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Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Titel: Darf ich meine Oma selbst verbrennen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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tot?
    Aus dem Telefon: Tot? Hier is’ doch niemand tot.
    Bestatter: Wir fahren aber nur tote Leute.
    Aus dem Telefon: Ach so.
    Bestatter: Also?
    Aus dem Telefon: Watt kost’ datt denn?
    Bestatter: Ist teuer.
    Aus dem Telefon: Nee, dann ruf ich woanders an. Aber mal watt anderes …
    Bestatter: Ja?
    Aus dem Telefon: Wo ich Sie g’rade dranhab …
    Bestatter: Ja?
    Aus dem Telefon: Is so ’ne Beerdigung eigentlich teuer?
    Bestatter: Schon.
    Aus dem Telefon: Hab ich mir gedacht.
    Bestatter: Okay …
    Aus dem Telefon: Nee, warten Sie mal. Ham Sie auch Pizza?
    Bestatter: legt auf

Richtige Nummer, falsch verbunden?
    Ach ja, das leidige Thema Telefon! Seit es Telefone gibt, haben Bestatter auch welche. Gerade für Bestatter ist es ja unerlässlich, dass sie ständig erreichbar sind. Dass sie erreichbar sind, hat natürlich einerseits den Vorteil, dass sie ihren Kunden ihre Dienste sozusagen rund um die Uhr anbieten können. Andererseits hat es den Nachteil, dass sie eben auch rund um die Uhr erreichbar sind.
    Das bedeutete vor der Erfindung der Rufumleitung und des Mobiltelefons schlichtweg nichts anderes, als dass in jedem Bestatterhaushalt immer jemand zu Hause das Telefon bewachen musste.
    Ob der Rest der Familie in Urlaub fuhr, in die Kirche ging oder ins Kino oder Theater, einer musste auf das Telefon aufpassen.
    Aber nicht nur der mit dem Telefondienst hatte den Schwarzen Peter gezogen, sondern auch alle anderen. Mal eben einen Zug durch die Gemeinde machen, das war gar nicht möglich. Man musste immer demjenigen am Telefon Bescheid geben, wo man sich aufhielt, wo man wann genau wohin gehen wollte, damit der einen dann dort auch erreichen konnte, falls ein Auftrag einging.
    Natürlich hatten die Bestatter als Erste Betriebsfunk, Piepser und was es da sonst noch so alles gab. Aber Fakt ist, das war alles sehr kompliziert, und die Bewegungsfreiheit und somit die Freizeitmöglichkeiten waren sehr stark eingeschränkt.
    Unter Bestattern galt die Aussage: Wohl dem, der eine fußkranke Oma zu Hause hat, die am Telefon sitzt.
    So gesehen ist das Handy wirklich eine überaus praktische Sache. Bestatter und ihre Fahrer können heute fast völlig normal ihre Freizeit gestalten, sie müssen nur bei Bereitschaft innerhalb eines gewissen Radius bleiben und dürfen natürlich keinen Alkohol trinken.
    Das Wichtigste aber: Das Telefon in der Firma muss nicht mehr direkt vor Ort besetzt sein, die Anrufe können überallhin umgeleitet werden.
    Aber wie ich schon sagte, das ist ein Segen, kann aber auch ein Fluch sein.
     
    Das Mobiltelefon klingelt, ich erkenne an der Melodie, dass es ein umgeleitetes Firmengespräch ist, wahrscheinlich ein Kunde. Ich melde mich förmlich.
    Der Anrufer: »Wer?«
    Ich wiederhole den Firmennamen, meinen Namen und begrüße ihn abermals.
    Der Anrufer: »Hier Schottersteig.«
    Ich: »Guten Tag, Herr Schottersteig.«
    Der Anrufer: »Haben Sie was mit drei?«
    Ich: »Bitte?«
    Der Anrufer: »Ob Sie was mit drei haben?«
    Ich: »Ich weiß jetzt nicht genau, ob ich verstehe, was Sie meinen.«
    Anrufer: »Na, das kann doch nicht so schwer zu verstehen sein. Ob Sie was mit drei haben?«
    Ich: »Ja, was soll ich denn mit drei haben?«
    Anrufer (seufzt): »Meine Güte, die Nummer!«
    Ich: »Die Nummer?«
    Anrufer: »Ja, Ihre Telefonnummer!«
    Ich: »Ja, die hat eine Drei, um genau zu sein, sogar zwei und die auch noch direkt hintereinander.«
    Anrufer: »Am Ende?«
    Ich: »Nein, in der Mitte.«
    Anrufer: »Hmmm, nicht am Ende?«
    Ich: »Nein.«
    Anrufer (stöhnt erst leicht): »Aaaah, wenn ich Ihnen jetzt eine Nummer sag, also eine Telefonnummer, können Sie mir dann sagen, ob das meine oder Ihre ist?«
    Ich: »Sie wissen schon, dass Sie bei einem Bestatter angerufen haben, oder?«
    Anrufer: »Meinen Sie, ich wär blöd? Natürlich weiß ich, dass ich bei einem Bestatter angerufen habe, ich will ja nur wissen, ob das mit der Drei Ihre oder meine Nummer ist.«
    Ich: »Aber Sie werden doch Ihre Telefonnummer kennen …«
    Anrufer: »Natürlich kenne ich meine Telefonnummer. Ist Ihre Nummer die 79 12 63?«
    Ich: »Nein.«
    Anrufer: »Komisch, meine auch nicht.«
    Er legt auf.
    Da die Rufnummer des Mannes auf dem Display meines Telefons nicht zu sehen war, konnte ich ihn auch nicht zurückrufen, um auch noch den letzten winzigen Fetzen von dem aus ihm herauszukitzeln, was er von mir gewollt haben könnte.
    War er am Ende gar Mitglied einer seltenen Religionsgemeinschaft, die ihre Toten nur von Bestattern

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