Dann klappt's auch mit dem Doktor
Eierklauen erwischt. Ich fasse das nicht!
»Woher weiÃt du überhaupt, mit wem ich essen gehe? Spionierst du mir nach?«
Nils geht zum Angriff über: »Da sieht man wieder, wie egozentrisch du bist. Du bist nicht der Nabel der Welt. Du kannst essen gehen, mit wem du willst. Das geht mich nichts an, und es interessiert mich auch nicht.«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet. Also?«
»Bilde dir mal bloà nichts ein. Ich habe euch zufällig gesehen. Ich wohne dort um die Ecke, falls du es vergessen hast, und musste mittags nach Hause, um einen Handwerker reinzulassen.«
»Nils. Till ist mein bester Freund. Du kennst ihn von dem Abend im Carlssons, wo er, zugegeben, etwas anders aussah. Er war auch derjenige, der meinen Vortrag gerettet hat, als mir der PC vor dem Einreichen abgestürzt ist. Das wollte ich dir schon die ganze Zeit erzählen, aber du hörst mir ja nicht mehr zu.«
»Das ist auch egal, es geht hier ums Prinzip. Darum, wie abfällig jemand wie du andere behandelt.«
Langsam kapiere ich seine Logik nicht mehr.
»Ich habe niemanden abfällig behandelt. Komm mal wieder runter. Till ist mein bester Freund. Weiter nichts. Und weiÃt du was? Du hast recht. Selbst wenn es nicht so wäre. Es geht dich nichts an, denn wir beide sind nur Kollegen. Aber als Kollegin erwarte ich von dir ein Mindestmaà an Respekt.«
Mein Pieper fängt an zu fiepen: »Frau Dr. Plüm, bitte dringend in die Notaufnahme«, rauscht es knackend aus dem kleinen schwarzen Kasten an meinem Gürtel.
Nils schiebt sich an mir vorbei.
»Du solltest dich lieber beeilen. Wir kommen hier schon ohne dich klar.«
»Kannst du nachher wenigstens mit mir zusammen den neuen Patienten auf der Jugendstation visitieren? Er ist privat, und die Eltern möchten, dass er von dir mitbetreut wird.«
Nils zieht eine Augenbraue hoch.
»Hey, ich habe mir das nicht ausgedacht. Du kannst auch gerne alleine hingehen, dann müsste ich ihn dir allerdings noch vorstellen«, entschuldigend hebe ich die Hände. Nils atmet tief durch.
»Schon gut. Melde dich einfach bei mir, wenn du in der Notaufnahme fertig bist.«
Dr. Klemme betritt die Toilette und hält verdutzt inne:
»Frau Plüm!« Er blickt Nils hinterher, der an ihm vorbei den Gang hinuntereilt, die aufgeschreckte Katharina einen halben Meter hinter sich im Schlepptau.
Dann wendet er sich mir wieder zu und schüttelt den Kopf. »Frau Plüm, Frau Plüm, Frau Plüm! Was soll ich denn davon halten? Halten Sie hier drin etwa Ihre abteilungsinternen Besprechungen ab?«
Bei dem Wort Besprechung imitiert er mit seinen Zeigefingern GänsefüÃchen.
»Nein. Die, ähm, Damentoilette ist defekt. Tut mir leid. War eilig.«
Professor Astrup scheint zu befürchten, dass ich mich bei Moby Fit langweilen könnte, so häufig, wie er mich in die Notaufnahme rufen lässt. Ab einer Wartezeit von zwei Stunden muss dort ein zweiter Assistenzarzt einspringen.
Ein zwölfjähriger Junge, der ein wenig Nasenbluten hatte, erwartet mich mit seiner besorgten Tante.
»Ich habe nicht in der Nase gebohrt, sondern einfach nur so Nasenbluten bekommen«, versucht er mir weiszumachen.
»Da muss man den Jungen doch mal genau anschauen«, fordert die Tante. Das tue ich auch. Unter dem Nagel seines rechten Zeigefingers entdecke ich einen eindeutigen Nasenpopeln-Blutkrustenrand. Nachdem ich ihn überführt habe, gibt er es endlich zu. Natürlich hat er ausführlich in der Nase gepopelt. Dann blutet es halt auch mal.
Während der nächsten Stunden arbeite ich zusammen mit Schwester Petra die Warteliste rasch ab. Zügig behandle ich an die fünfundzwanzig Kinder mit Husten, Schnupfen, Ohrenschmerzen und Verstopfungen. Für die Entfernung einer Zecke, die sich an einer delikaten Stelle festgesaugt hat, brauche jedoch selbst ich ein wenig länger. Die kleine freche Zecke hat sich am Hoden eines fünfjährigen Jungen festgesaugt. Oder, wie er es ausdrückt: »Unterm Swänzchen.«
In der Tat, da sitzt sie. Nun kämpfe ich gegen die mächtigste männliche Urangst überhaupt an. Der Junge hat wirklich panische Angst, das ewig penisneidische Weib könnte ihm mit der Zeckenzange sein bestes Stück abknipsen. Es bedarf einiger Geduld und Ãberredungskunst, dann ist der Störenfried entfernt. Die Zecke natürlich. Ich bin sehr zufrieden. Gute
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