Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
Gesteinsbrocken und Holzsplittern übersäten Parkettboden.
Ich befand mich in einem Kinderzimmer; an den steinernen Wänden hingen pastellfarbene Teppiche, ein halbherziger Versuch, das Ganze weniger trostlos erscheinen zu lassen. Überall lag kaputtes, brennendes Spielzeug. In einer Ecke stand ein prachtvolles Bettgestell aus Mahagoni, und ich sah, wie der Smaragd auf der Stirn des Kindes aufglühte.
„Oh, nein …“
Eddie schrie. Der Geruch – Eis und kaltes Blut, Maden und nasses Rattenfell – drückte mir auf die Kehle. Hätte ich etwas im Magen gehabt, ich hätte mich übergeben. Ich hatte gar nicht gewusst, dass Dämonen kotzen können. Santino. Es war sein Geruch, er war hier gewesen, ich wusste, dass er hier gewesen war. Also war er es, der da aus dem Fenster gefallen war.
Völlig am Ende und blutüberströmt lehnte Gabe an der Wand gegenüber. Ja, klar – sie war als Erste hier drinnen gewesen und auf Santino gestoßen. Wahrscheinlich hatte er uns schon erwartet, seit das Spektakel begonnen hatte. Wie schwer war sie verletzt? Mir blieb keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Eddie würde sich um sie kümmern.
Eddie kam wieder auf die Beine und schüttelte seinen zotteligen Kopf. Offenbar war er mit voller Wucht gegen die Stahltür hinter sich geknallt, die in dieses Zimmer führte. Sein Haar war angesengt, er selbst ganz schmutzig vom Staub der Steine. Er rannte zu Gabe. Lass sie keine schlimmen Verletzungen haben, betete ich, lass sie keine schlimmen Verletzungen haben …
Jace packte mich am Arm und riss mich hoch. Japhrimel landete im Zimmer und rollte sich ab. Den Mantel hatte er wieder eng um sich geschlungen. Er sprang auf die Füße und wirbelte herum. Als er mich sah, nickte er und eilte weiter zu Gabe. Ich schüttelte Jace ab und rannte zum Bett.
Das kleine Mädchen mit den riesigen, dunklen Augen saß kerzengerade da. Das einzige Licht stammte von dem Brand, dessen Widerschein durch das gewaltige Loch in der Wand ins Zimmer fiel. Glas von den Deckenlampen knirschte unter meinen Schritten. Ich blickte auf das Mädchen hinab.
Das ist kein Kind, dachte ich. Was soll ich tun?
„Los“, rief Japhrimel. „Bring Gabe zum Gleiter. Sie wird es überleben.“
„Er hat ihr den Magen rausgerissen!“, schrie Eddie, aber Japhrimel packte ihn bei den Schultern, und in seinen Augen funkelten einen Moment lang wieder grüne Flammen.
„Ich habe sie zusammengeflickt, sie wird es überleben. Wenn dir ihr Leben lieb ist, dann hau endlich ab!“ Damit schob Japhrimel Eddie beiseite.
„Was ist mit Santino?“, brüllte Jace.
Ich streckte die Arme aus.
Das Mädchen sah mich an. Die Kakofonie aus lärmenden Sirenen, menschlichen Schreien und Luftabwehrgeschossen verklang.
Sie hat Doreens Augen, dachte ich, und das Kind nickte.
Es war nicht nur ihre Schönheit, denn schön war sie zweifellos. Sie sah aus, als wären Luzifer und Doreen zu einer kleinen, vollkommenen Einheit verschmolzen. Leise sang der Smaragd in ihrer Stirn. Es war auch nicht nur, dass sie ihre Arme hochstreckte und mich anlächelte. Es war nicht einmal nur ihr vertrauter Geruch – eine Kombination aus frisch gebackenem Brot und etwas ganz Einzigartigem –, den mein Unterbewusstsein wiedererkannte.
Es war der Anflug von Wissen in ihren dunklen Augen, und das völlige Fehlen von Furcht. Ich wusste, sie hatte auf mich gewartet. Hatte irgendwie gewusst, dass ich kommen würde, und dieses Wissen akzeptiert. Und ebendieses Wissen ließ mich bis auf die Knochen erstarren.
Sie ist nicht menschlich. Und wenn es nun das Beste für sie wäre, ich ließe sie hei Santino?
Ich riss sie an mich und rannte zu den anderen. Ihre heißen, pummeligen Arme hatte sie mir um den Hals gelegt.
Eddie hatte soeben den dritten Golem’ai in Gang gesetzt. Schreie. Die schwere, robuste Tür, die in die anderen Teile des Schlosses führte, hallte von Rufen und Schlägen wider. Sie versuchten durchzubrechen. Santinos menschliche Armee war im Anmarsch.
Wo ist Santino hin? Wie lange wird er brauchen, um hierher zurückzukommen?
Ich hatte keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen.
Ich drückte das Mädchen Jace in die Arme. Er nahm es, bevor er überhaupt merkte, wie ihm geschah.. Schon schubste ich ihn aus dem Loch in der Wand, und dank der kinetischen Energie, die ich ihm lieferte, heulte sein Slicboard auf. Zu viel Psinergie, tut mir leid, Jace … „Bring sie zum Gleiter, Jace! Los, beweg dich!“ Japhrimel hob Gabe hoch, Psinergie donnerte
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