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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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Haynalka damit sagen will. Wenn wir jetzt nicht zu unseren Plätzen zurückkehren, ist es vorbei.
    »Eine Minute.« Indie krümmt sich immer noch und meine Sorge um sie wächst ins Unendliche, als ich sehe, wie groß der Fleck unter ihren Händen ist. Mühsam richtet sie sich auf. Dunkle Ringe liegen unter ihren Augen. Ich berühre ihre Stirn mit meinem Initiationsmal und spüre, wie endlich Stärke in sie zurückkehrt. Dorrotya trommelt ungeduldig mit ihren Fingern auf die Holzplatte des Tisches. Wie im Traum sehe ich andere Hüterinnen an den bodentiefen Fenstern vorbeiflanieren, in Gespräche vertieft, ohne Notiz von uns zu nehmen. Wieder räuspert sich die Oberin und Indie kommt langsam auf die Beine, sie richtet sich auf und ich höre, wie Mum einen entsetzten Schrei ausstößt, als sie das Blut auf Indies Umhang entdeckt. Wir setzen uns. Nun ist Haynalkas freundlicher Blick wie eine Drohung. Ich erkenne die Härte in ihren Pupillen, ihren Willen, mich aufs Äußerste zu prüfen. Ich sammle mich, Miss Andersons Augen ruhen auf mir. In meinem Inneren entzünde ich das Licht und lege es auf Indies Wunde. Unser Licht. Das Licht, das schon immer zwischen uns war, das uns half, wenn wir verzweifelt waren, einsam und verwundet. Unsere gemeinsame Stärke.
    Ich erinnere mich, wie dieses Licht auf Grannys Händen tanzte, wie sie es nachts, wenn es dunkel war, zwischen ihre Finger flirren ließ.
    »Indie«, flüstere ich.
    Jetzt lächelt Miss Anderson, sie hat verstanden.
    Dorrotya und Haynalka nicken uns zu, und noch bevor ich Atem holen kann, greifen sie erneut an, doch nun weiß ich, was zu tun ist, und Indie weiß es auch. Die böse Absicht eines Gegners zu spiegeln, ist eine mächtige Waffe. So wird er durch sein eigenes Geschick vernichtet.
    … seid reinen Herzens … wispert Miss Anderson in mir und noch nie war mir so bewusst, was es bedeutet. Zwar spüre ich, wie sie versucht, mich erneut zu treffen, doch meine eigenen reinen Gedanken, die Liebe, die mein Herz füllt, lässt Hayalka abprallen, mit solcher Macht, dass ihr Stuhl nach hinten schlittert. Im selben Moment weicht auch Dorrotya zurück. Ihr Gesicht ist schmerzverzerrt. Sie steht auf und taumelt, während Indie die Augen schließt, konzentriert und klar. Dann stürzt sie, der Laut, der über ihre Lippen kommt, gräbt sich in mein Bewusstsein.

9
    Indie

    M eine Vogelnarbe ist durch Dawna versiegelt. Das Staunen darüber, wozu ich jetzt fähig bin, füllt mich komplett aus. Ich kann nicht mehr aufhören damit, meinen Geist über meinen Körper hinauswachsen zu lassen, mühelos wechsle ich vom Gedankenspiegeln zum Gedankeneindringen und zum Gedankenvernichten … Ich höre das entsetzte Keuchen nicht, das in der Luft liegt, wie in einem Film, der mich nichts angeht, sehe ich Dorrotya zu Boden gleiten und dort liegen bleiben. Ist sie ohnmächtig? Ist sie tot?
    »Indie«, dringt eine Stimme in meine Gedanken hinein.
    Wie durch eine Nebelwand nehme ich wahr, dass Dorrotyas Gegenwehr erlischt. Die Oberin scheint auf mich zuzueilen, auch Kat, Miss Anderson und Emilia. Nach und nach springen auch die anderen Hüterinnen auf. Aber sie kommen nicht näher, ihre Gesichter sind schmerzverzerrt, ihre Hände zur Abwehr gehoben. Ein Schild versucht, meine Gedanken abprallen zu lassen, jemand versucht, meine Gedanken zu spiegeln, schafft es aber nicht. Wie kleine böse Dämonen surren irgendwelche Fetzen von Erinnerungen durch mein Gesichtsfeld, aber sie halten mich nicht auf, sie stören mich nur wie eine brummende Fliege an einer Fensterscheibe. Nichts und niemand kann die zerstörerische Gewalt stoppen.
    Mit einem lauten Klatschen gibt mir Dawna eine Ohrfeige und das Einzige, was sie zu denken scheint, ist: Stopp.
    Der Schlag ins Gesicht lässt mich aufwachen. Ich höre wieder Geräusche, sehe alles klar und deutlich vor mir. Behutsam ziehe ich meinen Geist wieder zurück in meinen Körper und kneife kurz meine Augen zusammen.
    Als ich wieder aufblicke, sehen mich die Frauen entsetzt an.
    »Indie …«
    Es ist Mum, die sich mit einem Aufschrei wieder in Bewegung setzt und auf mich zustürzt.
    Kat hält sich ihren Bauch, als hätte sie Schläge erhalten, die Oberin weicht zurück und sinkt auf einen Stuhl. Ihr Gesicht ist noch voller Schmerz und für einen Augenblick schlingt sie ihre Arme um den Körper und wiegt sich vor und zurück.
    Hayalka kniet sich neben Dorrotya, legt eine Hand auf deren Brust und zieht eines ihrer Augenlider nach oben. Vorwurfsvoll dreht sie

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