Darf's ein Küsschen mehr sein?
Leben gekostet hatte.
Sie drehte mit dem Fuß den Wasserhahn zu, griff nach dem Körperpeeling auf dem Badewannenrand und spritzte sich die dickflüssige Masse in die flache Hand. Schokoladenduft stieg ihr in die Nase und löste in ihr eine spontane Erinnerung daran aus, wie sie als kleines Mädchen auf einem Stuhl neben ihrer Mutter am Herd gestanden und Schokoladenpudding gerührt hatte. Sie wusste nicht, wie alt sie damals war oder wo sie damals wohnten. Die Erinnerung war so flüchtig wie Rauch, versetzte ihr aber trotzdem einen schmerzlichen Stich ins Herz.
Der Badeschaum schmiegte sich an ihre Brüste, und sie setzte sich auf und hob die Füße über den Wannenrand. Es war ihr offensichtlich nicht gelungen, die Ruhe und Gelassenheit zu finden, die sie beim Baden sonst immer fand, und sie rubbelte sich rasch Arme und Beine ab. Dann stieg sie aus der Wanne, trocknete sich ab und rieb sich die Haut mit einer Lotion ein, die ebenfalls nach Schokolade duftete.
Sie warf ihre Klamotten in den Wäschekorb und lief ins Schlafzimmer. Ihre drei engsten Freundinnen lebten in Boise, und sie vermisste es, sich mit ihnen zum Mittag- oder Abendessen oder zu spontanen Lästerrunden zu treffen. Ihre Freundinnen Lucy, Clare und Adele waren eine Art Ersatzfamilie für sie und die einzigen Menschen, denen sie eine Niere spenden oder Geld leihen würde. Und sie war sich ziemlich sicher, dass sie dasselbe für sie tun würden.
Letztes Jahr, als Clare ihren Verlobten in flagranti mit einem Mann erwischt hatte, waren die drei Freundinnen sofort
zur Stelle gewesen, um sie wiederaufzubauen. Clare war die gutherzigste und verletzlichste von den vieren und eine Liebesromanautorin, die immer fest an die wahre Liebe geglaubt hatte. Nach dem Reinfall mit ihrem Verlobten hatte sie den Glauben an ein Happy End verloren, bis ein Reporter namens Sebastian Vaughan in ihr Leben getreten war und ihn wiederhergestellt hatte. Er war ihr ganz persönlicher romantischer Held, und die beiden wollten im September heiraten. Das war auch der Grund, weshalb Maddie in ein paar Tagen nach Boise fahren und sich ihr Brautjungfernkleid anpassen lassen musste.
Schon wieder ließ sie zu, dass eine ihrer Freundinnen sie in ein lächerliches Kleid steckte und zwang, mit ihr zum Altar zu stolpern. Erst im Jahr zuvor hatte sie auf Lucys Hochzeit Brautjungfer gespielt. Lucy war Krimiautorin und hatte ihren Mann Quinn kennengelernt, als der sie fälschlicherweise als Serienkillerin verdächtigte. Um es kurz zu machen: Eine Lappalie wie Mord hatte ihn nicht davon abgehalten, Lucy den Hof zu machen.
Blieben noch Adele und sie. Maddie zog sich einen schwarzen Baumwollslip an und warf ihr nasses Handtuch aufs Bett. Adele schrieb Fantasyromane, und obwohl auch sie ihre Probleme mit den Männern hatte, war es Maddies Meinung nach sehr wahrscheinlich, dass Adele vor ihr heiratete.
Maddie legte die großen BH-Körbchen über ihre Brüste und hakte den Büstenhalter hinten zu. Eigentlich konnte sie sich gar nicht vorstellen zu heiraten. Sie wünschte sich genauso wenig ein Kind, wie sie sich eine Katze wünschte. Die einzigen Gelegenheiten, zu denen sich ein Mann als nützlich erwies, waren, wenn sie jemanden brauchte, der
etwas Schweres für sie hob, oder wenn sie sich nach einem warmen nackten Körper sehnte. Doch sie besaß eine robuste Sackkarre und Big Carlos, und wenn sie etwas Schweres heben musste oder einen Orgasmus brauchte, griff sie nach einem davon. Zugegeben, keiner von beiden kam so ganz an das Original heran, aber wenn sie fertig war, kam die Sackkarre zurück in die Garage, und Big Carlos verschwand wieder in der Nachttischschublade. Beide blieben, wo sie waren, verarschten sie nicht, spielten nicht mit ihren Gefühlen und gingen nicht fremd. Im Grunde auf voller Linie ein Gewinn.
Sie stieg in eine Jeans und zog sich ihr bequemstes Kapuzensweatshirt über. Ihr fehlte einfach der glühende Kinderwunsch, der Mutterinstinkt oder die tickende biologische Uhr, die andere Frauen wie die Lemminge in die Ehe und in den Kreißsaal trieben. Was nicht heißen sollte, dass sie nicht manchmal einsam war. Klar war sie das.
Sie schlüpfte in ein Paar Flipflops, verließ das Schlafzimmer und lief durchs Wohnzimmer in die Küche. Der Partylärm der Nachbarn wurde lauter, und sie öffnete den Kühlschrank. Als sie eine Flasche Merlot herauszog, wehten durch ihre offenen Fenster Stimmen herein. Sie war einsam und allein und suhlte sich in Selbstmitleid. Was ihr gar nicht
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