Dann mach ich eben Schluss
die Zimmertür von auÃen schlieÃt, als gäbe es diesen Raum nicht. Doch auch das verschafft ihm keine Erleichterung. Also steht das Zimmer weiter offen, und jeder aus der Familie versucht auf seine Art, mit dem inneren Zwiespalt, ihn zu meiden oder weiter in den Alltag einzubeziehen, fertig zu werden.
Corinna entgeht es nicht, dass ihre Tochter von Anfang an versucht, die Lücke, die Max hinterlassen hat, durch eigene Umtriebigkeit auszugleichen. Natalie wirkt ruhelos, tigert in der Wohnung hin und her, verschwindet im Bad oder steht unentschlossen vor dem Kühlschrank, blättert in der Fernsehzeitung und schaltet sinnlose Dokusoaps auf Privatsendern ein. Manchmal telefoniert oder chattet sie, surft im Internet. Ihr Saxofon rührt sie nicht an. So vergehen ein paar Tage, ehe sie anfängt, der Mutter kleine Einkäufe abzunehmen, kurze Spaziergänge zu machen, nie länger als ein paar Minuten.
»Was wollt ihr eigentlich mit Maxâ Zimmer machen?«, fragt sie eines Abends beim Essen. Corinna zuckt zusammen. Matthiasâ Besteck fällt klirrend auf den Teller.
»Wie kommst du jetzt darauf«, fragt Corinna, als sie sich wieder halbwegs gefangen hat.
»Ihr habt noch nichts darin gemacht«, antwortet Natalie. »AuÃer ein bisschen aufgeräumt. Irgendwas muss ja damit passieren.«
»Aber doch nicht jetzt schon.« Corinna nimmt einen Schluck von ihrer WeiÃweinschorle. »Es ist doch alles noch so frisch. Im Moment würde es mir noch viel zu wehtun, das Zimmer auszuräumen.«
Matthias nimmt sein Besteck wieder auf, abends isst er sein Schinkenbrot mit Messer und Gabel, eine Angewohnheit, bei der er jedes Mal Natalies Blick leicht spöttisch auf sich ruhen fühlt; dennoch lässt er nicht davon ab.
»Vielleicht ist die Idee nicht verkehrt«, meint er schlieÃlich. »Wir müssen nichts überstürzen, aber ein paar erste Gedanken können wir uns machen. Welche Vorstellungen hast du, Natalie?«
»Keine Ahnung«, sagt sie. »Ich merke nur, wie weh es mir jedes Mal tut, in seinem Zimmer zu stehen, zum Beispiel, wenn ich was vom USB-Stick ausdrucken will. Max ist überall, aber ich sehe ihn nicht und kann nicht mit ihm reden. Ich stehe da nur mit meinen Fragen â¦Â«
Corinna legt ihre Hand auf die ihrer Tochter. »Meinst du, das würde sich ändern, wenn wir es jetzt schon leer räumen? Ich weià nicht. Du merkst doch selbst, wie dich der Gedanke noch überfordert. Wenn wir es jetzt schon neu einrichten, hätte ich das Gefühl, wir würden so tun, als hätte es Max nie gegeben. Das schaffe ich einfach noch nicht.«
»Es muss wirklich nicht gleich sein«, beteuert Natalie.
»Langfristig wäre es natürlich nicht schlecht, ein Gästezimmer einzurichten«, gibt Matthias zu bedenken. »Meine Firma hat immer mal Besucher von auswärts, da wäre es sinnvoll â¦Â«
»Die können sich ja wohl ein Hotel leisten oder bekommen es gesponsert«, unterbricht ihn Natalie. »Aber ein Austauschschüler zum Beispiel, es kann natürlich auch ein Mädchen sein. Dann wäre wieder Leben in dem Zimmer und bei uns.«
»Ich weià nicht.« Corinna legt ihr Buttermesser hin, sie fühlt wieder Tränen aufsteigen. »Ich glaube, jedes Mal, wenn ich aus dem Zimmer Geräusche höre, würde ich denken, es sei Max. Lasst uns noch warten.«
»Die Idee an sich ist aber nicht schlecht.« Matthias nickt seiner Tochter zu. »Eine Gymnasiastin oder Studentin aus Frankreich zum Beispiel könnte ich mir gut vorstellen. Oder Finnland, vielleicht Norwegen. Dort haben sie überall hervorragende Bildungssysteme. Wenn etwas davon im täglichen Umgang auf dich abfärbt, kann das nur von Vorteil sein.«
»Das ist wieder typisch.« Natalie nimmt sich noch eine Scheibe Käse; nach der Krankenhauskost tut es ihr gut, wieder zu Hause zu essen. »Du denkst nur ans Lernen. So weit bin ich noch lange nicht, auÃerdem sind immer noch Sommerferien. Ich fände jemanden aus Amerika cool.«
»Ich weigere mich!«, ereifert sich Corinna. »Ich kann nicht einfach meinen Sohn gegen irgend einen x-beliebigen Jugendlichen aus dem Ausland eintauschen. Wie ihr darüber redet ⦠Max ist erst seit ein paar Wochen tot, und ihr redet über Austauschschüler, als wäre er nur für ein Jahr weg! Vermisst ihr ihn denn gar nicht?«
»Es sind alles nur
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