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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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spät. Das Pferd ist bereits weggelaufen und der Stall abgebrannt.« Ich schob mich an ihm vorbei und klopfte mit dem Knauf meines Dolchs an die Tür. »Aufmachen.«
    Schlüssel rasselten, und die Tür schwang an geölten Angeln nach innen. Der Gestank, der uns entgegenquoll, verschlug mir den Atem. Ein warziger alter Bursche in Wärterleder beugte sich vor und öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
    »Klappe halten«, sagte ich und zeigte mit der Spitze des Dolchs auf seine Zunge.
    Ich ging weiter, gefolgt von Lundist.
    »Du hast mich immer aufgefordert, genau hinzusehen und mir eine eigene Meinung zu bilden, Lundist«, sagte ich. Dafür respektierte ich ihn. »Für Zimperlichkeiten haben wir keine Zeit.«
    »Jorg …« Er war hin und her gerissen, ich hörte es in seiner Stimme, zwischen Gefühlen, die ich nicht verstand, und Logik, die ich sehr wohl verstehen konnte. »Prinz …«
    Erneut ein Schrei, viel lauter diesmal. Ich hatte dieses Geräusch schon einmal gehört. Es stellte sich mir entgegen und versuchte, mich zurück zu drängen. Als ich solchen Schmerz zum ersten Mal gehört hatte, den Schmerz meiner Mutter, hatte mich etwas festgehalten. Ich sage euch, dass es die Dornen waren, die mich nicht losließen. Ich zeige euch die Narben. Aber in der Nacht, bevor die Träume kommen, flüstert eine Stimme in mir, dass es Furcht und Entsetzen waren, die mich im Dornenstrauch festhielten, in Sicherheit, während die anderen starben.
    Ein weiterer Schrei, noch schrecklicher und verzweifelter als zuvor. Ich fühlte die Dornen in meinem Fleisch.
    »Jorg!«
    Ich schüttelte Lundists Hände von mir ab und lief in die Richtung, aus der das Geräusch kam.
    Ich musste nicht weit laufen. Im Eingang eines großen, von Fackeln erhellten Raums mit Zellentüren auf drei Seiten verharrte ich. In der Mitte standen zwei Männer an den gegenüberliegenden Seiten eines Tisches, auf dem ein dritter Mann lag, mit Ketten gefesselt. Der größere der beiden Wärter hielt einen eisernen Schürhaken, das eine Ende in einer Pfanne mit glühenden Kohlen.
    Die drei Männer bemerkten mich ebenso wenig wie die an die Gitter der Zellentüren gepressten Gesichter. Ich betrat den Raum und hörte, wie Lundist hinter mir an der gleichen Stelle stehen blieb wie zuvor ich selbst und die Szene in sich aufnahm.
    Ich ging weiter, und der Wärter ohne Schürhaken sah in meine Richtung. Er zuckte wie unter einem Schlag zusammen. »Was zum …« Er schüttelte den Kopf, als traute er seinen Augen nicht. »Wer? Ich meine …«
    Ich hatte mir die Folterer als schreckliche Männer mit grausamen Gesichtern vorgestellt, mit dünnen Lippen und Hakennasen, mit den Augen seelenloser Dämonen. Ihre Gewöhnlichkeit kam einem Schock für mich gleich. Der kleinere der beiden Männer wirkte ein bisschen einfältig, aber auf eine freundliche Art und Weise. Sanft und harmlos sah er aus.
    »Wer bist du?« Der andere Mann mutete brutaler an, aber ich konnte ihn mir in einer Taverne vorstellen, wie er Bier trank und sang, oder wie er mit seinem Sohn Ball spielte.
    Ich trug nichts von meinem höfischen Lametta, nur ein einfaches Wams für den Unterricht. Es gab keinen Anlass für die Wärter, mich als Prinzen zu erkennen. Sie würden die Gewölbe durchs Schurkentor betreten und waren wahrscheinlich nicht weit oben in der Hohen Burg gewesen.
    »Ich bin Jorg«, sagte ich im Ton eines Bediensteten. »Mein Onkel hat das alte Warzengesicht an der Tür bezahlt, damit ich die Gefangenen sehen kann.« Ich deutete auf Lundist. »Morgen gehen wir zur Hinrichtung, aber ich wollte die Verbrecher vorher aus der Nähe sehen.«
    Mein Blick galt jetzt nicht den Wärtern, sondern dem Mann auf dem Tisch. Nur einmal hatte ich schwarze Haut gesehen, beim Sklaven eines Adligen, der aus dem Süden gekommen war und Vaters Hof besucht hatte. Aber jener Mann war eher braun gewesen. Die Haut des Burschen auf dem Tisch hingegen war schwärzer als Tinte. Er drehte den Kopf in meine Richtung, ganz langsam, wie von Blei beschwert. Das Weiße der Augen schien in all dem Schwarz zu funkeln.
    »Warzengesicht? He, das gefällt mir.« Der große Wärter entspannte sich und griff wieder nach dem Eisen. »Wenn auch zwei Dukaten für mich und Grebbin hier drin sind, kannst du bleiben und diesen Kerl schreien sehen.«
    »Das scheint mir nicht richtig zu sein, Berrec.« Grebbin runzelte die Stirn. »Weil er noch so jung is un’ so.«
    Berrec zog den Schürhaken aus den Kohlen und zeigte damit auf Grebbin. »Du

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