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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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ergaben, daß die Freunde, bei denen Angela den Tag verbringen wollte, Stretchley-Budd hießen und etwa acht Meilen entfernt in der Nähe von Pershore einen feudalen Schuppen namens Kingham Manor bewohnten. Ich kannte diese Herrschaften nicht, aber offenbar besaßen sie enorme Faszinationskraft, denn Angela konnte sich erst von ihnen trennen, als es schon Zeit war, sich fürs Abendessen umzuziehen. Infolgedessen mußte ich warten, bis alle ihren Nachtisch gelöffelt hatten, ehe ich Bewegung in die Dinge bringen konnte. Ich fand die Kusine im Salon und ging sofort daran, die ersten Schritte zu unternehmen.
    Die Gefühle, mit denen ich auf sie zuging, unterschieden sich erheblich von denen, die vierundzwanzig Stunden zuvor mein Herz bewegt hatten, als ich mich im selben Salon und in derselben Angelegenheit der Bassett genähert hatte. Wie ich schon zu Tuppy sagte, hatte ich Angela immer sehr gern gehabt, und ein Spaziergang in ihrer Gesellschaft war mir stets ein Vergnügen.
    Ich sah auf den ersten Blick, wie sehr sie meines Trosts und Zuspruchs bedurfte.
    Das Aussehen dieses unglücklichen jungen Dings jagte mir sogar einen ordentlichen Schrecken ein. In Cannes war sie immer die glücklich strahlende kleine Engländerin par excellence gewesen, randvoll von Energie und Lebensfreude. Jetzt war ihr Gesicht blaß und verkniffen wie das einer Mittelfeldspielerin aus der Hockeymannschaft einer Mädchenschule, die nicht nur einen saftigen Tritt gegen das Schienbein bekommen hat, sondern obendrein noch wegen Foulspiels vom Platz gestellt worden ist. In jeder normalen Gesellschaft hätte ihr Aussehen sofort Aufmerksamkeit erregt, aber in Brinkley Court hatte die allgemeine Finsternis der Mienen bereits einen solchen Grad erreicht, daß sie gar nicht auffiel. Es würde mich nicht wundern, wenn Onkel Tom, der zusammengesunken in einer Ecke hockte, sogar im stillen gedacht hätte, daß sie geradezu unverschämt vergnügt aussähe.
    In meiner frischfröhlichen Art kam ich gleich zur Sache.
    »Na, Angela, altes Mädchen.«
    »Hallo, Bertie, mein Schatz.«
    »Schön, daß du zurück bist. Du hast mir gefehlt.«
    »Ja? Du bist wirklich ein Schatz.«
    »Kommst du ein bißchen mit an die frische Luft?«
    »Liebend gern.«
    »Fein. Ich muß dir nämlich einiges sagen, was nicht für die Allgemeinheit bestimmt ist.«
    In diesem Augenblick muß der arme Tuppy wohl einen plötzlichen Krampf im Bein bekommen haben. Er hatte in der Nähe gesessen und an die Decke gestarrt, aber jetzt machte er einen Satz wie ein Lachs an der Angel und warf dabei ein Tischchen um, auf dem sich eine Vase, eine Pralinenschachtel, zwei Porzellanhündchen und eine in Saffianleder gebundene Ausgabe der Sprüche und Lieder des Omar Chajjam befanden.
    Tante Dahlia stieß einen erschrockenen Jagdruf aus, während Onkel Tom, der vermutlich glaubte, nun sei der Untergang des Abendlandes endgültig gekommen, sein Scherflein zu dem Tohuwabohu beitrug, indem er seine Kaffeetasse zerdepperte.
    Tuppy sagte, es täte ihm leid. Tante Dahlia antwortete mit einem gequälten Stöhnen, das mache doch nichts. Und Angela machte für einen Augenblick ein hochmütiges Gesicht wie eine Prinzessin des Ancien régime, die ein besonders verabscheuungswürdiges Subjekt aus den niederen Ständen bei einem ganz und gar unverzeihlichen Fauxpas ertappt hat, um sich sodann mit mir zu entfernen. Wenig später placierte ich mich neben ihr auf einer der Bänke im Park, bereit, in die Tagesordnung des heutigen Abends einzutreten.
    Ich hielt es jedoch für geboten, behutsam vorzugehen und erst mal ein bißchen von diesem und jenem zu plaudern. Wenn es um so delikate Probleme geht wie das, mit dem ich es hier zu tun hatte, sollte man nicht mit der Tür ins Haus fallen. Deshalb sprachen wir eine Weile von Unverfänglichem. Sie sagte, sie sei deshalb so lang bei den Stretchley-Budds geblieben, weil Hilda Stretchley-Budd sie gebeten habe, ihr noch ein bißchen bei den Vorbereitungen für den Ball des Dienstpersonals am nächsten Abend zu helfen, und das habe sie nicht gut ablehnen können, weil ja auch das gesamte Personal von Brinkley Court daran teilnehmen werde. Und ich erwiderte, ein bißchen Remmidemmi sei genau das Richtige, um Anatole wieder aufzumuntern und auf andere Gedanken zu bringen. Worauf sie mir erklärte, daß Anatole nicht hingehen werde. Tante Dahlia habe ihn zwar gedrängt zu gehen, sagte sie, aber er habe nur betrübt den Kopf geschüttelt und weiter davon gesprochen, daß er in

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