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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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nicht kommen, ist es noch schlimmer. Es war unverantwortlich von Ernestine, euch nicht euer Jahr im Orden verbringen zu lassen.«
    Unser Jahr im Orden?
    »Ein ganzes Jahr«, flüstert sie. »Wir alle haben ein ganzes Jahr im Orden hinter uns. Ihr hättet all das lernen sollen, das auch eure Vorfahren gelernt haben. Ein ganzes Jahr …« Sie atmet einmal hörbar ein. »Ihr habt nichts, was ihr ihnen entgegensetzen könntet. Ihr habt nichts, mit dem ihr euch schützen könnt! Ich kann Ernestine einfach nicht verstehen.«
    Sie kneift die Augen ein wenig zusammen. Ein Jahr im Orden?
    »Was hat sie euch gelehrt? Irgendeinen Schutzkreis? Gefühle spiegeln? Gedanken lesen? Absichten umkehren?«
    In meinem Magen ist ein riesiger Knoten. Ich will hier weg. Ich will mich nicht mit Kat unterhalten, über nichts und niemanden. Und am allerwenigsten über meine Granny.
    »Okay«, sagt Kat, aber ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen, ist nichts okay.
    Auf dem Parkplatz springt ein Motor an, gleich darauf ein zweiter. Mit aufheulendem Motor und durchdrehenden Reifen rast eines der Autos los.
    »Okay«, sagt sie noch einmal und scheint sich ein bisschen zu entspannen. »Gut. Indie. Hör mir jetzt gut zu. Wir klettern diese Feuerleiter nach unten.«
    »Aber …«
    »Hör mir einfach nur zu«, unterbricht mich Kat und ihre kaffeebraunen Augen sind eindringlich. »Du kletterst nach unten und lässt dich durch nichts und niemanden aufhalten. Du denkst nicht. Du redest nicht. Du fragst nicht. Du kletterst einfach.«
    Sie packt mich mit beiden Händen an den Oberarmen, als würde sie mich am liebsten schütteln. »Vor allen Dingen denkst du nicht.«
    Wie soll das denn gehen?, frage ich mich. Ich denke ständig.
    Kat hebt die Augenbrauen. Ich wüsste es, wenn ich ein Jahr im Orden gewesen wäre, pocht es in mir.
    »Was hat sie sich nur dabei gedacht, euch nichts zu lehren?«, murmelt sie. »Sie hätte wissen müssen, dass das nur schiefgehen kann.«
    »Sie?«, will ich wissen, obwohl ich weiß, dass sie Granny meint.
    Sie antwortet mir nicht, nimmt meine beiden Hände in ihre und schließt die Augen. »Schließ deine Augen. Und denke an eine große weiße Wolke.«
    Mein Herz klopft unregelmäßig, treibt meinen Atem an, pumpt mein Blut warm und beständig durch meinen Körper. Ich spüre es bis in die Zehen, bis in meine Ohren, und die weiße Wolke breitet sich in mir aus, ein riesiges Nebelfeld, das mich und alles, was mich ausmacht, umhüllt.
    »Bleib nicht stehen, egal was passiert. Hörst du?«, dringt Kats Stimme durch die Nebelschwaden.
    Wir stehen eine Weile nur voreinander, eine warme Welle von Energie fließt in mich hinein. Plötzlich erscheint es mir nicht unmöglich zu sein, an nichts zu denken und nur zu klettern. Die Gedanken an Gabe sind verschwunden. Es ist nichts in meinem Kopf, nur der eiserne Wille, daran nichts zu ändern.
    Ich nicke.
    Kat nickt.
    Wir laufen Hand in Hand an die Kante des Dachs, kauern uns so hinter das Mäuerchen, dass wir das Geschehen unten am Parkplatz überblicken. Das Einzige, was ich wahrnehme, ist mein Blut, mein Blut, das mich pochend ausfüllt, eingehüllt in eine große weiße Wolke. Auf dem Parkplatz steht nur noch Sidneys Navara. Unser Pick-up ist verschwunden, ich höre den Motor des roten Ford Bronco aufjaulen, Kies spritzt prasselnd in alle Richtungen, Räder drehen durch.
    Im nächsten Moment laufen fünf schwarz gekleidete Biker nach draußen. Mit quietschenden Reifen wendet Miss Anderson, mit überhöhter Geschwindigkeit rast sie an den Bikern vorbei, hinaus auf die Hauptstraße. Die Männer schwingen sich auf ihre schweren Dukes.
    Kat sieht jetzt wieder mich an. Sie denkt nichts. Ich denke nichts. Ich starre ihr nur in die Augen, eine gewaltige Energie durchströmt mich. Der Moment ist gekommen. Die Feuerleiter quietscht unter unseren Tritten, wie von selbst bewegen sich meine Füße. Ich werde immer schneller, die Kraft, die in mir steckt, scheint sich bei jedem Tritt zu verdoppeln. Als würde mich Kat mit sich ziehen.
    Aus den Augenwinkeln sehe ich etwas flattern. Ein Stück Stoff, das aus einem offenen Fenster weht. Der Vorhang, wie eine Fahne winkt er mir zu. Etwas scheint mit der weißen Wolke zu passieren, die mich bis jetzt vollständig ausgefüllt hat. Sie gerät in Bewegung, genau wie der Stoff des Vorhangs, wie die Flügel eines Vogels macht sich die Wolke selbstständig. Je näher ich dem Fenster komme, desto anstrengender wird es für mich, die Beine zu bewegen. Desto

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