Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
auf den Tisch gelegt, die Augen niedergeschlagen, den Rücken kerzengerade. Der dunkle Mantel und das pechschwarze Haar schluckten das Licht, unter den Neonröhren hatten beide einen seltsamen Glanz. „Überrascht es dich tatsächlich, dass er dir nichts von seiner Position und seinem Clan erzählen wollte?“
„Hätte ich davon gewusst, hätte ich mich nie mit ihm eingelassen“, gab ich zu. „Trotzdem.“
„Da siehst du es.“ Einen Augenblick später fügte er hinzu: „Es hat ganz den Anschein, als sei er zu seinem Clan zurückgekehrt, um dich zu schützen.“
„Er hätte es mir sagen können. Eine Nachricht hinterlassen. Irgendwas. Pass auf, können wir vielleicht das Thema wechseln? Ich will nicht darüber reden.“
Er nickte und fuhr mit der linken Hand über die Tischplatte, zeichnete eine Glyphe. Eine Weile sah ich zu, blickte dann in sein Gesicht und studierte den Bogen seiner Wangenknochen, die Wimpern, die seine Augen umrahmten, die geschwungene Unterlippe. „Mir ist da ein Gedanke gekommen“, sagte er.
„Lass hören.“ Meine Nägel klackerten noch immer über das Plastik. Die Ringe an meinen Fingern waren dunkel und still.
„Sargon Corvin“, begann Japhrimel und fuhr die Glyphe ein weiteres Mal nach. „In der Namensprache der Dämonen bedeutet sargon so viel wie ‚Erpresser oder ‚Plünderer’.“ Er blickte wieder hoch. Diesmal waren seine Augen dunkel, und ich spürte, wie sich mein Puls aufs Neue beschleunigte. Nachdenklich fuhr er fort: „Genau wie Vardimal.“
Es dämmerte bereits, als wir uns auf den Rückweg zu Carmens Bodega machten. Japhrimel hatte recht behalten, mit gefülltem Magen – und nach dem Tequila – sah die Welt schon wieder anders aus, weniger finster, und auch meine Nerven hatten sich erholt.
Nuevo Rio war um einiges stiller geworden, die Nachteulen pilgerten in ihre Betten, und der Trubel des Tages ließ noch auf sich warten. Die Menschenmassen waren also erheblich ausgedünnt, was für eine Anglo-Nekromantin mit einem Dämon im Schlepptau ein gutes Stück weniger Deckung bedeutete. Trotzdem war ich nun ein bisschen zuversichtlicher. Immerhin hatte ich einen Dämon an meiner Seite.
Und so langsam war ich der Meinung, dass man ihm trauen konnte.
Wir bogen in eine lange, leere Straße mit vernagelten Fenstern ein. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, schritt Japhrimel neben mir. Ich ging nicht davon aus, dass ich mein Katana in den nächsten paar Minuten brauchen würde, und trug es mit etwas mehr Gelassenheit.
„Also, dann erzähl mal von deinen großen Plänen“, sagte ich und blickte prüfend zum Himmel. Bleiches, silbergraues Morgenlicht blinzelte durch die tief hängenden Wolken, und die atemlose Stille eines aufziehenden Unwetters hatte sich – soweit das überhaupt möglich war – noch verstärkt. Ich sehnte mich regelrecht nach Regen, nach Blitz und Donner, nach irgendetwas, das diese Spannung lösen würde. Schwüles Wetter fand ich unerträglich.
„Möglicherweise werden sie dir nicht gefallen“, sagte er mit geneigtem Kopf.
„Habe ich dadurch eine bessere Chance, Santino ins Jenseits zu befördern?“, fragte ich, während ich die Straße auf und ab sah. Mein Nacken prickelte. Lag wohl an den Nerven – die Nacht war die Hölle gewesen.
„Das hast du. Aber …“ Japhrimel verstummte erneut. „Du vertraust mir nicht, Dante.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich vertraue niemandem. Nicht, solange ich nicht vom Gegenteil überzeugt bin.“ Das hatte barsch geklungen, und mit einem Seufzer fügte ich hinzu: „Du bist schon in Ordnung, weißt du. Aber ich entscheide erst, wenn du mir gesagt hast, was du vorhast.“
„Na schön“, brummte er. Aber er machte noch immer keine Anstalten, mir von seiner Idee zu erzählen – stattdessen blickte er jetzt ebenfalls zum Himmel, dann auf mich.
„Ich warte“, erinnerte ich ihn.
„Ich möchte dir gerne ein Geschenk machen.“ Er sprach langsam, als wählte er seine Worte mit Bedacht. „Einen Teil meiner Psinergie. Es würde dich stärker machen, schneller … weniger leicht zu verletzen.“
Ich dachte darüber nach, während ich einer Pfütze aus öligem Etwas auswich. Der Boden hier war voller Risse und die reinste Stolperfalle, überall gähnten Schlaglöcher. Und wieder brannte mein Nacken. Ich war einfach zu nervös. Zu angespannt. Ich brauchte Schlaf, oder einen Kampf … oder etwas völlig anderes. „Wo ist der Haken?“, fragte ich schließlich.
„Ich bin mir nicht
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