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Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Titel: Darf ich meine Oma selbst verbrennen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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ich Geburtstag habe.
    Im Kindergarten hatte mir Agnes, ein potthässliches Mädchen mit Pfannkuchengesicht, das ich damals heiraten wollte, erzählt, dass sie Geburtstag hat. Das war irgendwann im Mai. Natürlich habe ich sie mit großen Augen gefragt, ob sie ihren Geburtstag nach dem schönen Nachmittag, den Geschenken und dem Kaffeetrinken dann auch immer mit roten Kerzen auf dem Friedhof feiert.
    Unsere Kindergartennonne war entsetzt, und ich musste als frühkindlicher Grufti draußen im Gang bei der blattlosen Yucca-Palme in der Ecke stehen.
    Es hat sich aber nichts geändert, ich finde die roten Dauerbrenner immer noch schön. Doof ist nur, dass diese Kerzen nicht wirklich dauernd brennen. Entweder schmilzt seitlich das rote Plastik und die ganze Paraffinpampe läuft raus, oder der Docht brennt schneller als das Paraffin und versinkt irgendwann verlöschend in der Masse. Brennt so ein Ding wirklich mal richtig, dann ist der »Spaß« nach ein paar Stündchen vorbei. Selbst dann, wenn »Dreitageslicht« draufsteht.
    Die Solar- LED -Lichter sind da praktischer. Tagsüber lädt die Solarzelle das Ding auf, und bei einsetzender Dunkelheit schaltet ein Sensor das flackernde Lämpchen an. Wenn sie nicht geklaut werden, halten sie fast ewig.
    So: Und davon hatte Frau Schuck sechs Stück gekauft. Für jedes ihrer vorverstorbenen Geschwister eins. Und nun kam sie und reklamierte.
    »Die gehen nicht.«
    »Die müssten aber funktionieren, wir hatten sonst noch keine Klagen.«
    »Die gehen aber nicht.«
    »Tagsüber laden die sich auf, und dann leuchten sie im Dunkeln.«
    »Was?«
    »Am Tag aufladen, nachts Licht.«
    »Wie?«
    »Nur abends!«
    »Was, nur am Abend?«
    »Ja, nur im Dunkeln.«
    »Ach so. Am Tag leuchten die gar nicht?«
    »Nee.«
    »Nur am Abend?«
    »Genau.«
    »Können Sie mir das mal zeigen?«
    Ich nehme eine Lampe aus der Schachtel, ein bisschen sind sie ja immer vorgeladen. Mit dem Finger halte ich den kleinen Sensor an der Seite zu, und schon leuchtet das Flackerbirnchen.
    Frau Schuck nickt: »Sehen Sie, die ist auch schon kaputt.«
    »Wieso das denn, die leuchtet doch wunderschön.«
    »Ja, aber jetzt is’ Tag, und Sie haben gesagt, die geht nur am Abend.«
    »Nee, die fangen dann an zu leuchten, wenn auf den Sensor da an der Seite kein Licht mehr fällt. Wenn’s draußen dunkel wird, ist das der Fall, und dann leuchtet oben schön das Lämpchen.«
    »Es ist aber jetzt draußen nicht dunkel. Meinen Sie, ich bin blöd, nur weil ich alt bin?«
    »Um Himmels willen, so etwas würde ich niemals annehmen, das eine schließt das andere ja nicht aus.«
    »Was?«
    »Nix.«
    »Dann ist ja gut.«
    »Also, Sie haben jetzt gesehen, wie das funktioniert.«
    »Schon …«
    »Aber?«
    »Auf dem Friedhof, die gehen nicht.«
    »Nur abends!«
    »Da bin ich doch gar nicht mehr auf dem Friedhof.«
    »Tagsüber laden die sich nur auf.«
    »Und abends tun die dann leuchten?«
    »Jaha!«
    »Sicher?«
    »Ganz bestimmt.«
    »Können wir da mal hingehen?«
    »Wohin?«
    »Auf den Friedhof? Dass Sie mir mal zeigen, wie das geht?«
    »Hab ich doch gerade erst gemacht. Gucken Sie: Finger drauf, Licht an. Finger weg, Licht aus.«
    »Ja glauben Sie denn, ich steh die ganze Nacht auf dem Friedhof rum und mach Finger drauf und Finger weg?«
    »Das macht das Ding doch alles ganz von alleine.«
    »Sie müssen sagen, wenn ich Sie nerve, aber ich bin eine alte Frau, und ich kenne mich mit dem ganzen neuen elektrischen Zeug nicht aus.«
    »Nein, Sie nerven auch nicht mehr als andere, die auch nichts verstehen.«
    »Was?«
    »Nix.«
    »Dann ist ja gut. Also nochmal, wie geht das jetzt?«
    »Tagsüber scheint die Sonne, und das Licht wird in Strom umgewandelt und in der Lampe drin gespeichert. Abends, wenn es dunkel ist, dann merkt das der Sensor und schaltet die Lampe ein. Dann leuchtet die, und der Akku gibt langsam den Strom ab. Am nächsten Tag lädt sich das wieder auf und so weiter.«
    »Ach so, dann haben Sie ja den Fehler gemacht.«
    »Wieso?«
    »Ja, so’n Akku haben Sie mir gar nicht mitgegeben.«
    »Der ist doch fest in der Lampe unten drin.«
    »Und den muss man aufladen?«
    »Nein!«
    »Haben Sie aber grade gesagt! Kann das sein, dass Sie sich auch nicht auskennen?«
    »Dohoch!!!!«
    »Wass denn jetzt? Muss man den aufladen oder nicht?«
    »Das macht der von alleine, der ist da ganz innen drin. Sie müssen nix machen, einfach die Lampe auf das Grab stellen und abwarten. Wenn der Akku tagsüber voll geworden ist, geht abends

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