Dann klappt's auch mit dem Doktor
Behandlungsergebnisse machen eine ambitionierte Ãrztin glücklich. Heute scheint, abgesehen von dem durchgedrehten Nils, ein guter Tag zu sein.
Als Nächstes folgt die Behandlung einer Chassaignac-Lähmung. Ein kleines Mädchen, das seinen linken Arm nicht mehr bewegen kann, wird eingeliefert. Zuvor war sie an der Hand der Mutter gestolpert und diese hatte sie gut festgehalten. Dabei kann bei kleinen Kindern einer der Unterarmknochen im Ellenbogengelenk verrutschen. Da sitzt das Mädchen nun, mit bewegungslos herunterhängendem, leicht nach innen gedrehtem Arm. Während ich mich noch mit der völlig aufgelösten Mutter unterhalte, habe ich den Arm auch schon wieder eingerenkt. Das löst im Nachhinein ein massives Protestgeschrei der kleinen Lea aus. Sie hat damit nicht gerechnet, es hat ein bisschen weh getan, und sie hat sich erschrocken. Ich bitte die Mutter, mit Lea in unser Spielzimmer zu gehen, um zu beobachten, ob sie den Arm wieder bewegen kann.
Eine halbe Stunde später schaue ich nach. Lea spielt konzentriert mit einigen Bauklötzchen. Sie schaut hoch und winkt mir lachend mit beiden Händen zu. Perfekt! Dann springt sie auf, läuft auf mich zu und gibt mir zum Dank ein Küsschen auf die Wange. Mir kommen gleich vor Rührung die Tränen! Mutter und Kind verlassen freudestrahlend die Klinik. So fühlt sich Medizin richtig gut an. So sollte sie sich immer anfühlen!
Gegen achtzehn Uhr ist die Warteliste so weit reduziert, dass der Kollege vom Frühdienst und ich den Spätdienst-Kollegen mit gutem Gewissen alleine lassen können. Ich rufe Nils von der Notaufnahme aus in unserem Zimmer an. Er geht gleich selbst ran, also scheint sein nerviger Schleimschatten schon Feierabend zu haben.
»Ich bin in der Notaufnahme jetzt fertig. Wenn du Zeit hast, können wir uns auf der Jugendstation zur Visite der Neuaufnahme treffen.«
»Es ist ganz schön spät geworden.«
»Wenn du keine Zeit hast, weil du wieder in irgendwelche Cafés musst, verlegen wir es auf morgen. Ich kann die Eltern heute auch einfach von dir grüÃen. Das wird schon klappen.«
»Nein. Ist schon gut. Wir sehen uns oben.«
Wir treffen uns im Schwesternzimmer, damit ich Nils die nötigen Informationen geben kann.
»Wo ist denn dein Schatten abgeblieben?«, begrüÃe ich ihn.
»Was sollen diese sinnlosen Kommentare, Anna? Das verbitte ich mir. Katharina ist eine engagierte Studentin, die hier hervorragenden Einsatz zeigt.«
»Ich verbitte mir hier auch einiges. Zum Beispiel die schlechte Laune, die du in letzter Zeit verbreitest.«
»Mit deinen provokanten Sprüchen machst du es nicht besser.«
»Können wir uns jetzt um den Patienten kümmern?«
»Dann schieà mal los.«
»Also Connor, jetzt fünfzehn drei-zwölftel Jahre alt, war schon mal bei dir in der Moby-Fit -Ambulanz. Dann hat er das Programm abgebrochen. Er hat danach dreizehn Kilo zugenommen und wiegt jetzt knapp achtundneunzig Kilo. Aktuell wurde er vom Hausarzt wegen linksseitiger Schmerzen in der Brust mit Verdacht auf einen Herzinfarkt bei uns eingewiesen. Den haben wir ausgeschlossen. Hier sind EKG , Echo und Laborwerte. Alles unauffällig. Wir beobachten ihn noch für eine Nacht und machen dabei gleich den Adipositas-Check-up.«
»Ist dabei schon was rausgekommen?«
»Blutfette und Harnsäure sind zu hoch, was uns bei seiner Ernährung, die hauptsächlich aus Pizza mit doppelt Käse und Bratwurst besteht, nicht wundert. Die Langzeitblutdruckmessung läuft noch. Zuckerwerte waren bislang in Ordnung.«
»Gut. Dann lass uns mal bei ihm vorbeischauen.«
Connor thront in seinem Krankenbett, umringt von seinen Eltern und seiner kleinen fünfjährigen Schwester. Er mampft gerade eine Currywurst mit Pommes rotweiÃ.
»Oh, guten Tag, Herr Doktor. Schön, Sie zu sehen!«
Connors ebenfalls adipöse Eltern erheben sich mühsam und begrüÃen Nils freudestrahlend.
»Guten Tag. Wie geht es Ihnen?«
»Gut, jetzt wo wir wissen, dass mit Connors Herz alles in Ordnung ist. Ihre Oberärztin hat sich so gut um uns gekümmert.« Mama-Connor lächelt mich mütterlich an.
Denner zieht die Augenbraue hoch.
»Das mit der Oberärztin stammt nicht von mir«, flüstere ich ihm zu. Er wendet sich Connor zu, der sich schnell noch ein paar Pommes in den Mund stopft.
»Und wie geht es
Weitere Kostenlose Bücher