Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
Die Zeit des Abschieds ist gekommen und es wird ein langer Abschied sein.
»Du weißt, dass ich dich liebe.« Hart umfasse ich mit meiner linken Hand seinen Unterarm und drücke zu. Zwischen meinen Fingern quillt das Blut meiner Initationsnarbe hervor, aber ich lasse nicht los. Es gibt nur einen in meinem Herzen, es wird nie einen anderen geben. Wenn er sich noch einmal von mir abwendet, werde ich sterben.
»Ich liebe dich auch«, flüstert Gabe. »Und niemand kann mir diese Gewissheit mehr nehmen.«
Als ich meine Hand von seinem Unterarm nehme, sehe ich, dass mein Blut über der schwarzen Feder verschmiert ist. Gabe zieht ein Messer heraus und macht einen schnellen Schnitt durch die Feder hindurch, auf seinem Arm mischt sich mein Blut mit seinem Blut.
»Mehr als mein Leben«, setzt er hinzu, dann beugt er sich vor und küsst mich. Hart und wild, und die Sehnsucht nach ihm scheint mich zu zerreißen. Plötzlich höre ich zwei Männer im Gleichschritt näher kommen, ihre schweren Stiefel knirschen im Takt im Schnee und im nächsten Moment biegen in den schmalen Gang zwischen den Zigeunerwagen zwei der Dunklen ein. Wir taumeln auseinander, als hätten wir gekämpft, und ich schlage sofort zu. Mein harter Haken trifft Gabe am Kinn, dann bringe ich ihn mit einem schnellen Chassé-Kick zu Fall.
Wir sehen uns, sagen seine Augen, dann laufe ich los.
45
Dawna
M an sagt, du wirst Windgeist genannt. Oder Nachtschwalbe und Göttin des Windes …«, flüstere ich. Ihre blau schillernden Flügel rascheln leise. Feder an Feder, wie ein dichter nachtschwarzer Teppich. Ihr Glanz nimmt mich gefangen. Nie habe ich etwas Schöneres, Vollkommeneres, aber auch Erschreckenderes gesehen.
»Man sagt, du brachtest Gott dazu, dir seinen heiligen Namen zu verraten. Er tat es und ab diesem Zeitpunkt hattest du unbegrenzte Macht. Du verlangtest von Gott Flügel und flogst davon …«
Ein Wimmern kommt über Lilli-This Lippen.
»Aber was ist eine Göttin der Lüfte ohne ihre Flügel?«
Sie bäumt sich unter mir auf, mit aller Kraft werfe ich mich auf sie, presse ihre Hände in den Schnee, kalt fühlt es sich an und heiß zugleich, ihr Haar kratzt über mein Gesicht und hinterlässt brennende Striemen, als hätte ich mich in Dornenranken verfangen.
»Sie ist brav und dumm!«, kreischt sie. »Sie versteht Lilli-Thi nicht! Sie weiß nicht, welche Seite die richtige ist. Auf welcher Seite die Freiheit liegt!«
Mit einem Handkantenschlag stelle ich sie ruhig. Wieder treffen sich Mileys und mein Blick. Ich weiß nicht, was er in mir sieht. Ich bin nicht mehr die sanfte Dawna, die sich im Bootshaus an ihn schmiegte. Wildheit pulsiert durch meinen Körper. Vielleicht ist es auch Freiheit und Stolz und Zorn. Es kribbelt unter meiner Haut, als wäre all das schon immer da gewesen, aber ich hätte es nicht nützen können. Erst jetzt, da Lilli-Thi unter mir liegt und ich sie zerstören kann. Erst jetzt bin ich wirklich ich selbst.
»Du wirst mir helfen«, stoße ich hervor und wieder gibt sie ein undeutliches Wimmern von sich. Da, wo mich ihre Flügel streifen, scheint die Dunkelheit in mich einzudringen, doch es macht mir keine Angst mehr. Die Dunkelheit erfüllt mich und stillt mein Verlangen. Sie hatte recht. Wir sind uns ähnlich. Das, was sie im Sommer zu mir gesagt hat, ist wahr.
Wir sind uns ähnlicher, als du denkst.
Sie und ich. Sie ist die dunkle Seite meiner Seele, das Böse, der Hass, aber auch die Freiheit und das Verlangen.
»Du wirst die Daten ändern.«
Ich gebe Miley einen Wink, damit er den Zettel mit den Koordinaten aus meiner Hosentasche fischt.
Die Stille um uns herum ist zum Greifen, sie ballt sich im Lager. Keine Kampfgeräusche, selbst das Prasseln des alles verzehrenden Feuers scheint plötzlich stumm zu sein.
Ich bohre das Messer in die empfindliche Stelle ihrer Schultern, oberhalb ihrer Flügel, und Lilli-Thi heult auf. Ein Heulen, das einem das Blut in den Adern gefrieren lässt und den Engeln die Richtung zeigt. Ich spüre, wie sie näher kommen und ihre Hitze vorausschicken.
Mit einem Ruck reiße ich eine Schwungfeder aus ihrem linken Flügel und wieder bäumt sich Lilli-Thi auf und versucht, mich mit aller Kraft abzuschütteln. Ihre Bewegungen sind abgehackt, als würde sie an Macht verlieren, in dem Maße, in dem ich an Macht gewinne. Ich halte sie eisern fest. Wie von selbst setzt das Messer einen tiefen Schnitt ihr Schulterblatt entlang.
»Du wirst an die Erde gebunden sein. Für alle Zeiten wirst du
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