Dann muss es Liebe sein
ein Pullover eine Puppe zur Welt bringt, indem sie den Halsausschnitt über den Kopf der Puppe zieht.
Vielleicht bin ich ja zynisch, aber meiner Erfahrung nach hat das nicht viel mit einer Geburt zu tun. Eine echte Geburt ist viel schmutziger und sehr viel schmerzhafter.
»Manche Frauen wollen, dass ihr Partner die Nabelschnur durchschneidet«, sagt Bev.
Ich schaue in Alex’ Gesicht, und seiner Miene nach zu urteilen hat er genau das vor. Solange er nicht auch noch die Entbindung selbst durchführen will, denke ich, obwohl ich ihm durchaus zutraue, dass er das könnte. Ich erkläre, dass ich mein Baby in einem Krankenhaus zur Welt bringen möchte, wo ich alle Schmerzmittel nutzen werde, die ich kriegen kann, bevor mich eine Hebamme sicher von dem Kind entbindet, doch an den Reaktionen der anderen Paare merke ich, dass sich meine Vorstellungen offensichtlich nicht mit den ihren decken.
»Ich verstehe nicht, warum Frauen bei der Geburt um jeden Preis leiden sollen. Es ist ein schmerzhafter Vorgang – und genau aus diesem Grund haben wir Milliarden Pfund in die Entwicklung sicherer Schmerzmittel gesteckt.«
»Also, ich werde mein Kind zu Hause zur Welt bringen«, meldet sich eine der anderen zukünftigen Mamis zu Wort. Sie heißt Carol und macht sich Notizen auf einem BlackBerry. »Ich habe ein Wassergeburtsbecken bestellt und werde ein paar CD s mit passender Musik brennen. Das steht für morgen auf dem Plan.«
»Verraten Sie uns doch, welche Musik Sie nehmen werden«, sagt Bev begeistert.
»Ich dachte an Rachmaninow«, antwortet Carol, und mir fällt auf, wie alle anderen zusammenzucken. »Seine Musik ist voller Emotionen … und genau so soll auch die Geburt unseres entzückenden Babys sein.« Sie sieht ihren Begleiter Zustimmung heischend an. Er schwitzt in seinem Anzugjackett.
Alex fängt meinen Blick auf, und ich beiße mir auf die Lippen, um nicht zu lachen.
»Ich habe Kerzen und ätherische Öle gekauft«, berichtet Carol weiter. »Ich möchte, dass es eine wunderschöne Erfahrung wird. Ich möchte, dass es perfekt wird.«
»Das klingt wunderbar«, meint Bev. »Was ist mit Ihnen, Maz.«
»Mir reichen ein Paar Handschuhe und ein Eimer warmes Wasser«, entgegnet Alex an meiner Stelle, was die Stimmung wieder ein wenig auflockert. Allmählich wurde es doch etwas zu ernst für meinen Geschmack.
»Ich hatte einmal ein Paar, das einen schamanischen Trommler für die Geburt engagiert hat«, erzählt Bev, »womit ich Ihnen nur deutlich machen will, dass Sie die Geburt genau so gestalten können, wie Sie es gerne möchten. Das ist eine persönliche Entscheidung. Haben Sie keine Angst, der Hebamme zu sagen, was Sie sich vorstellen.«
Anschließend geht sie zu Massagen über und den verschiedenen Möglichkeiten, eine Geburt auszulösen, Himbeerblättertee etwa, Sex oder Curry, wie mir Lynsey schon neulich erzählt hat, oder eine Kombination von allen dreien. Dann erläutert sie uns eine Entspannungstechnik.
»Schließen Sie die Augen«, sagt sie leise. »Stellen Sie sich vor, wie sich das Baby ausrollt und ganz langsam den Geburtskanal hinabgleitet …«
Ich schließe die Augen. Ich spüre, wie Alex meinen Arm streichelt. Ich höre seinen Atem, er atmet im gleichen Rhythmus wie ich. Das Baby zappelt und beruhigt sich wieder …
… und als Nächstes merke ich, wie Alex mich anstupst.
»Maz«, flüstert er, »du bist eingeschlafen.«
»Bin ich nicht.«
»Das kommt oft vor«, meint Bev, offensichtlich stolz darauf, dass ihre Technik funktioniert. »So, hat jemand noch Fragen? Gibt es ein bestimmtes Thema, auf das ich beim nächsten Mal eingehen soll?«
Ich schäme mich viel zu sehr, um mich den bohrenden Blicken der anderen auszusetzen. Alex’ Blicken. Das wäre schlimmer, als splitternackt vor ihnen zu stehen, also behalte ich meine Frage für mich. Sie hat ohnehin nichts mit der Geburt zu tun. Nein, was ich wissen will, ist, was passiert, wenn ich mein Baby nicht lieben kann, wenn es erst einmal auf der Welt ist.
24
Hochwasser
Am nächsten Morgen bin ich um sieben Uhr auf den Beinen. Alex steht unter der Dusche, und der alte Fox-Gifford stattet Hal, der in einem Käfig mit Kissen, Schüsseln und Spielzeug sitzt – nicht, dass Hal auch nur die leiseste Ahnung hätte, was er mit der quietschenden Zeitung anfangen soll, die ich für ihn aus dem reichhaltigen Fundus des Otter House mitgenommen habe –, einen unangemeldeten Besuch ab.
Beim Anblick von Alex’ Vater, der in Pyjama-Oberteil und
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