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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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Ohr.
    Indie, sagt seine raue, heisere Stimme. Indie. Du und ich.
    Seine Worte sind für mich wie eine Angelschnur, die mich nicht mehr loslässt, die mich hinauszieht in die Weite der Steppe, auf der Suche nach ihm. Nach dem einen. Nach dem Einzigen, der mich liebt, mich versteht, mich beschützt.
    Aber es gibt kein Wir mehr, ich habe es an seinen Augen gesehen. Es wird nie wieder ein Wir geben.
    »Scheiße, nein«, sage ich laut zu mir und gehe zum nächsten Karton.
    Mein Herz verkrampft sich, denn trotz allem wünsche ich mir so sehnlich, dass es nicht stimmt, was ich mir denke. Dass die Gefühle, die er in mir erzeugt, auch die Gefühle sind, die er selbst spürt. Die Gefühle, wenn er mich in seinen Armen hält, dieses Glück, wenn seine Wärme meinen Körper umhüllt. Und dass er sich genauso einsam und kalt fühlt, wenn er mich loslassen und mich gehen lassen muss.
    Ist das, was ich spüre, alles nur Fake? Etwas, das er in mir erzeugen kann, weil er der Verführer ist?
    Ich stehe auf und gebe der nächsten Schachtel einen Tritt. Shit. Shit. Shit. Die Papiere sind nicht mehr da.
    Er wird nicht mehr kommen, durchfährt mich die Erkenntnis. Es war sein letzter Besuch, er hat seine Mission erfüllt. Ich habe ihn verloren. Für immer. Ich hatte ihn nie für mich gewonnen. Noch einmal gebe ich einer Schachtel einen Tritt. Ich weiß, dass ich mich mit dieser Erkenntnis nicht abfinden kann. Ich will ihn noch einmal sehen, noch einmal mit ihm reden, selbst wenn ich dafür zu diesem grässlichen Morrison Motel fahren muss. Die Verzweiflung überrollt mich mit Wucht, eine Weile starre ich nur auf den letzten Pappkarton.
    Ein eisiger Windhauch fährt zwischen meinen Händen hindurch, als ich die letzte Schachtel aufreiße, und wirbelt etwas Weißes nach oben. Ein Blatt Papier. Und während es die Veranda entlangrutscht, erkenne ich schon, dass es genau das ist, was ich suche. Die vertrauten Zahlenkolonnen. Die Cokespritzer.
    Ja.
    Ich wusste es.
    Das Papier gleitet noch ein paar Zentimeter, dann bleibt es liegen.
    Direkt vor zwei großen schwarzen Rancho Boots.
    Am liebsten würde ich jetzt in einem pinkfarbenen Auto sitzen, in dem volle Pulle Adiemus in Endlosschleife gespielt wird.
    »Na. Indie Spencer«, sagt Diego Rosell mit seiner schnarrenden Stimme und sieht auf mich herunter.
    Ich hebe meinen Blick von dem Blatt Papier.
    »Hi Mr Rosell«, sage ich, weil mir nichts Intelligenteres einfällt. »Nett, Sie mal wiederzusehen«, lüge ich ein bisschen und lächle ihn dabei an, obwohl meine Lippen plötzlich ganz starr sind. »Wie geht es Ihrem Auto?«
    Eine blödere Frage hätte ich jetzt wohl kaum stellen können.
    Das Blatt liegt noch immer vor seinen Füßen. Aber er bückt sich nicht danach. Er sieht mich eine Weile nur an, dann verzieht sich sein Mund zu einem freundlichen Lächeln.
    »Das steht bei Morti«, erklärt er mir. Das ›Morti‹ klingt so, als würde es nur aus Rrs bestehen. Mrrrrti. »Musste dringend mal repariert werden.«
    Mist. Dass ich daran nicht gedacht hatte. Dass Diego hier sein kann, auch wenn sein Auto nicht da ist. Das Schweigen zwischen uns verlangsamt die Zeit. Das Einzige, was zu hören ist, ist irgendein Fensterladen, der bei jedem kleinsten Windhauch gegen den Fensterrahmen schlägt. Die Stille zwischen uns ist mir unangenehm, aber Diego Rosell scheint es zu genießen, denn er sieht mich an, als könnte er mich stundenlang betrachten.
    Wieso sagt er nichts mehr? Und warum verzieht er sich nicht wieder in seinen Laden, wenn er mir sowieso nichts mitzuteilen hat? Ich kann meinen Blick kaum mehr kontrollieren. Er soll in keinem Fall denken, dass mir dieses Papier irgendetwas bedeutet. Aber ich will auch nicht jetzt gehen und später noch einmal kommen. Das halten meine Nerven nicht mehr aus.
    Dann ist da ein neues Geräusch, das den Fensterladen übertönt. In einiger Entfernung höre ich ein Motorrad anspringen. Ich kenne dieses dumpfe Wummern. Es nistet sich in meinem Bauch ein wie ein besonders fieser Schmerz. Zum ersten Mal lässt mich Diegos Blick los. Er schweift von mir zur Straße und dann wieder zurück zu meinem Gesicht. Auch mein Blick schweift zur Straße, ohne dass ich meinen Kopf bewege. Der Navara ist in unerreichbarer Entfernung. Wenn ich dorthin kommen will, muss ich mich an Diego vorbeidrücken. Und ich kann jetzt schon spüren, wie er meinen Oberarm packt, wenn ich mich ihm nähere.
    Das Wummern bleibt abwartend, das Motorrad fährt nicht los, es scheint in einer

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