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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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schlage nicht einmal vor, wirklich etwas gegen Bollschweiler zu unternehmen, sondern werfe nur nebenbei ein, seine Bemerkungen gegen uns Schüler wären oft grenzwertig, da merke ich bereits, wie alles verpufft.
    Â»So schlimm ist es doch gar nicht«, meint Paul, und Simon nickt. »Du musst dir einen Panzer wachsen lassen, später kommen noch ganz andere Gegenwinde auf uns zu. Aufwachen, Mäxchen, Brückners Schmusekurs ist vorbei! An deinem Anzug sieht man doch schon, dass du dich nicht mehr unterbuttern lassen willst. Bollis Sprüche steckst du doch in die Hosentasche, oder?« Er schlägt mir auf die Schulter und schiebt mich in den Kursraum. Das war’s.
    21.
    In den folgenden Wochen werden wir zu Robotern. Die meisten aus Bollschweilers Leistungskurs haben immer Kopfschmerztabletten in ihrer Schultasche, schlucken fast in jeder Pause eine. Marie-Luise stöhnt, sie könne kaum noch schlafen vor Angst angesichts der bevorstehenden Abiprüfungen. Simon gesteht, er sei vorübergehend aus dem Tennisverein ausgetreten, bis die Prüfungen überstanden seien. Tage, an denen ausnahmsweise mal eine Doppelstunde ausfällt, werden nicht zu gemeinsamen Essen in der Mensa oder zum Sonnen im nahe gelegenen Park genutzt, sondern jeder sieht zu, dass er so schnell wie möglich nach Hause kommt, um dort allein weiterzulernen. Aus Freunden und Schulkameraden sind Leidensgenossen geworden, vor allem aber erbitterte Konkurrenten. Mir bietet nicht einmal Paul noch an, mit ihm gemeinsam zu lernen, in den letzten Tagen ist er wortkarg geworden und seine Schwärmerei für Bollschweiler ist einem bleichen Duckmäusertum gewichen. Er meldet sich unentwegt in dessen Unterricht, versucht immer der Beste zu sein, und wenn er etwas nicht weiß, formuliert er geschickte, intelligente Fragen, deren Antworten oft dem gesamten Kurs weiterhelfen. Dennoch fühlt sich niemand hinterher wirklich sicherer, weil Bollschweiler sich nie zu einem Lob oder einem Wort der Anerkennung hinreißen lässt. Richtige Antworten in Mathe sind für ihn eine Selbstverständlichkeit. Wer diese nicht oder nicht oft genug bringt, fällt durch sein Raster. Ich verabscheue ihn.
    Â»Wenn wir das beide geschafft haben«, stöhnt Paul nach einer besonders nervenaufreibenden Stunde, wir stehen in der Cafeteria unserer Schule nach einem Cappuccino an. »Die Abiklausur meine ich, und beide da irgendwie durchgekommen sind und eine passable Note hingelegt haben, dann lassen wir es so richtig krachen, was meinst du, Max? Wir werden uns so frei fühlen wie schon ewig nicht mehr, und dann feiern wir bis zum Umfallen. Was meinst du?«
    Â»Ich weiß gar nicht mehr, wie das ist«, sage ich mehr zu mir selbst als zu ihm. »Mich frei fühlen. Ist irgendwie schon ewig her. Im Moment ist doch alles nur blöd.«
    Paul stutzt. Er sieht mich an, als wäre ich gerade erst von einer langen Reise zurückgekehrt und hätte ihm vier Wochen lang weder eine SMS, eine Mail noch eine Postkarte geschrieben. Nur allmählich klart sich sein Blick auf.
    Â»Ach so«, stottert er. »Mensch ja, dir geht’s gerade nicht so gut, ich weiß doch. Du vermisst dein Blumenmädchen immer noch, wie? Und jetzt auch noch Bolli, der ist echt nichts für schwache Nerven. Aber was mich betrifft, ich habe jetzt so viel gepaukt, dass kaum noch was schiefgehen kann. Nur die paar Wochen noch, und dann haben wir es hinter uns! Dann wird gefeiert! Hast du eigentlich schon einen Studienplatz?«
    Ich schüttle den Kopf.
    Â»Meine Bewerbung läuft auch noch«, versucht er mich zu trösten. »Komm, Max, Kopf hoch. So schlimm ist es doch alles gar nicht. Diese Delia war doch nicht wirklich deine Kragenweite, du hast Annika, und wenn alles zusammenbricht, bin ich als dein alter Kumpel auch noch da. Hey, zusammen schaffen wir das, und nach dem Abi sind erst mal Ferien, die nie zu Ende gehen, denn das Semester fängt ja erst im Oktober an! Wollen wir nicht zusammen wegfahren? Sechs, acht Wochen Amerika, da mit einem Wohnmobil herumgondeln, und nichts kann uns aufhalten? Das wär doch super.«
    Â»Ich denk drüber nach«, verspreche ich ihm und versuche, mir nicht anmerken zu lassen, wie verzweifelt ich versuche, so etwas wie Freude zu spüren. Der Gedanke ist nett von Paul, er verdient es, dass ich seine Begeisterung teile, auch wenn er nicht mal an meiner Oberfläche kratzt, sondern meinen Kummer mit

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