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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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erwähnten vorhin, dass wir vor allem für unsere Schüler da sein müssen, die gewiss unter Schock stehen. Ich sehe hier gerade einen Eintrag auf Maximilians Profil bei Facebook«, berichtet sie. »Irgendjemand hat anonym gepostet: Montag früh ist Dienstbesprechung der Lehrer, Unterrichtsbeginn also erst zur zweiten Stunde. Ich wette, Max wird auch für sie ein Thema sein. Sollen die Pauker sich die Mäuler über ihn zerreißen … ich hoffe nur, einigen wird dämmern, dass auch sie eine Mitschuld an Max’ Tod tragen. Diejenigen unter den Lehrern nämlich, die glauben, wir Schüler seien Maschinen, in die man nur Wissen oben reintrichtern muss und dann kommt unten ein perfekter Mensch raus. Ich soll keine Namen nennen? Tu ich aber: An oberster Stelle … «
    Â»Es reicht, Frau Melberg!«, fährt Krüger dazwischen. »Dies vorzulesen, führt uns jetzt zu weit weg, und es ist völlig unangemessen, diese Notiz hier so frei zu verkünden. Wir wollen bitte sachlich bleiben, auch für uns ist es mehr als bitter, was geschehen ist, da müssen wir uns nicht noch gegenseitig denunzieren. Weitere Meldungen bitte.«
    Irina Melberg stellt ihr Netbook auf Stand-by. Brückner hebt erneut seine Hand.
    Â»Leider war ich eine ganze Weile außer Gefecht gesetzt und bin es auch weiterhin«, beginnt er. »Aber gerade deshalb interessiert es mich, wie es mit Maximilian in meiner Abwesenheit weitergegangen ist. Ist niemandem eine Veränderung an ihm aufgefallen? Herr Bollschweiler, Sie haben dankenswerterweise das Tutorium übernommen, und sicher war es erfrischend für die Schülerinnen und Schüler, einmal Unterricht bei einem jungen Lehrer zu haben, der bestimmt ganz neue, moderne Methoden und Medien einsetzt. Wie wirkte Maximilian auf Sie?«
    Bollschweiler knetet seine Hände, blickt auf die Tischplatte, ehe er sich plötzlich reckt und seine Brust strafft.
    Â»Verträumt war er und wirkte desinteressiert«, berichtet er. »Maximilian hatte alles Mögliche im Kopf, nur nicht Mathematik. Freiwillig gemeldet hat er sich so gut wie nie, und normalerweise bin ich nicht der Typ, der sich wegen solcher Schüler noch groß die Beine ausreißt. Da stimme ich mit der Kollegin Schrader absolut überein, wir können nicht auf jedes Wehwehchen eingehen. Ich meine, die Jugendlichen sind fast allesamt volljährig, müssen wir die noch erziehen? In dem Alter, zumal wenn man das Gymnasium besucht, kann man doch davon ausgehen, dass die jungen Leute wissen, warum sie im Klassenraum sitzen. Denen muss klar sein, dass es um etwas geht, nämlich um ihre eigene Zukunft. Schule kann nicht immer nur Spaß machen, und sie muss es auch nicht. Die meisten in meinem – und ja auch Ihrem – Leistungskurs haben das begriffen und sich angestrengt. Nicht so Maximilian. Der junge Herr saß immer nur teilnahmslos da, und wenn ich ihn aufrief, obwohl er sich nicht meldete, was ich, wie gesagt, aus eben aufgeführten Gründen nur selten tue, war das Ergebnis durchweg negativ. Er saß auf seinem Platz und schwieg mich an.«
    Â»Und die schriftlichen Arbeiten? Tests?«
    Â»Liefen geringfügig besser. Sie erwähnten ja bereits, dass er mit Unterstützung seines Mitschülers Paul Fischer häufiger lernte.«
    Â»Er war nicht dumm, das können Sie sicher bestätigen. Aber haben Sie keinen Versuch gemacht, ihn zu motivieren?«
    Â»Ich schilderte bereits, wie ich mit unmotivierten Schülern umgehe.«
    Â»Dennoch hatten Sie die Aufgabe, ihn angemessen auf sein Abitur in Mathematik vorzubereiten statt ihn links liegen zu lassen. Unsere Schüler sind uns anvertraut, und wir sind angehalten, das Bestmögliche aus ihren Fähigkeiten herauszuholen.«
    Â»Was in den Jahren zuvor nicht gelungen ist, war die paar Wochen vor dem Abi nicht mehr aufzuholen. Ich darf daran erinnern, dass ich lediglich zu Ihrer Vertretung eingesetzt wurde. Maximilians schulische Probleme liegen also weiter zurück, dementsprechend weise ich jegliche diesbezüglichen Vorwürfe entschieden von mir.«
    Â»Maximilians Situation in Mathe war vor meiner Erkrankung keineswegs aussichtslos«, korrigiert Brückner. »Er hatte Schwierigkeiten, und er war in den letzten Wochen weiter abgesackt, jedoch konnte ich ihn überzeugen, sich dennoch anzustrengen, bis die Fragen um seine weitere Laufbahn geklärt wären. Wie verlief seine

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