Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
müssen jede negative Energie aus dem Raum bringen.«
Mein Blick wird magnetisch von Tara angezogen.
»Miss Anderson?«, sagt Kat sehr pointiert, als wäre ihr eben aufgefallen, wie negativ die Schwingungen von Miss A. sind.
Überrascht blickt Dawna auf.
»Dawna. Indie. Ihr solltet auf eure Zimmer gehen.«
Ich öffne den Mund, um zu widersprechen, die Enttäuschung über ihre Worte sickert langsam durch meinen Körper. Bevor ich etwas sagen kann, packt Dawna meine Hand.
Miss Anderson schiebt uns in das Badezimmer und schließt hinter uns die Tür ab.
»Kein Wort«, sagt sie, als hätten wir schon irgendeinen Kommentar abgegeben. »Bleibt hier stehen, fragt nicht, antwortet nicht.« Sie streckt die Hand nach mir aus, und ohne zu überlegen, ziehe ich den Bademantel aus und reiche ihn ihr. Ohne dass sie etwas zu Dawna sagt, beginnt diese, ihre Kleidung abzulegen.
Kein Wort, muss ich denken und mir wird klar, was es bedeutet. Kat lenkt die Engelssuchenden von uns ab. Vielleicht baut sie sogar einen Schutzkreis auf, der noch mehr vermag als der bisherige. Und Miss Anderson hat die Aufgabe, das Reinigungsritual durchzuführen. Glaubst du uns jetzt doch, hätte ich gerne gefragt. Oder willst du nur demonstrieren, dass ihr alles getan habt, wirklich alles. Dass es nicht an euch gelegen hat, dass alles schiefgegangen ist? Der Blick, den sie mir jetzt zuwirft, ist freundlicher als die ganzen letzten Tage. Sie nimmt uns bei den Händen und stellt uns so gegenüber auf, wie es das Ritual erfordert. Mit einem Kopfnicken bedeutet sie uns, die Augen zu schließen.
Was macht sie? Ich höre nur das Plätschern des Wassers in die Badewanne hinter mir und trotzdem scheinen Worte zu fließen, Worte, die mir bekannt vorkommen, die ich aber noch nie gehört habe. Aber es sind nicht meine Ohren, die sie hören, sondern mein ganzer Körper scheint alles aufzusaugen, was in meiner Umgebung geschieht.
Schließlich spüre ich eine Berührung an meinem Gesicht und öffne meine Augen. Dawna steht mir gegenüber und schlägt auch gerade die Augen auf. Allein diese kurze Zeitspanne scheint sie total verändert zu haben, ihre Aura ist so hell, als würde sie von innen heraus leuchten. Sie strahlt die Gewissheit aus, dass der große Tag da ist, dass sie weiß, worauf es ankommt, und dass sie bereit ist. Die Verunsicherung, dies alles nicht zu wissen, greift nach mir.
Dawna nimmt den schwarzen Stein, den Miss Anderson ihr überreicht. Diese verbeugt sich vor ihr, während Dawna den Stein wie die größte Kostbarkeit in ihren zwei Händen beschützt. Als hätte sie nie etwas anderes getan, hebt sie ihre Hände und hält den Stein über ihren Kopf. Ihre Augen schließen sich und gleichzeitig scheint sich ihre Aura noch einmal zu verändern. Während Dawna dortsteht, füllt Miss Anderson zwei Gläser mit Wasser, die sie auf den Boden vor uns stellt. Zwei Kerzen werden entzündet und die stehen nun direkt neben den zwei Gläsern. Ich weiß nicht, was sie sagt, ihre Worte scheinen mich zu streicheln, ein seltsames Gefühl dringt in mich ein, lähmt mich, zwingt mich magisch, meine Augen auf Dawna zu richten. Es ist wie ein Musikstück mit perfekter Choreografie. Miss A. und Dawna, ein eingespieltes Team, das genau weiß, in welcher Sekunde der andere etwas tun muss. Der Anblick erfüllt mich zu gleichen Teilen mit Zuversicht und mit Trauer. Denn ich bin mir sicher, dass genau dies Granny mit uns gemacht hätte.
Vorsichtig legt Dawna den schwarzen Hämatit-Stein vor sich auf den Boden, Miss Andersons Gemurmel schwillt an und verebbt, ihre Hände schweben über den Gläsern mit dem Wasser. Sie hebt ein kleines Döschen vom Boden auf und lässt davon ein paar weiße Kristalle in ihre Handfläche rieseln. Die Worte, die sie spricht, verstehe ich nicht, aber trotzdem erscheint alles so natürlich, so, als hätte ich alles schon einmal erlebt. Als hätte ich es schon immer gewusst. Langsam fallen die einzelnen Salzkristalle in das Glas von Dawna.
Die Stille, die jetzt eintritt, macht mich unruhig.
Dawna kniet sich auf den Boden. Ihre Hände umfassen das Glas, ihre Lippen bewegen sich tonlos. Miss Andersons Hände legen sich um die von Dawna. Es sieht vertraut und intim aus, sie scheinen meiner Schwester noch mehr Kraft zu geben. Und trotzdem spüre ich die Angst, die in meinen Bauch kriecht.
Was ist mit dir, Indie?, will ich mich selbst fragen. Es sieht so einfach aus, was Dawna tut. Ein Verschmelzen mit ihrer Vergangenheit, ihrer Gegenwart und
Weitere Kostenlose Bücher