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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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beim Abendessen gleich aufgefallen.«
    »Was ist denn daran schön? Damit erreiche ich doch gar nichts. Ich werd’s nie fertigbringen, sie um ihre Hand zu bitten, und wenn ich mich für den Rest meines Lebens von Zwieback ernähre.«
    »Na, hör mal, Gussie, in so einer romantischen Umgebung! Allein das Seufzen des Winds in den Wipfeln müßte doch …«
    »Es ist mir völlig Wurst, was der Wind müßte. Ich kann’s einfach nicht.«
    »Ach, komm!«
    »Ich kann’s nicht. Sie ist so spröde, so unnahbar.«
    »Ist sie nicht.«
    »Ist sie doch. Besonders von der Seite betrachtet. Hast du sie schon mal von der Seite betrachtet, Bertie? Dieses strenge, reine Profil. Da fällt einem gleich das Herz in die Hose.«
    »Schnickschnack!«
    »Doch, wirklich. Ich brauche es nur anzusehen, und schon ersterben mir die Worte auf den Lippen.«
    Aus seinen Worten sprach so abgrundtiefe Verzweiflung, und sein Mangel an Schwung und Elan war so unübersehbar, daß ich für einen Augenblick tatsächlich das Gefühl hatte, mit meinem Latein am Ende zu sein. Es schien wirklich aussichtslos, so ein schlaffes Hemd zu stärken. Und dann kam mir ein Gedanke. Mit dem mir eigenen Scharfsinn erkannte ich, was zu tun war, damit dieser Fink-Nottle schließlich doch noch ins Finale kam.
    »Wir müssen ihr Blut in Wallung bringen«, sagte ich.
    »In was?«
    »In Wallung. Wir müssen ihre Gefühle wecken, sie in Stimmung bringen. Es muß Vorarbeit geleistet werden, Gussie. Mein Vorschlag sieht so aus: Ich gehe jetzt zurück ins Haus und schnappe mir die Bassett für einen Spaziergang. Ich werde ihr was von sehnsuchtsvollen Herzen erzählen und dabei andeuten, daß es von dieser Sorte eins sogar in ihrer nächsten Umgebung gibt. Ich werde kräftig hinlangen und dick auftragen. Du wirst dich währenddessen abrufbereit im Hintergrund halten, und nach ungefähr einer Viertelstunde tauchst du auf und übernimmst sie. Bis dahin habe ich sie auf Touren gebracht, so daß der Rest für dich ein Klacks ist. Es ist, als ob du auf einen fahrenden Bus aufspringst.«
    Ich weiß noch, wie ich als kleiner Junge in der Schule mal ein Gedicht über einen Menschen namens Pyg … sowieso auswendig lernen mußte; er war Bildhauer, wenn ich mich richtig erinnere, und hatte eine Statue von einem jungen Mädchen angefertigt. Und was soll ich Ihnen sagen – das Ding wird eines morgens lebendig! Der Mann ist natürlich ganz schön erschrocken. Aber was ich eigentlich sagen wollte: An einer Stelle in diesem Gedicht hieß es ungefähr:
     
    Und jetzo wacht, nach zagem Beben
    Ihr Leib fürwahr zu vollem Leben.
     
    Diese Worte beschreiben haargenau, was nun mit Gussie geschah, als ich diese ermutigenden Worte gesprochen hatte. Seine gekräuselte Stirn glättete sich, seine Augen bekamen wieder Glanz, er sah nicht mehr so fischig aus, und er betrachtete die Schnecke, die sich noch immer auf ihrer endlosen Wanderschaft befand, mit etwas, das schon an Kameradschaftlichkeit grenzte. Kurz, er machte Fortschritte.
    »Ich verstehe, was du meinst. Du willst mir sozusagen den Weg ebnen.«
    »Genau das. Goldene Brücken bauen.«
    »Aber das ist ja großartig, Bertie! Das ändert alles.«
    »Bestimmt. Aber vergiß nicht, daß du hinterher selbst weitermachen mußt. Du wirst dich ins Zeug legen und auf Teufel komm raus mit ihr scharmutzieren müssen, sonst war alles umsonst.«
    Jetzt bekam er wieder etwas von diesem Ach-du-Schreck-Blick und schnappte nach Luft.
    »Da hast du recht. Was soll ich ihr denn bloß sagen?«
    Mühsam unterdrückte ich meinen Unwillen. Der Mann war immerhin mit mir zur Schule gegangen.
    »Du lieber Himmel, es gibt doch Hunderte von Dingen, die du sagen könntest. Rede vom Sonnenuntergang.«
    »Vom Sonnenuntergang?«
    »Aber ja. Bei der Hälfte der verheirateten Männer, die man so trifft, fing’s damit an, daß sie vom Sonnenuntergang redeten.«
    »Aber was soll ich denn über den Sonnenuntergang sagen?«
    »Ach, Jeeves hatte da neulich so einen Spruch bei der Hand. Ich traf ihn gegen Abend im Park, als er den Hund ausführte, und er sagte: ›Süße Düfte, Nebelhüllen, senkt die Dämmerung heran, lispelt leise süßen Frieden, wiegt das Herz in Kindesruh.‹ Warum nimmst du das nicht?«
    »Was macht die Dämmerung?«
    »Sie lispelt. L wie Lurch, I wie Iltis …«
    »Ach, sie lispelt? Ja, das ist gar nicht übel. Lispelt leise süßen Frieden … Süße Düfte, Nebelhüllen … Doch, das finde ich ganz passabel.«
    »Und dann könntest du sagen, du hättest dir

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