Darf's ein Küsschen mehr sein?
wirst, holst du vielleicht den Elektroschocker raus. »Deine Theorie hat nur zwei Haken.« Sie hielt die Hand hoch und zählte sie an den Fingern ab. »Dass ich dich brauche, um an Informationen zu kommen. Fehlanzeige.« Sie hob den zweiten Finger. »Und dass ich vorhatte, dich zu ficken. Dito.«
Er trat einen Schritt auf sie zu und lächelte. Alles andere als nett und charmant. »Hätte ich mehr Zeit gehabt, hätte ich dich flachgelegt.«
»Träum weiter.«
»Was bist du nur für eine Lügnerin. Du belügst mich und dich selbst.«
»Ich belüge mich nie selbst.« Von seiner Größe und seiner Wut nicht im Geringsten eingeschüchtert, sah sie ihm in die Augen. »Und dich hab ich auch nie belogen.«
Seine Augen verengten sich. »Du hast mir absichtlich die Wahrheit verschwiegen, und das ist verdammt noch mal dasselbe.«
»Das ist echt stark! Eine Moralpredigt, ausgerechnet von dir. Sag mir, Mick, wissen alle Frauen, mit denen du schläfst, voneinander?«
»Ich belüge die Frauen nie.«
»Nein, du bringst ihnen nur Mäusefallen vorbei und hoffst, sie so in die Kiste zu kriegen.«
»Das ist nicht der Grund, warum ich dir die Falle vorbeigebracht habe.«
»Und wer lügt jetzt?« Sie deutete auf die Tür. »Du gehst jetzt wohl besser.«
Er rührte sich nicht. »Das kannst du nicht machen, Maddie. Du kannst nicht über meine Familie schreiben.«
»Doch, ich kann, und das werde ich auch.« Sie wartete nicht auf ihn, sondern marschierte zur Tür und riss sie sperrangelweit auf.
»Warum? Ich hab alles über dich gelesen«, erklärte er, während er wütend auf sie zulief und seine Stiefelabsätze dumpf auf dem Hartholz aufschlugen. »Du schreibst sonst über Serienmörder. Meine Mutter war keine Serienmörderin. Sie war nur eine Hausfrau, die von den Seitensprüngen ihres Mannes die Nase voll hatte. Sie ist ausgeflippt und hat ihn und sich umgebracht. Da gibt es keinen fiesen Verbrecher. Keine perversen Arschlöcher wie Ted Bundy oder Jeffrey Dahmer. Was meiner Mutter und meinem Vater passiert ist, ist wohl kaum der sensationelle Stoff, den die Leute lesen wollen.«
»Um das zu beurteilen, bin ich ein bisschen qualifizierter als du.«
Er blieb auf der Schwelle stehen und drehte sich zu ihr um. »Meine Mutter war bloß eine traurige Frau, die eines Nachts ausgerastet ist und ihre Kinder als Waisen zurückgelassen hat. Als Opfer ihrer Geisteskrankheit.«
»Bei all dem Gequatsche über dich und deine Familie vergisst
du anscheinend, dass es noch ein unschuldiges Opfer gab.«
»Diese kleine Kellnerin war ja wohl kaum unschuldig.«
Eigentlich hatte sie von sich gesprochen. »Du bist also wie alle anderen in der Stadt der Meinung, dass Alice Jones nur bekommen hat, was sie verdiente?«
»Niemand hat bekommen, was er verdiente, aber sie hat mit einem verheirateten Mann gevögelt.«
Jetzt war sie aber echt sauer. »Deine Mutter hatte also gute Gründe, ihr ins Gesicht zu schießen?«
Sein Kopf zuckte zurück, als hätte sie ihn geohrfeigt. Offensichtlich hatte er weder die Fotos gesehen noch den Bericht gelesen.
»Und dein Vater mag ja oft fremdgegangen sein, aber hatte er es verdient, drei Schüsse abzukriegen und in der Kneipe auf dem Boden zu verbluten, während deine Mutter zusah?«
Seine Stimme wurde zum ersten Mal laut. »Du laberst doch nur Scheiße. Sie hat meinem Vater nicht beim Sterben zugesehen.«
Hätte er nicht gesagt, dass sie nur Scheiße laberte, hätte sie ihn verschont, egal wie wütend sie war. »Ihre blutigen Fußabdrücke waren überall in der Kneipe verteilt. Und sie ist bestimmt nicht wieder aufgestanden und rumgelaufen, nachdem sie sich selbst erschossen hat.«
Er presste die Lippen zusammen.
»Alice Jones hatte auch eine Tochter. Hatte sie es verdient, ihre Mutter zu verlieren? Hatte sie es verdient, zur Waise zu werden?« Maddie legte die Hand auf seine Brust und schob ihn resolut zur Tür. »Also erzähl mir nicht, dass deine Mutter bloß eine traurige Hausfrau war, die man bis aufs Blut gereizt
hat. Sie hatte andere Optionen. Viele andere Optionen, die keinen Mord beinhaltet hätten.« Er wich einen Schritt zurück auf die Veranda. »Und komm nicht her und bilde dir ein, mir sagen zu können, was ich zu tun und zu lassen habe. Mir ist scheißegal, ob es dir passt oder nicht. Ich werde das Buch schreiben.« Sie schickte sich an, die Tür zu schließen, doch sein Arm schoss vor und hielt sie auf.
»Dann mach doch.« Mit seiner freien Hand zog er sich die Sonnenbrille vom Kopf und
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