Dante Valentine 02 - Hoellenritt
das sehe, sind Sie entweder in die Sache verwickelt oder ein potenzielles Opfer. Wenn Ersteres zutrifft, kriege ich Sie bald. Und wenn Letzteres zutrifft, könnte Ihnen Schlimmeres passieren, als unter meinem Schutz zu stehen.“
Sie lachte, aber es klang unsicher. Dann drehte sie sich um und ging den Gang hinunter. „Man hat mir schon gesagt, dass Sie sehr direkt sind. Das scheint mir leicht untertrieben.“
„Eins Ihrer Mädchen war unter den Opfern.“ Ich ging ihr hinterher. „Warum haben Sie nichts gesagt?“
Sie blickte mich über die Schulter aus ungewöhnlich dunklen Augen an. Unter der Seide wiegten sich ihre Hüften fast wie die einer Frau. Ich wandte mich zu Jace um, der etwas verwirrt schien. „Sie waren in Rigger Hall“, sagte Polyamour. „Sie wissen, dass das Schweigen, das man sich angewöhnt hat, nicht leicht zu brechen ist. Bis Edward mir die Bilder brachte, wusste ich überhaupt nichts Brauchbares über Yasrules Tod. Erst dann wurde mir so einiges klar.“
„Was genau wissen Sie?“ Sie bewegte sich nicht sonderlich schnell. Hinter uns schloss sich leise die Tür.
„Lassen Sie uns doch einen Kaffee trinken. Wir können uns doch wie zivilisierte Menschen benehmen, nicht wahr?“ Sie hatte sich erholt, ihre Stimme klang wieder sanft. Aber ihre Aura bewegte sich unruhig hin und her, und meine Psinergie dehnte sich aus und strich sanft über ihre verletzlichen Ränder. Sexhexen werden in manchen Kreisen immer noch „Bettler“ genannt; die natürliche, physiologische Anreicherung von Psinergie löst bei ihnen genussvolle chemische Kaskaden aus – Endorphine, die sie sehnsuchtsvoll und verletzlich machen. Als Teildämonin verfüge ich über mehr Psinergie, als den meisten Sexhexen je begegnet. Wenn Polyamour nicht vollständig mit Psinergie aufgeladen war, würde sie abgelenkt sein, und ich würde sehr sanft mit ihr umgehen müssen. Wenn ich schon bei normalen Menschen die Möglichkeiten meines neuen Körpers behutsam einsetzen musste, dann musste ich bei einer derart überempfindlichen Sexhexe doppelt vorsichtig sein.
Weitere Gänge bogen von dem ab, in dem wir uns befanden. Im hereinsickernden Tageslicht sah ich runde Sofas, eine große Harfe, die glänzenden grünen Blätter einer Kletterpflanze und eine schlafende weiße Perasianokatze auf einem runden schwarzen Samtkissen. Insgesamt wirkte alles hier sehr harmlos.
Polyamour lachte, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Es klang, als würde sie häufig so lachen, mit einem leichten Unterton von Unbehagen. „Das sind nur die Empfangszimmer. Sind Sie schon jemals in einem Sexhexenhaus gewesen, Ms Valentine?“
„Sagen Sie Danny zu mir“, antwortete ich automatisch. „Nein. Ich kenne das ein oder andere Bordell, aber in einem Sexhexenhaus war ich noch nie. Es ist sehr hübsch hier.“
Sie nahm das Kompliment mit einem majestätischen Nicken entgegen. „Meine Privaträume sind einige Stockwerke tiefer. Wenn es Ihnen recht ist.“
„Es wäre mir eine Ehre.“ Etwas, das mich schon die ganze Zeit gestört hatte, wurde jetzt schmerzhaft deutlich. „Wo sind Ihre Leibwächter? Ich hatte gedacht, Ihre hausinterne Sicherheit wäre ein wenig straffer organisiert.“
„Was könnten Leibwächter schon für mich tun, wenn Dante Valentine mich umbringen wollte?“ Sie versuchte, es humorig klingen zu lassen. „Nein. Aus persönlichen Gründen. Ich möchte, dass dieses Treffen unter uns bleibt.“ Wir erreichten das Ende des Ganges, und zwei mit Sicherheitssystemen versehene Türen öffneten sich, hinter denen ein Aufzug zum Vorschein kam. Ich schluckte. Jace’ Hand schloss sich um meinen Ellbogen. „Außerdem habe ich eine geringe Begabung für Vorahnungen. Das ist ganz nützlich.“
Wir traten in den Fahrstuhl. Polyamours Aura presste sich gegen meine, und die Luft war aufgewühlt von den Ausdünstungen von Schamane, Sexhexe und Fastdämonin. Die Türen schlossen sich. Es gab Zeiten, da hätte ich mein Schwert gezogen und gekämpft, um aus so einem beengten Raum herauszukommen, aber jetzt biss ich nur die Zähne zusammen und umklammerte mit der rechten Hand die Schwertscheide. Meine Ringe blitzten auf und sprühten Funken. Jace’ Griff an meinem Ellbogen lockerte sich einen Moment lang, dann grub er mir seine Fingernägel tief in die Haut.
Der hell aufflackernde Schmerz war nicht der Rede wert, half aber dennoch.
Polyamour musterte mein Gesicht. Auf diesem engen Raum konnte ich deutlich die Konturen ihres Gesichts erkennen, das
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