Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
Mädchen«, sagt Samael mit unbewegter Miene.
Keiner von uns antwortet. Wenn er wüsste, auf wie vielen Fronten wir heute gewonnen haben, würde er nicht so siegesgewiss vor uns stehen. »Ich freue mich …«
Seine Augen verengen sich ein wenig, als würde ihn die Stärke, die wir ausstrahlen, doch irritieren. Zwischen Dawna und mir baut sich eine Kraft auf, die mich bis in die letzte Zelle meines Körpers ausfüllt. Die mir klarmacht, dass uns nichts mehr aufhalten kann.
»… auf deinen Geburtstag«, flüstert er rau.
Dann verschwinden er und die Dunklen in der Nacht.
46° 59’ 51,086’ N, 110° 57’ 34,29’ W
Mount Monarch
D er Verlust hängt über dem Lager wie die dichten Rauchschwaden, die von den niedergebrannten Wagen in den Himmel steigen. Der erste Ring ist völlig zerstört. Im zweiten Ring konnten sie das Feuer aufhalten. Immer noch fällt lautlos Schnee aus bleigrauen Wolken und der Morgen zeigt den wahren Schrecken, den Schrecken, der nicht vom keimenden Licht vertrieben werden konnte.
Aufgereiht liegen die toten Wölfe in der Mitte des Lagers, Frauen, die zurückgeblieben und nicht mit den anderen geflohen waren, beklagen den Tod ihrer Männer. Der Ton ihrer Klagelaute schwillt an und verebbt, wie leise Wellen, die an einen endlosen Strand schlagen. Es ist kein Weinen, es ist der Schmerz, der ihre Kehlen singen lässt, voller Trauer und Zorn.
Chilali, Iye und Amoroq, die besten Krieger des Stammes, liegen da und mit ihnen noch andere, die Augen trübe, erloschen. Ihr Atem reist in die andere Welt, entgleitet denen, die ihn zu fangen versuchen, für immer verloren. Weiße, feine Schneekristalle weben sich in ihren Pelz, sie schmelzen nicht, denn kalt sind ihre Körper, kalt wie die Erde, auf der sie liegen. Vor ihnen kniet Chakal, den Kopf gesenkt, und auch Dusk und Diego knien dort. Kalo ist bei ihnen und an ihrer Seite Mihali, ihr Sohn.
Die zwei Mädchen stehen abseits. Sie sehen zu, wie die Sonne versucht, über den Horizont zu wandern und sich durch die bleigrauen Wolken zu kämpfen. Sie halten sich aneinander fest wie Ertrinkende, die soeben ans Ufer gespült wurden.
Es ist der Tag nach Wintersonnwende. Der Tag, an dem sich die Erde wieder dem Licht zuneigt und der Tag beginnt, gegen die Nacht zu kämpfen. So endlos schien die Schwärze der Nacht. So endlos die Stunden bis zum Morgengrauen. Jetzt im Zwielicht breitet sich Ruhe aus, Stille, die den Wandel der Zeiten verspricht.
Weit fort eilen fünf Frauen zu einem sicheren Ort. Sie rasten nicht. Sie blicken sich nicht um. Gebete begleiten jeden ihrer Schritte. Zuversicht beflügelt ihre Gedanken. Sie erreichen ein kleines verlassenes Dorf, nur drei oder vier Häuser, kahl und leer, eiskalter Nebel schmiegt sich in das Tal und lässt alles unkenntlich werden. Als wäre sie vor langer Zeit schon einmal hier gewesen, führt Emma die Frauen durch den Ort. Kahle Fensterlöcher starren ihnen hinterher, nichts regt sich. Sie findet die Scheune, halb verfallen, und drückt das Tor auf. Der Pick-up unter dem Segeltuch ist in erstaunlich guter Verfassung. Sie zieht den Schlüssel aus dem Umschlag. Der letzte Brief, den sie von Ernestine erhalten hat. Ungeöffnet hatte sie ihn aufbewahrt. Zwei Jahre, seit sie ihn bekommen hatte. Ängstlich darüber, was darin geschrieben stehen könnte.
Sie erkennt die zackige, energische Schrift ihrer Schwester.
Ich wusste, dass die Mädchen es schaffen würden…ich wusste, dass sie die Einen sind. Die Hüterinnen, die den Kampf entscheiden werden…
Für unsere Cowboys
New Corbie, Ende Mai 2013
Z uerst fährt sie zu Sam Rosells Laden. Der Frühling bohrt sich in ihren Rücken, lässt sie schneller und schneller werden, als würde er sie den Highway hinunterjagen. Sie hasst New Corbie. Sie hasst New Corbie, wenn die Sonne von einem blitzblauen Frühlingshimmel hinunterstrahlt, die Luft frisch und würzig ist und der Wind, der gegen ihren Körper schlägt, der Wind des Neuanfangs ist. Vielleicht hasst sie den Frühling sogar noch mehr als New Corbie. Mehr als die Menschen, die dort leben. Mehr als die Mädchen. Er lässt ihr Herz schneller schlagen und sich ihren Geist daran erinnern, woher sie kommt. Aus einem Land, in dem ewiger Frühling herrscht, in dem der Frühling Früchte trägt und kein Herbst, kein Winter alles wegfegt.
Sie stoppt die Duke vor dem Laden, steigt aber nicht ab, sie lässt den Motor sanft grollen und ihren Blick über die Fassade wandern. Der Frühling treibt die Leute vor die
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