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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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der High School und jedem Englischprofessor am College anlasten können, der Sie jemals im Unterricht zum Einschlafen gebracht hat), oder die Bibel wegen ihres Stils zu
lesen.
    Wenn es um intellektuelle Würdigung geht, ist Analyse ein
wunderbares Werkzeug, aber wenn ich anfange, über das kulturelle Ethos von Roger Corman oder die sozialen Implikationen von The Day Mars Invaded the Earth zu reden, dann
haben Sie meine Erlaubnis, dieses Buch in einen Briefkasten
zu werfen, es dem Verlag zurückzuschicken und IhrOeld zurückzuverlangen. Mit anderen Worten, wenn die Scheiße zu
tief wird, dann werde ich das Gebiet lieber verlassen als mich
in akzeptierter Englischlehrerweise zu verhalten und hüfthohe Stulpenstiefel anzuziehen.
Weiter.
     
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    Es gibt beliebig viele Stellen, wo wir unsere Diskussion über
»reale« Ängste anfangen könnten, aber beginnen wir nur so
zum Spaß mit etwas, das ein wenig abseits liegt: dem HorrorFilm als wirtschaftlichem Alp träum.
    Die Literatur ist voll von wirtschaftlichen Horror-Geschichten, auch wenn nur die wenigsten übernatürlicher
Natur sind. The Crash of 79 (dt: Crash 81) fällt einem ein,
ebenso The Money Wolves, The Big Company Look und der
wunderbare Roman McTeague (dt: Heilloses Gold) von
Frank Norris. Ich möchte in diesem Kontext nur einen einzigen Film behandeln, The Amityville Horror (dt: Amityville
Horror). Es mag noch andere geben, aber dieses eine Beispiel wird, glaube ich, genügen, eine weitere These zu unterstreichen: daß das Horror-Genre extrem biegsam, extrem anpassungsfähig, extrem nützlich ist; der Autor oder Filmemacher kann es als Stemmeisen verwenden, um verschlossene
Türen aufzubrechen, oder als winzigen, scharfen Pickel, der
die Scharniere einschlägt. Somit kann das Genre dazu benützt werden, fast jedes Schloß zu öffnen, das an Türen angebracht ist, hinter denen sich die Ängste befinden, und Amityville Horror ist dafür ein Musterbeispiel.
    Es mag jemanden in irgendeinem Hinterland von Amerika
geben, der nicht weiß, daß dieser Film mit James Brolin und
Margot Kidder in den Hauptrollen angeblich auf einer wahren Begebenheit beruht (die der verstorbene Jay Anson in
einem Buch gleichen Titels festgehalten hat). Ich sage »angeblich«, weil seit Veröffentlichung des Buches in den Medien verschiedentlich der Aufschrei »Schwindel!« laut geworden ist, und diese Schreie haben wieder angefangen, seit der
Film in die Kinos kam - und von den Kritikern fast einhellig
verrissen wurde. Nichtsdestotrotz wurde Amityville Horror zu den Kassenschlagern des Jahres 1979.
    Wenn es Ihnen einerlei ist, sollte ich mich an dieser Stelle
nicht über Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit der Geschichte auslassen, wenngleich ich zu diesemThema eine sehr
eindeutige Meinung habe. In unserem Zusammenhang spielt
es keine Rolle, ob es in dem Haus der Lutzes’ tatsächlich
spukte oder ob die ganze Sache erfunden war. Schließlich
sind alle Filme fiktiv, sogar die wahren. Die gute Filmversion
von Joseph Wambaughs The Onion Field fängt mit einem Vorspann an, der einfach sagt: Dies ist eine wahre Geschichte, aber das ist sie nicht; das Medium an sich macht sie fiktiv, und
das kann man unmöglich verhindern. Wir wissen, daß wirklich ein Polizist namens lan Campbell auf diesem Zwiebelfeld
ermordet wurde, und wir wissen, daß sein Partner, Karl Hettinger, entkam; wenn wir Zweifel haben, dann lassen Sie uns
in der Bibliothek nachsehen und es schwarz auf weiß auf dem
Mikrofilmlesegerät anschauen. Sehen wir uns die Polizeifotos von Campbells Leichnam an; sprechen wir mit Augenzeugen. Aber wir wissen, daß keine Kameras dabei waren, die
drehten, als die beiden kleinen Ganoven Campbell wegpusteten, und es war auch keine Kamera dabei, als Hettinger anfing, sich in Geschäften Sachen vom Regal zu holen, um sie
mittels Achselhöhlen-Expreß aus dem Geschäft zu bringen.
Filme erzeugen Fiktionen als Nebenprodukt, ebenso wie kochendes Wasser Dampf erzeugt … oder wie Horror-Filme
Kunst produzieren.
    Würden wir uns über die Buchfassung von The Amityville
Horror unterhalten (das tun wir nicht, entspannen Sie sich),
dann wäre es wichtig, vorher zu entscheiden, ob wir über Belletristik oder über ein Sachbuch sprechen. Aber was den Film
anbelangt, so ist das einfach nicht wichtig; er ist so oder so
fiktiv.
    Betrachten wir Amityville Horror also nur als eine Geschichte, bei der es einerlei ist, ob sie »wahr« oder »erfunden« ist. Sie ist einfach und schnörkellos, wie die

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