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Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Titel: Dante Valentine 05 - Hoellenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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braunen Erde hochsah.
    Die Stadt lag in Trümmern. Zerfallende Türme durchbohrten den roten Himmel, und an der gepflasterten Straße, in die der unbefestigte Weg vor uns überging, standen zerfallende Mauern, die in dem blutroten Licht so krankhaft blass leuchteten wie kaputte Zähne. Vermutlich waren sie einstmals schön gewesen, sorgsam und genau ineinander verzahnte, leuchtend weiße Steine, aber jetzt wankten und grinsten sie wie ein Haufen Betrunkener.
    Trotz der ganzen Zerstörung haftete der Stadt noch ein Hauch von Schönheit an. Die Ruinen sangen, jede mit ihrer eigenen, kaum hörbaren Stimme, und alle zusammen bildeten sie einen Trauerchor. „Sehnet sa'es. Was zum Teufel ist das?“
    „Das hier?“ Japhrimels Stimme klang so verbittert, dass sie mir beinahe den Mund versengte. „Das hier ist die Stadt der weißen Wände, der Ort, an den die A’nankwiel ihre Bräute brachten. Vor langer Zeit bin ich einmal hier gewesen. Ich glaube nicht, dass die Steine das vergessen haben.“

16
     
     
    Ich bin schon viel herumgekommen und habe auch eine Menge verfallene Städte gesehen. Trotzdem war es seltsam, auf einer Straße mit fehlenden Pflastersteinen durch die zerstörten Gebäudereihen zu gehen, deren Gestalt nur noch wenig dämonische Fremdartigkeit aufwies. Trockene, verwüstete Flächen waren vielleicht einmal Gärten gewesen, weiße, elegante Steinhaufen vielleicht Brunnen. Alle Gebäude stützten sich schwer auf ihre Fundamente, als würden sie etwas Verlorenem hinterherweinen. Jeder fehlende Pflasterstein war wie ein Loch in meinem Herzen.
    Japhrimel schwieg. Er nahm den Arm nur von meinen Schultern, um mir zu helfen, über Schutthaufen zu klettern. Soweit ich das erkennen konnte, bewegten wir uns auf das Zentrum der Stadt zu. Er schien den Weg zu kennen, denn er blieb nur gelegentlich stehen, um sich wie zur Orientierung ein Gebäude genauer anzusehen.
    Sephrimels Messerhälfte summte in ihrer Scheide, und dieses Summen arbeitete sich jedes Mal, wenn die Stadt sich bewegte, durch das Leder bis in meine Hüfte vor. Nervös musterte ich meine Umgebung, betrachtete die Steine, die nahtlos ineinandergriffen, wo sie nicht von unvorstellbarer Gewalt auseinandergerissen worden waren.
    Immer wieder warf ich verstohlene Blicke auf Japhrimels angespanntes Gesicht, und allmählich fing ich an, mir Gedanken zu machen.
    Wie mochte es für ihn sein, wieder hier entlangzugehen?
    Liefen vor seinem geistigen Auge Szenen voller Mord und Totschlag ab? Glichen sie alle den Illustrationen in dem Buch, das ich sogar jetzt in meiner abgenutzten, nach Hölle stinkenden Botentasche mit mir herumschleppte?
    Und dann geschah das denkbar Seltsamste: Er tat mir plötzlich leid. So hatte ich noch nie für ihn empfunden.
    Wir brauchten ziemlich lange. Der Ort hallte von einem kaum hörbaren Lied wider, einem tiefen, gepeinigten Seufzen. Die Luft erzitterte von einem psychischen Abdruck, der etwas Schreckliches widerspiegelte. Ich war froh, dass Japhrimels Aura sich über meine ausgebreitet hatte. An diesem Ort spukte es, und er war nie von einem Kader von der Hegemonie ausgebildeter Psionen gereinigt worden. Doch selbst wenn wir inzwischen sehr viel über den Einsatz von Psinergie und magischem Willen wissen, war ich mir nicht sicher, ob es überhaupt Psione gab, die mit diesem alles verschlingenden Widerhall im Äther klarkommen würden. So etwas konnte einen Leser bei lebendigem Leib auffressen und einen Skinlin zum Berserker werden lassen. Vielleicht würde es sogar einen Sedayeen- Heiler in den Wahnsinn treiben. Und ein Magi? Vergiss es. Der Dämonengeruch in der Luft würde ihn verführen, und der überwältigende Kummer, von dem die Steine sangen, würde ihm in den Kopf kriechen und sich dort wie ein Virus vermehren.
    Wie das Ka eines Schmarotzers, das in seinem wahnsinnigen Verlangen, sich zu vermehren, alles verschlingt, was ihm über den Weg läuft, einem psychischen Krebs nicht unähnlich.
    Meine angeschlagenen Schutzschilde, die nur mithilfe der regelmäßigen Psinergieschübe aus Japhrimels Mal an meiner Schulter heilten, zitterten wie frisch verwundet – was sie ja auch waren. Erst jetzt wurde mir das Ausmaß des Schadens, den meine Psyche genommen hatte, so richtig bewusst. Überall klafften riesige Löcher, mein Gehirn war zerbombt wie eine Stadt nach dem Siebzigtagekrieg. Im Grunde wie diese Stadt hier, die nach einer unvorstellbaren Tragödie noch immer wehklagte.
    An einer etwa hüfthohen Mauer blieben wir kurz

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