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Dann fressen sie die Raben

Dann fressen sie die Raben

Titel: Dann fressen sie die Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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hebt grinsend den Daumen, »vegetarischer Biopizza oder zweitens«, er streckt den Zeigefinger, »Pizza Speziale oder drittens«, er streckt auch noch den Mittelfinger, »Pizza Thunfisch.«
    »Wow, ein Gourmetkoch also!« Jetzt muss ich auch grinsen. »Wagner oder Ofenfrische?«
    »Ofenfrische.«
    Ich wähle die mit Thunfisch und er geht in die Küche, um alles vorzubereiten.
    Vielleicht sollte ich sein Angebot annehmen, mit zu ihm kommen und an seinem Computer arbeiten? Ich war noch nie in seiner Wohnung und bin neugierig, wie es bei dem Fluch zu Hause wohl aussieht. Ich folge ihm in die Küche, und weil er gerade so nett war, frage ich ihn jetzt doch nach Linas Handy.
    »Ihr Handy?« Er reißt die Klarsichtfolie von den Pizzen, als wären es Stahlketten, die er sprengen müsste. »Keine Ahnung. Ist es denn nicht bei ihren Sachen?«
    »Nein.«
    Er knüllt die Folie zusammen und feuert sie in den Müll, dann schaut er mich verwundert an. »Komisch, Lina hing ständig an ihrem Handy. Aber irgendwie scheinen sich die Dinger in dieser Wohnung in Luft aufzulösen. Mein Vater vermisst seins auch schon eine Weile. Aber vermutlich ist er froh darüber. So ein Luxusgegenstand ist zu viel für Seine Heiligkeit.«
    Ich überlege und frage ihn dann, ob er es nicht auch merkwürdig findet, dass Lina keinen Abschiedsbrief geschrieben hat. Das ist natürlich eine Fangfrage, wenn Dennis wirklich recht hatte, dann komme ich vielleicht so weiter.
    »Na ja, dass sie keinen Brief hinterlassen hat, ist schon seltsam. Aber weißt du, sie war in letzter Zeit sehr verschlossen.«
    »Der ominöse Freund, ich weiß.« Ich sehe ihn an. »Und du hast keine Ahnung, wer das gewesen sein könnte? Kann es vielleicht sein, dass …«
    »Was denn?«
    Jetzt oder nie, denke ich, ich muss wissen, ob es stimmt, was Dennis gesagt hat.
    »Wäre es möglich, dass sie in dich verliebt war?«
    Alex runzelt die Stirn. »Wie kommst du denn auf so einen Blödsinn?«
    Ich hab versprochen, Dennis nicht zu verraten. »Hab ich gehört … in der Schule.«
    »Ja, die erzählen sich auch, dass Frau Paul mit King Kong schläft. Echt, Schwachsinn!«
    Er schüttelt den Kopf. Er wirkt genervt und nicht die Bohne interessiert, aber trotzdem habe ich den Eindruck, als ob das nicht die ganze Wahrheit ist. Als ob er mir etwas verschweigt. »Wirklich, Ruby«, bekräftigt er noch einmal und seine Beteuerungen bewirken bei mir prompt das Gegenteil, »ich hab keine Ahnung, was genau los war. Aber dass etwas mit Lina nicht stimmte, das haben alle gesehen.«
    »Super, und keiner hat was unternommen?«
    Seine braunen Augen verdunkeln sich zu schwarzen Seen, dann räuspert er sich, als müsste er seiner Stimme erst noch gut zureden. Für einen Moment wird mein Stiefbruder richtig menschlich.
    »Nein, und das tut mir verdammt leid.« Er lehnt sich gegen die Küchentheke. »Ich meine, es war nicht leicht, plötzlich eine Schwester zu kriegen, und dann auch noch so ein Plappermaul, das alle um den Finger gewickelt hat.« Jetzt schaut er direkt in meine Augen. »Ich hoffe so sehr, dass sie es schafft.«
    Na toll. Das torpediert nun auch den letzten Rest meiner Selbstbeherrschung und ich fange an zu heulen. Ich setze mich an den Küchentisch, lege den Kopf auf die Platte und schluchze jämmerlich.
    Er kommt zu mir und tätschelt meinen Rücken. »Hey, hey, so habe ich das doch nicht gemeint. Natürlich schafft sie es. Und vielleicht ist sie dann sogar wieder so fit wie vorher.«
    »Was willst du damit sagen?« Ich hebe alarmiert den Kopf.
    »Ich habe Oliver belauscht, wie er mit deiner Mutter darüber gesprochen hat, welche Spätschäden bei Lina durch das Koma entstehen können.«
    Was redet er da für entsetzliches Zeug? Jetzt sehe ich Lina vor mir, bleich, in einem Rollstuhl, sabbernd oder mit spastischen Lähmungen. Nun kann ich erst recht nicht mehr aufhören zu weinen. Meine strahlend schöne Schwester.
    »Warum erzählst du mir das?« Ich schlage seinen Arm weg, wische mit der Hand über Nase und Augen und versuche, mich zu beruhigen. Ich hole mir ein Küchenpapier, schnäuze mich gründlich und lasse die Bombe platzen, nur um zu sehen, was er dazu sagen wird.
    »Wenn du mich fragst, wollte Lina gar nicht sterben. Da ist irgendetwas anderes passiert. Sie hatte Angst.«
    Alex lässt mich los, geht zum Ofen, schiebt die Pizzen hinein und dreht sich dann zu mir um. Seine Augen sind wieder braun, aber sie glitzern metallisch wie Messerspitzen. »Und wieso? Glaubst du im Ernst, jemand

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