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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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sogar ein recht brauchbares Stichwort ab, und prompt machte ich es mir zunutze:
    »Da wir gerade von Tränen reden …«
    Aber sie war inzwischen schon beim Thema »Karnickel« angelangt, von denen einige rechts von uns im Park herumsausten.
    »Ach, sehen Sie mal die süßen Häschen!«
    »Da wir gerade von Tränen reden …«
    »Finden Sie es nicht auch himmlisch, Mr. Wooster, wenn die liebe Sonne schlafen gegangen ist und es Abend wird und die kleinen Häschen herauskommen, um zu schmausen? Als Kind habe ich mir immer vorgestellt, die Hasen wären Zwerglein, und wenn ich die Luft anhielte und ganz still wäre, könnte ich die Feenkönigin sehen.«
    Ich verkniff mir die Bemerkung, es sehe ihr ähnlich, sich als Kind solchen Schwachsinn ausgedacht zu haben, und kam zum entscheidenden Punkt zurück.
    »Da wir gerade von Tränen reden«, sagte ich mit Nachdruck, »wird es Sie vielleicht interessieren, daß es zur Zeit in Brinkley Court jemanden gibt, dem es ganz weh ums Herz ist.«
    Jetzt horchte sie auf und ließ das Karnickel-Thema fallen. Ihr Gesicht, in dem bisher etwas geglüht hatte, das man wohl als Seelenwärme bezeichnen muß, verdüsterte sich. Sie ließ einen Seufzer vernehmen, der so klang, als hätte man den Stöpsel aus einer Luftmatratze gezogen.
    »Ja, ja, das Leben ist doch wirklich traurig, nicht?«
    »Jedenfalls für Leute, denen es weh ums Herz ist.«
    »Dieser wehmütige Blick. Augen wie Wasserlilien. Und dabei waren sie früher so fröhlich wie tanzende Elfen. Alles nur wegen dieses dummen Mißverständnisses mit dem Haifisch. Wieviel Kummer doch solche Mißverständnisse verursachen können. Daß so eine wunderschöne Romanze daran zerbrechen mußte, daß Mr. Glossop darauf besteht, es sei eine Flunder gewesen.«
    Ich merkte, daß wir aneinander vorbeiredeten.
    »Ich rede nicht von Angela.«
    »Aber ihr ist es doch weh ums Herz.«
    »Ich weiß, aber da ist noch jemand, dem es weh ums Herz ist.«
    Sie sah mich ratlos an.
    »Noch jemand? Meinen Sie Mr. Glossop?«
    »Nein, den meine ich nicht.«
    »Mrs. Travers?«
    Meine erstklassige Erziehung hinderte mich daran, ihr eine aufs Dach zu hauen, aber ich hätte etwas dafür gegeben, es tun zu dürfen. Die Begriffsstutzigkeit, mit der sie andauernd danebenriet, hatte schon etwas Provozierendes an sich.
    »Nein, auch nicht Tante Dahlia.«
    »Sie hat sich bestimmt sehr aufgeregt.«
    »Sicher. Aber das Herz, von dem ich rede, leidet nicht wegen Tuppys Krach mit Angela. Es leidet aus einem ganz anderen Grund. Ich will damit sagen … du lieber Himmel, Sie können sich doch denken, weshalb Herzen leiden!«
    Sie schien leicht zu wanken. Als sie wieder sprach, war es in einem Flüsterton:
    »Sie meinen … aus Liebe?«
    »Na klar. Das war ein Volltreffer. Aus Liebe.«
    »Ach, Mr. Wooster!«
    »Sie glauben doch bestimmt an Liebe auf den ersten Blick?«
    »O ja.«
    »Na also. Genau das ist mit dem leidenden Herzen passiert. Es hat sich auf den ersten Blick verliebt, und seither verzehrt es sich vor Sehnsucht, wie man so sagt.«
    Alles blieb still. Sie hatte sich abgewandt und sah einer Ente auf dem See zu, die an den Wasserpflanzen herumnibbelte. Ich habe nie verstanden, wie man so was essen kann. Aber wenn man sich’s mal richtig überlegt: wahrscheinlich schmecken sie nicht schlechter als Spinat. Die Ente schwamm also da herum und mampfte das Zeug, und dann stellte sie sich plötzlich auf den Kopf und war verschwunden. Damit schien der Bann gebrochen.
    »Ach, Mr. Wooster!« wiederholte sie, und nach dem Ton zu schließen, in dem sie das sagte, kam sie jetzt in Fahrt.
    »Nach Ihnen, meine ich«, fuhr ich fort, um dem Ganzen noch ein paar Glanzlichter aufzustecken. Sie wissen ja selbst, daß das Schwierigste in so einem Fall darin besteht, den Hauptgedanken klar herauszustellen und die große Linie verständlich zu machen. Der Rest ist dann nur noch Feinarbeit. Ich will ja nicht behaupten, daß ich jetzt redselig wurde, aber jedenfalls legte ich nun mehr Eloquenz an den Tag als bisher.
    »Es geht ihm richtig mies. Kann nichts essen, kann nicht schlafen – alles aus Liebe zu Ihnen. Und das dickste Ding dabei ist, daß es – das leidende Herz – sich nicht dazu aufraffen kann, Ihnen das alles zu gestehen. Jedesmal, wenn es gerade den Mund aufmachen will und Sie dann von der Seite ansieht, bleiben ihm die Worte im Halse stecken. Das ist natürlich albern, aber was soll man machen?«
    Ich hörte, wie sie schluckte, und dann sah ich, daß ihre Augen feucht

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