Darf's ein Küsschen mehr sein?
zukommen. Jewel war mit seiner Mutter befreundet gewesen. Sie hatte zwei widerwärtige Zwillingsjungs, Scoot und Wes, und ein quengeliges, weinerliches Mädchen namens Belinda gehabt, das alle nur Buh nannten. Als Junge hatte Mick Buh mal mit einem Schaumgummiball getroffen, und sie hatte sich aufgeführt, als wäre sie tödlich verletzt. Meg zufolge war Belinda inzwischen nicht mehr ganz so eine Heulsuse, aber die Zwillinge waren noch genauso widerwärtig wie immer.
»Hallo, Mrs Finley. Spielt heute Abend ein Enkel von Ihnen mit?«
Jewel deutete auf die gegnerische Bank. »Frankie, der Sohn meiner Tochter, ist Außenfeldspieler für Brooks Insurance.«
Ah. Der Junge, der wie ein Mädchen warf. Logisch.
»Was treiben Scoot und Wes denn so?«, fragte er aus reiner Höflichkeit. Obwohl es ihn einen Scheißdreck interessierte.
»Tja, nachdem sie mit ihrer Fischzuchtanlage gescheitert sind, haben sie beide den LKW-Führerschein gemacht und fahren jetzt für ein Umzugsunternehmen riesige Sattelschlepper.«
Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder aufs Spielfeld und auf Travis, der seinen Handschuh jetzt in die Luft warf und wieder auffing. »Welche Firma?« Wenn er mal umziehen müsste, wollte er wissen, wen er nicht anrufen würde.
»York Umzüge und Lagerung. Aber sie haben die Fernfahrerei langsam satt. Sobald sie genug Geld gespart haben, wollen sie so ein House-Flipping-Geschäft aufmachen. Wie im Fernsehen.«
Mick schätzte, dass die Zwillinge nicht mal ein Jahr selbstständig arbeiten würden, bis sie Konkurs anmelden mussten. Die Aussage, dass die Jungs nicht die hellsten Lichter im Hafen waren, wäre noch untertrieben.
»Mit der Renovierung und dem Weiterverkauf von Häusern kann man gutes Geld machen.«
»Hmhm.« Er musste Travis später ermahnen, sich mehr aufs Spiel zu konzentrieren.
»Bis zu fünfzig Riesen im Monat. Sagt Scooter.«
»Hmhm.« Mensch. Jetzt hatte sich der Junge ganz umgedreht und sah den Autos auf der Straße nach.
»Hast du schon mit dieser Schriftstellerin gesprochen?«
Wahrscheinlich sollte er Travis nicht anbrüllen, gefälligst aufs Spiel zu achten, aber er hatte große Lust dazu. »Welche Schriftstellerin?«
»Die ein Buch über deine Eltern und diese Kellnerin, Alice Jones, schreibt.«
Kapitel 7
Maddie warf ihre Reisetasche aufs Bett und zog den Reißverschluss auf. Sie hatte leichte Kopfschmerzen und wusste nicht so recht, ob es am Schlafmangel lag, daran, dass sie mit Adele zu viel Alkohol getrunken hatte, oder an den Geschichten ihrer Freundin über ihr verkorkstes Liebesleben.
Nach dem Mittagessen im Café Olé waren Adele und sie zu Maddies Haus in Boise gefahren, um mal wieder richtig zu quatschen. Adele hatte stets urkomische Storys über ihre Dates auf Lager – auch wenn sie selbst sie manchmal gar nicht so lustig fand -, und wie es gute Freundinnen nun mal tun, hatte Maddie ihr geduldig zugehört und regelmäßig Wein nachgeschenkt. Es war lange her, seit Maddie sich mit ihren eigenen lustigen und unterhaltsamen Anekdoten revanchieren konnte, und so hatte sie hauptsächlich zugehört und den einen oder anderen Ratschlag erteilt.
Vor ihrer Abreise hatte sie Adele fürs nächste Wochenende zu sich nach Truly eingeladen. Adele hatte zugesagt und würde bis dahin bestimmt noch mehr Horrorgeschichten zu erzählen haben.
Maddie nahm ihre schmutzigen Sachen aus der Tasche und warf sie in den Wäschekorb. Es war kurz nach zwölf, und sie starb fast vor Hunger. Sie ließ sich eine Hühnchenbrust mit Sellerie und Frischkäse schmecken, während sie
ihre E-Mails beantwortete. Dann hörte sie ihren Anrufbeantworter ab, auf dem sich nur eine Nachricht befand – von einer Teppich-Reinigungsfirma. Sheriff Potter hatte nichts von sich hören lassen.
Später wollte sie zu Mick gehen und ihn aufklären, wer sie war und warum sie sich in der Stadt aufhielt. Es war die korrekte Vorgehensweise, und sie wollte, dass er es von ihr erfuhr. Vermutlich würde sie ihn in einer seiner Kneipen antreffen, und sie hoffte, dass er heute Abend im Mort’s arbeitete, weil sie keine große Lust hatte, das Hennessy’s zu betreten. Auch wenn sie das irgendwann musste. In die Bar, in der ihre Mutter gestorben war, hatte sie noch nie einen Fuß gesetzt. Für sie war das Hennessy’s kein beliebiger Tatort, den sie für ihr Buch unter die Lupe nehmen musste. Doch irgendwann musste sie hin, um zu recherchieren, was sich dort verändert hatte, und auch wenn sie keine Angst hatte, nervös
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