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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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die Provence zurückkehren werde, wo man ihn zu würdigen wisse.
    Nach einer Weile bedrückten Schweigens, das diese Mitteilung ausgelöst hatte, sagte Angela, das Gras sei feucht und sie wolle lieber ins Haus gehen.
    Diese Absicht lief natürlich der von mir inaugurierten Strategie diametral entgegen.
    »Nein, bleib noch ein bißchen. Ich hab noch gar nicht mit dir reden können, seit du zurück bist.«
    »Aber ich werde mir meine Schuhe ruinieren.«
    »Dann leg doch deine Füße auf meinen Schoß.«
    »Gut, aber dann mußt du mir auch die Gelenke massieren.«
    »Mit Vergnügen.«
    Wir richteten uns dementsprechend ein, und dann plauderten wir einige Minuten über dieses und jenes, bis die Konversation allmählich versandete. Ich machte ein paar Bemerkungen betreffs landschaftlicher Schönheit und hob insbesondere Wachtelschlag und Grillensang, des Mondes Silberhorn sowie den holden Schimmer des Sees hervor, worauf sie nur »Ja« sagte.
    Als es in den Büschen vor uns raschelte, stellte ich die Theorie auf, daß es möglicherweise ein Wiesel sei, und sie sagte: »Vielleicht.« Es war nicht zu übersehen, daß das Mädchen mit seinen Gedanken woanders war, und deshalb hielt ich es für das beste, keine Zeit mehr zu versäumen.
    »Na, du«, sagte ich, »wie ich höre, habt ihr euch in der Wolle gehabt. Mit den Hochzeitsglocken ist der Traum wohl aus, wie?«
    »Ja.«
    »Ist es endgültig aus zwischen euch?«
    »Ja.«
    »Na, wenn du mich fragst, Angela, altes Mädchen, dann kannst du von Glück sagen. Sei froh, daß du ihn los bist. Es war mir schon immer ein Rätsel, wie du es so lange mit diesem Glossop aushalten konntest. Wenn man sich’s mal recht überlegt, gehört er doch höchstens zu den niederen Wirbeltieren. Ich halte ihn für eine ausgesprochene Niete. Ein gräßlicher Flegel, und obendrein noch ein Schaumschläger und Angeber. Das Mädchen, das sich lebenslänglich an so eine Knallcharge wie Tuppy Glossop kettet, kann einem wirklich leid tun.«
    Und ich ließ ein bellendes Lachen hören – eins von der spöttischen Sorte.
    »Ich dachte immer, ihr wärt gute Freunde«, sagte Angela.
    Ich bellte noch einmal, diesmal noch etwas ätzender als beim erstenmal. »Freunde? Kein Gedanke. Gewiß, ich war höflich, wenn ich diesem Menschen begegnete, aber es ist völlig abwegig zu sagen, daß er ein Freund von mir war. Eher ein Bekannter aus dem Club, und dazu noch ein entfernter. Außerdem ging er mal in dieselbe Schule wie ich.«
    »Eton?«
    »Aber nein, wo denkst du hin! So was wie ihn würden wir in Eton nicht dulden. Nein, das war in der Vorschule. Er war ein struppiger kleiner Schmutzfink. Ich erinnere mich noch, daß er meistens über und über mit Staub und Tinte verschmiert war und sich nur jeden zweiten Donnerstag wusch. Mit anderen Worten, ein völliger Außenseiter, der von allen gemieden wurde.«
    Ich machte eine Pause, denn ich war etwas verstört. Abgesehen von der Tatsache, daß es mir stark contre cœur ging, in dieser Weise über einen Mann zu reden, mit dem ich immer dicke Tunke gewesen war – wenn er mich nicht gerade im korrekten Abendanzug ins Schwimmbecken des Clubs stürzen ließ –, schien auch der erhoffte Erfolg auszubleiben. Bei ihr tat sich rein gar nichts. Sie starrte nur ins Buschwerk, ohne »Muff« zu sagen, und hörte sich meine ehrenrührigen Schmähreden offenbar seelenruhig an.
    Ich versuchte es noch mal:
    »›Grobschlächtig‹ wäre ein treffendes Wort für ihn. Ich habe im Leben noch kein grobschlächtigeres Kind gesehen als diesen Glossop. Wenn du einen von denen, die ihn damals gekannt haben, bittest, ihn mit einem treffenden Wort zu charakterisieren, werden sie unweigerlich das Wort ›grobschlächtig‹ wählen. Und heute ist er noch genauso. Es ist das alte Lied. Der Knabe ist der Vater des erwachsnen Mannes.«
    Sie hatte anscheinend nichts gehört.
    »Der Knabe«, wiederholte ich, damit sie es diesmal mitbekäme, »ist der Vater des erwachsnen Mannes.«
    »Wovon sprichst du denn?«
    »Ich spreche von diesem Glossop.«
    »Ich dachte, du hättest etwas von einem Vater gesagt.«
    »Ich sagte, der Knabe sei der Vater des erwachsnen Mannes.«
    »Welcher Knabe?«
    »Der Knabe Glossop.«
    »Er hat gar keinen Vater mehr.«
    »Das habe ich auch nicht behauptet. Ich sagte nur, er sei der Vater des Knaben – oder vielmehr des erwachsnen Mannes.«
    »Welcher Mann?«
    Ich merkte, daß unsere Unterhaltung an einem Punkt angekommen war, wo man aufpassen mußte, daß nicht alles

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