Dann eben nicht, Jeeves
Ihnen aufgefallen, daß er nicht sonderlich fidel aussah?«
»Jawohl, Sir. Mr. Glossop schien mir von des Gedankens Blässe angekränkelt.«
»Richtig. Er ist letzte Nacht in der Speisekammer mit meiner Kusine Angela zusammengetroffen, worauf es zu einem unerquicklichen Wortwechsel kam.«
»Das bedaure ich, Sir.«
»Er bedauert das noch viel mehr. Sie fand ihn über ein Stück kalten Braten gebeugt und hat daraufhin ein paar bissige Bemerkungen über vollgefressene Männer gemacht, für die das Essen der einzige Lebensinhalt ist.«
»Sehr unerfreulich, Sir.«
»Ja, sehr. Manche Leute würden sogar behaupten, die Kluft zwischen den beiden sei durch nichts mehr zu überbrücken. Wenn ein Mädchen es fertigbringt, faule Witze über menschliche Pythons zu machen, die neun oder zehn Mahlzeiten am Tag verputzen und sich beim Treppensteigen in acht nehmen sollten, damit sie keinen Schlaganfall kriegen, dann, so würden manche Leute behaupten, ist im Herzen dieses Mädchens die Liebe erloschen. Würden das nicht manche Leute behaupten, Jeeves?«
»Zweifellos, Sir.«
»Diese Leute wären im Irrtum.«
»Glauben Sie, Sir?«
»Ich bin davon überzeugt. Ich kenne doch die Frauen. Man darf nicht alles wörtlich nehmen, was sie sagen.«
»Sie meinen also, man sollte Miss Angelas kritische Bemerkungen cum grano salis nehmen, Sir?«
»Wie bitte?«
»Man könnte auch sagen: mit einem gewissen Vorbehalt.«
»Vorbehalt. Genau das meine ich. Sie wissen doch, wie junge Mädchen sind. Kaum gibt’s mal eine kleine Reiberei, schon kollern sie wie die Truthühner. An ihrer Verliebtheit ändert das aber gar nichts. Hab ich nicht recht?«
»Vollkommen, Sir. Der Dichter Scott …«
»Schon gut, Jeeves.«
»Sehr wohl, Sir.«
»Und um dieser Verliebtheit wieder zu ihrem Recht zu verhelfen, muß man nur die richtigen Maßnahmen ergreifen.«
»Mit richtigen Maßnahmen, Sir, meinen Sie …«
»Cleveres Vorgehen, Jeeves. Etwas Pfiffiges aus der Trickkiste. Ich weiß auch schon, was man tun muß, um meine Kusine Angela wieder auf Normalnull zu bringen. Soll ich’s Ihnen verraten?«
»Wenn Sie so liebenswürdig sein wollen, Sir.«
Ich zündete mir eine Zigarette an und musterte ihn aufmerksam durch den Rauch. Er wartete respektvoll auf des Meisters Worte der Erleuchtung. Eins muß man Jeeves lassen: Solange er einem nicht ins Wort fällt und an einem herumkrittelt – wie er das manchmal gerne tut –, ist er ein prima Zuhörer. Ich weiß nicht, ob er wirklich immer ganz Ohr ist, aber zumindest sieht er immer ganz Ohr aus, und das ist das Schöne an ihm.
»Nehmen wir mal an, Jeeves, Sie spazierten durch den tiefen Urwald und begegneten einem Tigerbaby.«
»Es spricht nicht viel für diese Annahme, Sir.«
»Egal. Nehmen wir’s mal an.«
»Sehr wohl, Sir.«
»Nehmen wir nun ferner an, Sie hauen dem Tigerbaby eins hinter die Plüschohren, und nehmen wir außerdem an, es käme der Tigermama zu Ohren, daß man ihrem Kleinen übel mitgespielt hat. Was glauben Sie, wie sich diese Mutter verhalten wird? In welcher Gemütsverfassung wird sich diese Tigerin Ihnen nähern?«
»Mit einem gewissen Maß von Unmut, nehme ich an, Sir.«
»Völlig richtig. Das kommt von ihrem Mutterinstinkt, stimmt’s?«
»Jawohl, Sir.«
»So, Jeeves. Jetzt nehmen wir mal an, daß das Verhältnis zwischen Tigerbaby und Tigermama seit einiger Zeit etwas unterkühlt ist. Sie haben schon ein paar Tage nicht mehr miteinander geredet. Glauben Sie, das würde dem Karacho Abbruch tun, mit dem die letztere dem ersteren zu Hilfe eilt?«
»Nein, Sir.«
»Sehen Sie. Mein Plan ist also folgender, Jeeves. Ich werde mich mit meiner Kusine Angela an einen entlegenen Ort begeben und Tuppy ordentlich madig machen.«
»Madig machen, Sir?«
»Über ihn herziehen. Ihn schmähen. Herunterputzen. In die Pfanne hauen. Ich werde kein gutes Haar an Tuppy lassen und ihr erklären, daß er im großen und ganzen mit einem Warzenschwein mehr gemeinsam hat als mit einem Absolventen einer der vornehmsten englischen Public Schools. Und was geschieht dann? Bei diesen Verbalinjurien wird das weibliche Herz meiner Kusine Angela rebellieren. Die Tigermama in ihr wird erwachen. Sie wird alle Zwistigkeiten vergessen und nur noch daran denken, daß er der Mann ist, den sie liebt, und ihm Beistand leisten. Und von da bis zu dem Moment, wo sie ihm in die Arme sinkt und alles Gewesene gewesen sein läßt, ist es dann nur noch ein Schritt. Na, wie finden Sie das?«
»Der Gedanke ist
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