wenn du dich auf den Kopf stellst, ich werde weitermachen wie geplant. Ich hänge an Angela, und deshalb werde ich tun, was ich kann, um in ihrem Leben wieder die Sonne scheinen zu lassen.«
    »Bertie, du Napfsülze, ich bitte dich zum letztenmal: Halte dich da gefälligst heraus! Du wirst alles nur noch viel entsetzlicher machen.«
    Ich erinnere mich, daß ich mal in so einem historischen Roman von einem Burschen gelesen habe – damals sprach man wohl von einem Kavalier oder einem Musketier oder so –, der jedesmal, wenn jemand was Falsches gesagt hatte, mit halb gesenkten Augenlidern müde lächelte und ein Staubkörnchen von seinen makellos weißen Spitzenmanschetten schnickte. Das tat ich jetzt praktisch auch. Zumindest rückte ich meine Krawatte zurecht und lächelte vielsagend. Dann zog ich mich zurück und machte im Garten einen kleinen Spaziergang.
    Und der erste, der mir dort über den Weg lief, war Freund Tuppy. Seine Stirn war gefurcht, und er warf mißvergnügt mit Steinen nach einer Blumenschale.

8
    Ich glaube, ich habe Ihnen schon früher von diesem Glossop erzählt. Er war, wie Sie sich erinnern werden, der Kerl, der sich mal bedenkenlos über die Tatsache hinweggesetzt hatte, daß wir von klein auf miteinander befreundet waren, und eines Abends im Drohnen-Club mit mir wettete, daß ich mich nicht an den Turnringen über das Schwimmbecken des Clubs hangeln könne – was für jemanden von meiner Körperbeherrschung natürlich ein Klacks ist –, und der dann, als ich mitten über dem Becken war, das Seil des letzten Rings aus der Verankerung löste, so daß ich im korrekten Abendanzug ins Wasser stürzte.
    Zu behaupten, ich hätte mich über diese Freveltat, die man wohl zu Recht als die Arglist des Jahrhunderts bezeichnen könnte, nicht geärgert, hieße leichtfertig die Tatsachen verdrehen. Wochenlang hatte ich eine Stinkwut im Leib.
    Aber Sie wissen ja, wie es so geht. Die Wunde heilt. Der Zorn verraucht. Das soll natürlich nicht heißen, daß ich untätig geblieben wäre, wenn sich die Gelegenheit geboten hätte, aus großer Höhe einen nassen Schwamm auf Tuppy fallen zu lassen oder ihm einen Frosch ins Bett zu setzen oder mir sonst irgendwie Luft zu machen. Aber das war jetzt was anderes. Ich meine, ich war zwar schwer gekränkt worden, aber es tat mir trotzdem leid, ihn so völlig geknickt zu sehen, weil er sich mit dem Mädchen verkracht hatte, das er meiner Ansicht nach trotz allem immer noch liebte wie verrückt.
    Ja, ich war sogar ganz versessen darauf, die Sache wieder zu kitten und die beiden Streithähne zu versöhnen. Das haben Sie nach dem, was ich Tante Dahlia sagte, sicher schon spitzgekriegt, und wenn Sie in diesem Augenblick dabeigewesen wären und den verständnisvollen Blick gesehen hätten, den ich Tuppy zuwarf, dann hätten Sie es noch spitzer gekriegt.
    Es war so ein tiefer, forschender Blick, begleitet von einem kraftvollen Händedruck und einem sanften Schulterklopfen.
    »Na, Tuppy, alter Knabe«, sagte ich. »Wie geht’s?«
    Er konnte einem wirklich leid tun. Kein Aufleuchten der Augen, kein erwidernder Händedruck – nichts, was darauf schließen ließ, daß ihm beim Anblick eines alten Freundes das Herz in der Brust lachte. Er sah ganz bedeppert aus. Um die Worte zu zitieren, die Jeeves gebrauchte, als Pongo Twistleton sich das Rauchen abgewöhnte: Der Welten Jammer stand ihm ins Gesicht geschrieben. Nicht, daß ich sonderlich überrascht gewesen wäre. Unter den gegebenen Umständen mußte man wohl mit einer gewissen Miesepetrigkeit rechnen.
    Ich gab seine Hand frei, unterbrach das Schulterklopfen und zog das Etui hervor, um ihm eine Zigarette anzubieten.
    Apathisch nahm er sich eine.
    »Bist du auch hier, Bertie?« fragte er.
    »Ja, ich bin auch hier.«
    »Nur auf der Durchreise, oder bleibst du?«
    Ich dachte einen Augenblick nach. Natürlich hätte ich ihm sagen können, daß ich mit dem festen Vorsatz nach Brinkley Court gekommen war, ihn und Angela wieder zusammenzubringen und zwischen den beiden Frieden zu stiften und so