Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
sich der Mutter Geist verschafft, der Verführer muss die Liebe erfahren, die Dienerin um sich die Dunklen scharen. Doch wenn sie durch die Hüterin stirbt, der Hüterin Hand das Schicksal verdirbt …«
Und bevor Emma weiterreden kann, höre ich Dusks Stimme. Atemlos. Gehetzt.
»Shantani ist hier!«
36
Indie
D awnas Blick schnellt zu mir, ihre Augen sind dunkle, riesige Seen in ihrem bleichen Gesicht. Es ist nur ein einziges Wort, das ihre Gedanken blockiert: Shantani.
Ich schotte mich ab, in mir fließen die Gedanken wie ein einziger reißender Strom. Jedes Wort, das Emma sprach, war nur ein winziges Stückchen der Erinnerungen an meine Träume … waren es Träume? War es mein Unterbewusstsein, in dem all die Geschichten von Granny darauf warteten, entdeckt zu werden? Und die Träume verweben sich zu einer großen Geschichte, meiner Vergangenheit. Der Vergangenheit von Granny und Emma. Die Vergangenheit von Victoria und Vincenta.
Einer Geschichte, die mit Dawna und mir enden wird.
Und plötzlich schließt sich der Kreis, die Worte der Comtesse finden zu dem Gedicht zurück, dem sie entstammen. Ein Gedicht, das auch ich gekannt habe, in meinen tiefsten Träumen…Es war alles schon vorbestimmt. Wir sind es tatsächlich, die Hüterinnen, die kommen werden, die alles beenden sollen.
»Wieso wussten wir davon nichts? Wieso wusste Mum davon nichts?«, flüstere ich, während ich Dawna gerade noch am Ärmel erwische.
»Lass mich los«, fährt sie mich an. »Mum braucht uns.«
»Ihr solltet es wissen, wenn eure Ausbildung beginnt.«
Die Ausbildung, die Granny nie beginnen konnte, weil sie schon vorher starb. »Eure Mum sollte auch alles wissen«, sagt Emma und sieht an mir vorbei zur Tür, die gerade aufschwingt. Die Kälte strömt herein, ich spüre sie nicht. Dawna entwindet mir ihren Arm und läuft hinaus. Ein letzter Blickwechsel mit Emma lässt mich schaudern. Sie haben uns gefunden, wenn uns Shantani gefunden hat, dann haben sie uns. Es ist nur eine Frage der Zeit.
… Erneuert das Wissen, den Pakt und die Macht,
traut denen, die wandeln als Wolf in der Nacht …
Emma murmelt das Gedicht nur, sie scheint keine Kraft mehr zu haben, alle Farbe ist aus ihrem Gesicht gewichen. Als sie versucht, mich zurückhalten, sinkt sie zurück auf ihr Bett. »Ihr müsst wissen, ohne die Initiation seid ihr nichts …« Ihre Hand umschließt ihren Oberschenkel, es ist frisches Blut, das durch den Stoff sickert. »Und ohne eure Mutter wird es nicht funktionieren.«
Der Sucher sich der Mutter Geist verschafft.
»Sie muss frei sein. Ihr Geist muss frei sein«, bringt Emma gepresst hervor. »… sie muss sich von ihm befreien …«
Keine Zeit, denke ich mir. Das ist mir auch klar, dass sie sich befreien muss!
»Wartet!«, höre ich noch einmal die Stimme von Emma, »es ist nicht so einfach, wie du vielleicht denkst …« Dann schlägt die Tür hinter mir zu.
Der Händler gelangt durch die Mutter zur Kraft. Der Sucher sich ihren Geist verschafft.
Sie wussten es schon immer, es war Mums Weg. Ein Weg, den ihr ihre Mutter, unsere Granny, bestimmt erspart hätte, wenn es irgendwie möglich gewesen wäre. Die Kälte außerhalb des Wagens greift sofort nach mir, kriecht zwischen all den Stofflagen hinein bis in meinen Körper. Ich laufe durch den Schnee hinter Dawna her, die sich zwischen den Wagen hindurchschlängelt. Gerade noch erwische ich sie, bevor sie auf unsere Mum zuläuft, die noch immer dort steht, wo wir sie zurückgelassen haben. Mit einem Kopfnicken bedeute ich ihr, hinter einem Wagen Schutz zu suchen, damit uns Shantani nicht sofort sieht.
»Shantani ist das Böse, er ist derjenige, der das Böse hierher zieht und alle in Gefahr bringt. Den ganzen Stamm. Das ganze Rudel«, stößt Dawna hervor. Wir packen uns bei den Händen, ein winziger Moment der Verbundenheit, der mir noch mehr klarmacht, dass die Initiation eben in weite Ferne gerückt ist. »Was haben wir nur getan?«
Meine Stimme hört sich eingerostet an. »Das Einzige, was wir tun konnten. Und jetzt hör auf zu jammern. Wir müssen näher an sie ran. Ohne dass uns Shantani sieht.«
Dann halte deine Gedanken im Zaum, denkt sich Dawna und zieht mich weiter, an der Rückseite des Wagens durch den hohen Schnee bis zum nächsten Wagen, dort verharren wir kurz, dann läuft sie wieder weiter. Die letzten Meter strengen mich unglaublich an, als würde mich Shantani abstoßen, und meine Vogelnarbe schmerzt. Oder als hätte ich Angst, von Shantani so
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