Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
kurz vorm Verhungern gewesen und hatte bereits den größeren Teil meines Rindfleisch Pho im Magen, als Gabe und ein wie so oft leise vor sich hin knurrender Eddie zur Tür reinkamen. Gabe sah in ihrem langen, schwarzen Polizeimantel aus synthetischer Wolle total cool und unnahbar aus. Der klebrige Plastikbezug der Sitzbank quietschte, als sie auf den Platz mir gegenüber glitt. Auch Eddie setzte sich nach einem kurzen Blick auf den Dämon, der kerzengerade neben mir saß und in die Ferne starrte, eine Tasse dampfenden Tees vor sich. Die verblichenen Schwarz-Weiß-Fotos von Vorfahren und Filmschauspielern, die in roten Rahmen aus Samt an der Wand hingen, ließen den Imbiss gemütlicher wirken, als er war. Die Bedienung brachte Gabe einen Kaffee und für Eddie eine Fischsuppe. Ich schlürfte weiter meine Nudeln. Eddie roch nach Erde und Gewalt, und Gabe hatte ein Monstrum von einem Veilchen, das vermutlich ganz frisch war, denn wenn sie noch Zeit gehabt hätte, hätte sie sicher einen Heilzauber angewandt. Ich sah sie lange an, bevor ich mir erlaubte, die Stirn krauszuziehen.
„Ich wurde letzte Nacht kurzfristig zu einer Chill-Razzia beordert“, sagte sie schließlich und warf das Haar über die Schulter zurück. „Irgendso ein bescheuertes Magi-Arschloch hat Chill in seinem Nachtklub vertickt. Als ob du das nicht wüsstest.“
Ich nickte. „Tut mir leid.“
Sie zuckte mit den Schultern. Ihr Schwert hatte sie zwischen die Knie geklemmt, und auch Eddie hatte vermutlich eine Waffe dabei. „Nicht deine Schuld, meine Liebe. Das hast du schon ganz richtig gemacht.“ Sie schob mir ein unförmiges, in braunes Papier gewickeltes Päckchen über den Tisch. „Die Erweiterung deiner Lizenz, zwei H-DOC, ein Generalwaffenschein und ein Plugin fürs Netz. Ein offiziell abgesegnetes Plug-in.“
Mir fiel die Kinnlade herab. Japhrimel sah auf den Tisch hinunter und malte immer und immer wieder mit seinem goldenen Zeigefinger ein Symbol, das ich nicht entziffern konnte.
„Wie zum Teufel …?“
„Irgendjemand von ganz oben hat Druck gemacht. Offensichtlich kriegst du alles, was du brauchst. Du stehst gerade hoch im Kurs.“ Gabes Mundwinkel zuckten. „Hat vermutlich seine Vorteile, wenn man mit dem Teufel höchstpersönlich verkehrt.“
Ich seufzte laut und schaufelte weiter Nudeln in mich hinein. „Du willst wohl unbedingt auch auf meine Liste unerträglicher Zeitgenossen, wie? Die Zahl der Leute auf dieser glorreichen Liste wächst heute Nacht nämlich im Eiltempo.“
„Ach, du Ärmste.“ Sie lachte, während Eddie mich ausdruckslos anstarrte. „Wohin fahren wir denn nun? Was hat Abra gesagt?“
„Abra glaubt, er ist in Nuevo Rio“, antwortete ich. „Was soll eigentlich dieses ‚wir?“
Japhrimel ließ seinen Blick in weitem Bogen durch das Restaurant schweifen. Ich hatte den Eindruck, dass sogar die Fliegen, die über den Tischen summten, und die Muster aus Fettflecken und Neonlicht am Fenster sich seiner vollen Aufmerksamkeit erfreuen durften. Hinter uns schlürfte ein alter Asiate geräuschvoll seine Nudeln, und Zigarettenrauch stieg träge zur Decke empor. Seit sechs Jahren esse ich hier regelmäßig Nudeln, und der alte Mann ist immer da, ganz egal, zu welcher Tageszeit ich komme, und immer raucht er. Wenigstens etwas, worauf man sich in dieser wankelmütigen Welt verlassen kann.
„Also“, sagte Gabe, nachdem sie das Gesicht des Dämons eine Zeit lang betrachtet hatte. „Doreen war auch meine Freundin, außerdem war es mein Fall. Eddie und ich haben uns darüber unterhalten und beschlossen mitzukommen.“
Ich legte meine Essstäbchen beiseite und holte tief Luft. „Gabe“, sagte ich, so freundlich ich konnte. „Ich arbeite allein.“
Sie machte eine Kopfbewegung zu dem Dämon hin. „Was soll das? Er ist gut genug, und ich nicht?“
„Darum geht’s doch nicht. Das weißt du ganz genau.“ In meinen Schultern baute sich allmählich die altvertraute Spannung auf.
„Ich weiß, dass du die Jagd nach Santino allein nicht überleben wirst, also brauchst du Rückendeckung. Hast du in letzter Zeit mal die Karten befragt?“ Sie zog eine ihrer eleganten Augenbrauen in die Höhe.
„Meine letzte Divinationssitzung wurde ziemlich brutal unterbrochen.“
„Jetzt komm schon, Danny.“ Sie klimperte mit ihren langen, schwarzen Wimpern. „Ich hab noch Urlaub, und ich will dieses Monster unbedingt kriegen.“
„Gabe …“
„Wenn sie sagt, sie kommt mit“, knurrte Eddie, „dann meint sie das
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