Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
Dunkelheit, Diego sieht nicht mich an, sondern beobachtet die Straße. »Ich weiß nicht, was es bedeutet«, antwortet er mit eindringlicher Stimme an meinem Ohr. »Das Wichtigste ist, dass du dich in Sicherheit bringst. Du musst hier weg.«
In Sicherheit bringen?
»Sie schickt schon seit Tagen ihre Leute herum, auf der Suche nach diesen Blättern.«
Ich kann das nicht glauben. Sie hat sie zurückgelassen, im Keller, sie hätte doch bestimmt tausend Möglichkeiten gehabt, diese Blätter zu holen!
Das ferne Grollen wird lauter, Diegos Griff an meinen Armen wird so fest, dass es schmerzt. »Du musst verschwinden«, zischt er beschwörend.
Bei dem letzten Blick auf die Straße sehe ich, wie ein Motorrad vor dem Laden anhält. Der Motorradfahrer zieht den Helm vom Kopf und schüttelt die Haare. Die Silhouette ist eindeutig, die dunklen wirren Haare. Der zierliche Körper. Lilli-Thi. Im nächsten Moment drückt mich Diego in den nächsten Raum. Lilli-This Anblick hat mich wachgerüttelt, plötzlich kann ich klarer denken als die Tage vorher.
»Wieso ist sie nicht bei Sam?«
»Verschwinde! Ich halte sie auf.«
»Hat er sich materialisiert?«, will ich wissen und wie eine eiserne Faust legt sich die Angst um mein Herz.
»Nein, hat er nicht.« Diego schiebt mich zur Hintertür, ich packe ihn am rechten Unterarm und zwinge ihn, mich noch einmal anzusehen.
»Bist du dir sicher?«, frage ich heiser.
»Wenn er seine Gestalt hätte, wäre er selbst hier. Das kannst du mir glauben. Jetzt geh!«
Er wird sie aufhalten, da bin ich mir sicher. Aber trotzdem breitet sich in mir die Angst aus, denn wenn Sam sich noch nicht materialisiert hat und Lilli-Thi es trotzdem wagt, ihn alleine zu lassen, kann das nur eins bedeuten: Die Zettel sind unglaublich wichtig. Weshalb? Was ist momentan das Wichtigste für die dunklen Engel? Doch wohl, dass Sam endlich wieder seine Menschengestalt erhält. Sie darf ihn nicht ungeschützt zurücklassen. Wenn sie diesen Schritt wagt, dann … die Gedanken rattern durch mein Unterbewusstsein … dann für etwas, was ebenso wichtig ist.
»Geh jetzt«, drängt mich Diego.
Im nächsten Moment stehe ich im Hinterhof, die Tür wird leise hinter mir zugedrückt. Die eisige Luft strömt in meine Lungen und ich weiß, was ich zu tun habe.
Leichtfüßig laufe ich durch die klare Winterluft, schleiche durch die Hinterhöfe, um zu Sidneys Auto zu gelangen. Ich höre meinen Herzschlag, meinen Atem und das Knirschen meiner Schritte. Mit einem Sprung federe ich nach oben, ziehe mich an einem Garagendach hinauf. Für einen Moment bleibe ich dort oben in der Hocke, dann laufe ich weiter.
Lilli-Thi.
Natürlich hat es einen Grund, weshalb sie selbst kommt. Weshalb sie es riskiert, Sam allein zu lassen. Das sagt alles darüber aus, was diese Blätter bedeuten. Sie sind enorm wichtig. Was ist wichtiger, als Sam zu beschützen?
Inzwischen haben sich meine Augen ganz an die Dunkelheit gewöhnt. Mein Atem wird leicht, ich werde immer schneller.
Unsere Initiation.
Sie wollen unsere Initiation verhindern.
Und sie haben gemerkt, dass es jetzt um alles geht, dass wir nicht die kleinen dummen Mädchen sind, die sie mit links ausschalten können.
Die Koordinaten müssen mit unserer Initiation zu tun haben.
21
Dawna
I ch stehe frisch geduscht in unserem Zimmer. Meinem Zimmer, verbessere ich mich in Gedanken, denn Indie wohnt immer noch oben, in Grannys kleinem Zimmer auf dem Dachboden. Noch immer reden wir nicht miteinander, und auch wenn ich sie vermisse, kommt es mir im Moment gerade recht. Ich will nicht, dass Indie irgendetwas von mir weiß. Vor allem das von Miley nicht.
Gerade habe ich drei Einheiten Savate absolviert. Und seitdem ich herausgefunden habe, dass der Schutzkreis mein Können potenziert, läuft es deutlich besser. Natürlich bin ich nicht so perfekt wie Indie und ich weiß nicht, woran es liegt. An meinem Unwillen, zuzuschlagen und jemanden zu verletzen?
Ich weiß nicht, ob Miss Anderson den Schutzkreis bemerkt. Ich ziehe ihn immer, bevor ich Whistling Wing verlasse. Man kann das bläuliche Licht kaum mehr wahrnehmen. Es verschmilzt mit meiner Haut, als wäre es ein Teil von mir.
»Wiege dich nicht in Sicherheit«, hatte Miss Anderson gesagt, als wir mit dem Training in der Kiesgrube fertig waren. Die Sonne war schon lange untergegangen, aber dank des Schnees konnte man sehen, als wäre es taghell. Selbst der Himmel wurde nicht mehr richtig dunkel. Als würde der Schnee das Mondlicht bis
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