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Daphne - sTdH 4

Daphne - sTdH 4

Titel: Daphne - sTdH 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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in
der Mitte wurde dabei so strapaziert, daß er absprang und auf den Boden fiel.
    Mit einem
leisen Fluch bückte sich der Pfarrer, um ihn aufzuheben, und genau in diesem
Moment pfiff eine Kugel über ihn hinweg, verfehlte den erschrockenen Squire um
Haaresbreite und bohrte sich in die halboffene Türe.
    Der Pfarrer
richtete sich auf und fuhr herum. Er sah, wie sich die Blätter im Gebüsch am
Tor bewegten.
    Obwohl der
Squire einen Warnruf ausstieß, bewegte sich der Pfarrer mit einer für einen so
kleinen dicken Mann ganz erstaunlichen Geschwindigkeit. Er stürzte sich ins
Gebüsch, während der Squire seine Diener zu Hilfe rief. Man hörte einen Schrei
und ein Gerangel, und dann tauchte der Pfarrer wieder aus dem Gebüsch auf und
zog eine weibliche Gestalt hinter sich her.
    »Da
hinein«, kommandierte er und stieß die Frau grob in die Eingangshalle.
    Der Squire
starrte überrascht in das trotzige, tränenverschmierte Gesicht des Mädchens
Betty.
    »Dafür
wirst du hängen, Betty Simpson«, stieß der Pfarrer grollend hervor. »Eine
Mörderin bist du. Und undankbar dazu! Sägst den Ast ab, auf dem du sitzt.«
    »Es ist mir
ganz egal«, schluchzte Betty. »Ich weiß ja doch nicht, wofür ich noch leben
soll. Nicht seitdem Sie mir mein Kind genommen haben.«
    »Charles!«
    Der Squire
war so erschrocken zusammengefahren, daß ihm die gepuderte Perücke über ein
Auge rutschte.
    Der laute
Zorn des Pfarrers wich, und er schaute ebenso schuldbewußt und trotzig drein
wie das Mädchen.
    Der Squire
blickte erregt auf seine begierig lauschende Dienerschaft und nahm sich
entschlossen zusammen.
    »Ram«,
befahl er seinem indischen Diener, »du bringst alle hinaus und machst ihnen
klar, daß sie heute abend nichts gehört und gesehen haben, sonst verlieren sie
ihre Stellung. Charles, du bringst Betty in die Bibliothek.«
    »Nicht
nötig«, sagte der Pfarrer schnell. »Ich...«
    »Charles«,
drohte der Squire, ging zur Tür der Bibliothek und hielt sie auf.
    Der Pfarrer
schlich bekümmert hinein, Betty hinter ihm.
    »Setzt euch
beide hin«, befahl der Squire. Er wandte sich an Betty. »Nun, meine Liebe«,
sagte er sanft, »keiner tut dir etwas zuleide, wenn du die Wahrheit sagst. Was
ist das für eine Geschichte mit deinem Baby?«
    »Bitte
nicht«, bat der Pfarrer.
    »Ich sage
es Ihnen«, sagte Betty müde. »John Summer und ich haben ein
Baby gemacht, damit uns der Herr heiraten läßt. Aber Miss Annabelle, die wo
jetzt Lady Brabington ist, hat immer gejammert, daß sie kein Baby kriegt. Und
mein John, der hat solche Schulden gehabt, weil er in Hopeminster beim
Hahnenkampf verloren hat, und da hat der Herr zu John gesagt, daß er ihm die
Schulden bezahlt und ihm noch mehr Geld gibt, wenn wir Miss Annabelle das Baby
geben. Sie haben mich alle zwei bearbeitet, der Herr und John. Sie haben
gesagt, daß mein Kind ein Lord oder eine Lady wird und daß ich egoistisch und
gefühllos bin, wenn ich es nicht weggebe. Sie haben mich so lange schikaniert,
bis ich einverstanden war. Ich bin weggeschickt worden, bis ich das Kind gekriegt
habe, und sie haben es mir weggenommen und Miss Annabelle gegeben – ich meine
Lady Brabington. Ich mußte zuschauen, wie sie versucht hat, eine Mutter zu
sein, und sie hat es nicht fertiggebracht, und mein Baby hat geschrien und
geschrien. Lord Brabington hat meinen Buben nicht gemocht, das habe ich
gesehen. Am Schluß hab' ich nicht mehr leben wollen, aber zuerst wollte ich dem
Herrn noch einen Denkzettel fürs Leben geben, dafür, was er mir angetan hat.
Ich habe noch nie geschossen, und ich war sicher, daß die Kugel nicht in seine
Nähe kommt. – Ich bin ein böses Mädchen, Mr. Radford, aber es geht mir so
schlecht, daß ich sterben möchte.«
    Squire
Radford setzte sich hin und blickte den Pfarrer voller Entsetzen an.
    Der Pfarrer
rutschte unglücklich auf seinem Sitz hin und her. »Das schien zu der Zeit nicht
ganz so unrecht zu sein«, murmelte er. »Auf der einen Seite war Bella, die vor
Sehnsucht nach einem Baby fast verging, und auf der anderen Betty, bei der es
so aussah, als könnte sie so viele haben, wie sie wollte. Wie konnte ich denn
wissen, daß sie sich von John abwendet? Ich habe es gut gemeint. Frauen«, sagte
der Pfarrer leidenschaftlich, »haben immer irgendwas zu heulen. Ich hab' sie
nie ernst nehmen können.«
    Der Squire
bekam einen harten Zug um den Mund. Er sagte: »Wo ist John Summer?«
    »Oben im
Pfarrhaus.«
    Der Squire
klingelte.
    »Was hast
du vor?« fragte der

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