Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
sie gestellt hat. Er war es, der dafür gesorgt hat, dass sie sich an keinen der Sprüche, die sie bereits kannte, erinnerte. Sie muss ihn töten. Und wenn sie es nicht tut, dann tue ich es für sie.
»Aber verstehst du nicht?«, wispert Dawna neben mir. »Verstehst du nicht, was es bedeutet, wenn sich Granny mit der Kraft des Bösen verbindet? Weiß du nicht, was es für UNS bedeutet… Für dich und mich?«
Aus dieser Verbindung gehen hervor, die, die schließen das Engelstor.
Wer ist unser Vater? Wer hat sich mit dem Bösen verbunden? Mum? Was hat sie über unseren Vater erzählt? Er war so schön, so unglaublich schön.
Shantanis Stimme fließt in mich hinein und zieht mich an, ich balle meine Hände zu Fäusten. Die Gedanken an das, was Granny aus der Prophezeiung herausgelesen hat, lähmt mich. Ich starre auf Shantani, umhüllt von seinem dunklen Mantel, der ihn bei jedem Windstoß umweht. Er wirkt plötzlich ganz anders als damals, auf Whistling Wing. Nicht mehr wie ein jugendlicher Scharlatan. Das Böse umgibt ihn, er zieht es an. Wieso merkt Mum das nicht?
»Jeden Tag hatte ich nur einen einzigen Gedanken: Ich wollte dich ansehen, dich anbeten«, erklärt er gerade und ich verfluche mich, weil ich keine Waffe zur Hand habe.
»Anbeten«, sagt Chakal plötzlich sehr spöttisch. »Schätzchen. Aufs Anbeten würde ich an deiner Stelle echt verzichten.« Seine Stimme ist rau und sarkastisch. »Anbeten ohne Sex kann ziemlich ermüdend sein.«
Die romantische Stimmung ist sofort beim Teufel, Mum dreht sich mit blitzenden Augen zu Chakal um. »Halt dich da raus.«
Mit einem breiten Grinsen zuckt er mit den Schultern. »Schätzchen, der Typ sieht aus, als würde er außer sich selbst nichts und niemanden abgöttisch lieben.« Er senkt ein wenig die Stimme. »Außerdem, sieh ihn dir doch mal an. Wirkt ein bisschen so, als würde er nur rohe Pflanzenteile essen. Such dir einen Fleischfresser, da hast du mehr davon.«
»Komm zu mir«, sagt Shantani sanft, obwohl seine Augen inzwischen etwas anderes sagen. »Lass uns von hier fortgehen. Du bist die meine. Du und keine andere.«
Auch wenn sie nicht mit Shantani mitgeht – und so dumm wird sie wohl nicht sein –, wird sie sich nicht von ihm befreien. Sie wird niemals auf den Mann schießen, den sie einmal geliebt hat. Ich brauche eine Waffe, mit einem schnellen Blick nach links und rechts sehe ich, dass eigentlich jeder Zigeuner bewaffnet ist, auch derjenige, der nur ein paar Schritte rechts von mir steht. Wenn ich schnell genug bin, habe ich sein Gewehr und mache Shantani alle.
»Du und keine andere«, wiederholt Shantani seine Worte, seine Selbstsicherheit verursacht mir einen dumpfen Druck im Magen.
Die Zigeuner, die in einiger Entfernung abgewartet hatten, werden unruhig.
»Sie werden ihn erschießen«, sagt in diesem Augenblick Dawna tonlos und lässt meinen Arm los.
Leider nicht. Leider werden sie ihn nicht erschießen. Mit zwei Schritten bin ich bei dem Zigeuner rechts neben mir und entreiße ihm mit einem heftigen Ruck sein Gewehr. Ohne weiter zu überlegen, lege ich auf Shantani an. Der Tod ist die einzige Möglichkeit, ihn zum Rückzug zu zwingen. Wenn seine Lebenskraft seinen Körper verlässt, dann wird er auch Mums Körper verlassen.
»Indie!«, stößt Dawna hervor, aber ich habe nicht vor, mich von irgendjemandem beeinflussen zu lassen. Wahrscheinlich ist es zu spät, um die Dunklen noch von uns abzuhalten. Sie wissen bestimmt schon längst, wo wir sind. Aber Mum wird frei sein, kein Shantani wird sich zwischen sie und ihre Erinnerungen schieben. Der dunkle Umhang bläht sich hinter Shantani auf, seine Silhouette hebt sich wie die ideale Zielscheibe von dem mondbeschienenen Schnee ab. Noch bevor ich abdrücken kann, sehe ich, dass sich um ihn herum etwas verändert, ein bläulicher Nebel entsteht zu seinen Füßen, zieht in rasender Geschwindigkeit zu seinen Schultern und schiebt sich über seinen Kopf. Ich drücke ab, bevor ich realisiert habe, was gerade um Shantani herum passiert ist. Der Schuss peitscht quer über den Platz. Als wäre eine gallertige Masse um ihn herum, wird die Kugel abgebremst, sie rollt schwach durch die blaue Substanz an seinem Körper vorbei. Das hindert mich nicht daran weiterzumachen, es ist wie in einem Traum, als könnte man nie wieder aufhören, obwohl man merkt, dass es zu nichts führt. Ich presse den Gewehrkolben gegen meine Schulter, ich spüre keinen Rückschlag mehr, die Schüsse klingen, als wären sie
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