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Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Titel: Darf ich meine Oma selbst verbrennen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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davon ab, was Sie alles haben möchten. Es geht unter tausend Euro los; nach oben keine Grenze, und falls es finanziell eng werden sollte, das sage ich jetzt einfach mal gleich dazu, gibt es auch Mittel und Wege.«
    »Aha, Mittel und Wege.«
    »Ja.«
    »Und wie sehen die aus?«
    »Die Möglichkeiten, falls die Mittel nicht ausreichen?«
    »Nee, die Särge.«
    »Ach so, da haben wir alles da, was man sich vorstellen kann.«
    »Also auch aus Holz?«
    »Ja, sicher.«
    »Und watt kost’ datt?«
    »So ein Sarg? Ach, das geht bei etwa zweihundert Euro los.«
    »Nee, ich mein jezz allet zusammen.«
    »Wie gesagt, das kommt drauf an.«
    »Prima. Also so zweitausend Euro.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Steht aber hier.«
    »Wo?«
    »Ökotest oder so.«
    »Ökotest?«
    »Ja, keine Ahnung, im Internet. Da steht hier von Leser ›Ungetüm‹, der schreibt: ›Bei mein Vatter sollte es achtzehnhundert Euro kosten, und als dann die Rechnung vom Bestatter kam, waren das dann fast zweitausend.‹«
    »Wie ich Ihnen schon sagte, man kann das ohne weitere Informationen nicht sagen. Wir kommen gerne bei Ihnen vorbei, oder Sie kommen zu uns, und wir besprechen mal alles ganz unverbindlich. Dann können Sie ja immer noch entscheiden.«
    Statt einer Antwort des Mannes raschelt und klackt es jetzt, es meldet sich stattdessen eine Frauenstimme:
    »Na, hören Sie mal! Ich hör’ mir das jetzt nicht länger an. So eine Unverschämtheit, wie Sie uns hinhalten. Sie werden uns doch sagen können, was eine Beerdigung kostet.«
    »Natürlich kann ich Ihnen das sagen, sogar auf den Cent genau, wenn Sie mir sagen, was Sie alles haben möchten.«
    »Ja, woher soll ich denn wissen, was man da alles braucht?«
    »Deshalb empfehle ich Ihnen ja ein unverbindliches Beratungsgespräch.«
    »Sie wissen also selbst nicht, was das kostet?«
    »Doch …«
    »Und warum sagen Sie es dann nicht? Haben Sie was zu verbergen?«
    »Nein.«
    »Also, was kostet es, wenn Sie jetzt kommen und den Vater beerdigen?«
    »2871 Euro und 68 Cent, so viel kostet Paket 1 für Erdbestattungen, wenn Sie mehr wollen, wird’s teurer, wenn Sie mit weniger auskommen, wird’s billiger.«
    »Sehen Sie, geht doch! Dann können Sie vorbeikommen und den Vater abholen. Bringen Sie aber Ihre Kataloge mit.«

An der »Rüstigen Ameise«
sind sie verkehrt
    Die Anrufe von Kunden sind eine Fundgrube an Abenteuerlichkeiten und Abstrusitäten. Natürlich weiß ich, dass sich die Leute in einer absoluten Ausnahmesituation befinden, und selbstverständlich ist man als Bestatter immer bemüht, den Anrufern mit der notwendigen Aufmerksamkeit und dem geschuldeten Respekt zu begegnen.
    Das bewahrt einen aber oft nicht vor Dialogen wie dem folgenden.
     
    »Bratfisch!«
    »Wie bitte?«
    »Bratfisch!«
    »Äh …«
    »Wir heißen so.«
    »Macht ja nichts.«
    »Unsere Omma is tot.«
    »Ja, war der Arzt schon da?«
    »Jau, der Arzt, der Pastor und die Frau vom Pflegedienst. Der Arzt hat einen Haufen Zettel ausgefüllt, der Pastor so datt Übliche, und die vom Pflegedienst hat die ganzen übrig gebliebenen Medikamente, Windeln und anderen Sachen mitgenommen.«
    »Aha …«
    »Kommen Sie dann?«
    »Ja, geben Sie mir bitte Ihre Adresse, Herr Bratfisch?«
    »Jau, hamm Se watt?«
    »Was?«
    »Watt zum Schreiben?«
    »Ja.«
    »Fuchsienallee 17.«
    »Fuchsienallee? Wo soll die denn sein, hier in unserer Stadt? Habe ich noch nie gehört. Ist das in Süd, im Neubauviertel?«
    »Nee, inne Schrebergärten beim Kraftwerk.«
    »Die Verstorbene liegt in einem Schrebergarten?«
    »Ja, nich im Garten gezz, sondern mehr so inner Laube.«
    »Ungewöhnlich …«
    »Datt wollte die so, die wollte in ihrem Garten sterben, da hammwer se vor drei Wochen hier rüber. Der Gartenvorstand hat erst gemotzt, weil man ja hier nich wohnen darf, aber erstens hab ich dem gesacht, datt Sterben nicht dattselbe wie Wohnen is, und zweitens hab ich dem sechs Euro achtzig für’t Wassergeld gegeben, und dann war der ruhig.«
    »Also Fuchsienalle 17 in der Schrebergartenkolonie.«
    »Jau, und kommen Se bitte nicht mittem Leichenwagen zur Laube.«
    »Wie bitte?«
    »Ja, die Omma hat ihren Garten hinten im alten Teil, da wo die Wege so eng sind, da können Se nich mittem Leichenwagen hinfahren.«
    »Da kann man nicht mit einem Auto hin?«
    »Nee, nur mitte Schubkarre oder mit sonnem Vespa-Töff-Töff, so eins mit drei Räder.«
    »Hm, und wie sollen wir die Verstorbene dann abtransportieren? Wie weit ist es denn vom Gartenhaus bis

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